Aktien statt Tellerwaschen?

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Es klingt verlockend: Erst ein niedrigeres Gehalt akzeptieren und dann reich werden, wenn das Start-up teuer verkauft wurde! Aber leider: Das ist nur ein Schmäh.

Ernüchternd

Selbst wenn,s besser läuft, ist leider noch nichts gewonnen. Denn es genügt keineswegs, dass ein Start-up gerade nicht pleitegeht. Vielmehr ging es ja darum, bei einem späteren Verkauf wirklich viel Geld zu bekommen. Und da markiert eine ganz andere Zahl die Untergrenze: Wie viele Start-ups werden erfolgreich verkauft? Die Antwort ist ernüchternd: weniger als jedes hundertste! Da hat man bessere Chancen, wenn man im Spielcasino Roulette spielt und dabei auf einzelne Zahlen setzt, denn die Wahrscheinlichkeit auf das große Geld liegt dort bei eins zu 37. Ja, selbst ein erfolgreicher Verkauf bedeutet noch nicht Millionengewinne. Der Anteil der Start-ups , die derlei erreichen, ist wohl nicht höher als der (ebenso unbekannte) Anteil der „TellerwäscherInnen“, die es zum/zur MillionärIn geschafft haben.

Widersprüchliche Rollen

Zugleich ArbeitnehmerIn und Unternehmer zu sein passt nicht zusammen. Da ist Rollenklarheit wichtig: Entweder man trägt das Unternehmerrisiko und kann es dann auch entsprechend beeinflussen und entscheiden, wie es weitergeht – eben wirklich Unternehmer sein. Oder aber man arbeitet mit und unterstützt vorgegebene Konzepte oder treibt sie voran, allerdings ohne die wesentlichen Entscheidungen treffen oder auch nur namhaft beeinflussen zu können – also ArbeitnehmerIn sein.

Aber warum sollte man dann das Unternehmerrisiko (mit)übernehmen? Um noch einmal die Casino-Metapher zu bemühen: Man spielt zwar mit eigenem Geld, aber jemand anderer platziert die Einsätze. Das wird kein vernünftiger Mensch tun! Letztlich ist es aber nichts anderes, wenn man zu einem Gehalt arbeitet, das unter dem Marktniveau liegt, weil man auf eine spätere hohe Prämie hofft. Dazu kommt, dass in der Regel gar keine echten Beteiligungen angeboten werden, sondern lediglich sogenannte „Virtual Stock Options“. Dabei handelt es sich in Wahrheit bloß um eine Prämie, die nur im Verkaufsfall bezahlt wird und deren Berechnungsgrundlage der dann erzielte Erlös ist.

Der Grund für solche Konstruktionen? Nun, ein Grund ist die häufig teure und schwierige Gestaltung echter Beteiligungen. Dies könnte man noch verstehen. Allerdings steckt dahinter auch ein ausdrücklicher Wunsch, die MitarbeiterInnen zwar finanziell zu verlocken, aber ihnen keine Mitspracherechte einzuräumen. Da wird letztlich ziemlich deutlich, was die GründerInnen wirklich von ArbeitnehmerInnen halten: Gebraucht werden wir schon, und wir sollen auch möglichst billig arbeiten, aber Fragen der technischen oder wirtschaftlichen Entwicklung mit unsereins „auf Augenhöhe“ zu besprechen und zu entscheiden – das wird offenbar als Zeitverschwendung betrachtet.

Korrekter Anteil

Und gerade „Jungunternehmer“ mit so einer Geisteshaltung scheitern ganz besonders häufig: an ihrer eigenen Überheblichkeit. Natürlich: Kollektivvertragliche Mindestgehälter müssen ohnedies in allen Fällen gezahlt werden, unter dieses Niveau zu gehen ist immer rechtswidrig und rechtsunwirksam.

Das gilt auch dann, wenn die wunderschönste „Beteiligungs“-Prämie für den Fall eines erfolgreichen Verkaufes zugesagt wird. Aber in aller Regel liegen die marktüblichen Gehälter höher, gerade in jenen Branchen, in denen Start-ups häufig sind, wie in der IT oder der Medizintechnik. Von einem „geschenkten Gaul“, dem man nicht ins Maul schaut, könnte man nur sprechen, wenn zusätzlich zu einem absolut marktkonformen, überkollektivvertraglichen Gehalt und der korrekten Bezahlung aller Überstunden noch eine Virtual Stock Option käme. Das wäre ein Gratis-Los – und dagegen, aber wirklich nur dagegen, spricht natürlich nichts.

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