Vorsicht Schnittgefahr!

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Notwendig wäre eine Politik, die eine Annäherung der Arbeitszeiten zwischen Frauen und Männern fördert. Stattdessen soll der Zwölfstundentag kommen, der viele Familien ins Schleudern bringen wird.
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Inhalt

  1. Seite 1 - Arbeitsmarktpolitik in spürbarem Widerspruch zu familiären Bedürfnissen
  2. Seite 2 - Besser wäre kluge Familienpolitik
  3. Auf einer Seite lesen >
In der Familienpolitik ergibt sich in Summe ein zersplittertes Bild, an dessen scharfen Kanten sich Familien durchaus schneiden könnten.
Zukunftsorientierte Familienpolitik setzt auf Frühförderung der Kinder und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Elternteile. Ein Blick auf das Regierungsprogramm zeigt in dieser Hinsicht eine seltsam gemischte Strategie. Es gibt durchaus ambitionierte Absichtserklärungen, aber nicht immer die finanziellen Vorkehrungen dafür. Zudem stehen einige Pläne im Bereich der Arbeitsmarktpolitik in spürbarem Widerspruch zu familiären Bedürfnissen. Was überhaupt als Familie gelten darf, ist darüber hinaus ziemlich eingeschränkt. In Summe ergibt sich ein zersplittertes Bild, an dessen scharfen Kanten sich Familien durchaus schneiden könnten.

Ausgeblendete Männer

Beginnen wir am Anfang, also mit der Frage: Was ist denn für die neue Bundesregierung überhaupt eine Familie? „Die Gemeinschaft von Frau und Mann mit gemeinsamen Kindern“ steht da in der Präambel zu lesen. Die Gemeinschaft wird in der Folge auch konsequent durchgehalten: Eltern werden immer gemeinsam genannt, kein einziges Mal finden Väter explizit Erwähnung. Das ist bedauerlich, denn Väter und Mütter nehmen gesellschaftlich noch immer sehr unterschiedliche Rollen ein. Es bedürfte daher konkreter Maßnahmen für eine stärkere Einbindung der Männer in die Familienarbeit. Das bleibt aber ausgeblendet.

Ebenso ausgeblendet bleiben Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung oder Identität und auch Patchwork-Familien. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent der Bevölkerung homo- oder bisexuell sind. Zudem leben über 80.000 Paare mit Kindern in einer Patchwork-Konstellation. Der enge Fokus auf Familie = Mann + Frau mit eigenen Kindern geht somit an der Lebensrealität einer großen Zahl von Menschen vorbei.

Familiensteuer

Ein Liebkind der Regierung ist eine steuerliche Maßnahme, die schnittig „Familienbonus Plus“ getauft wurde. Künftig sollen Familien einen Absetzbetrag von 1.500 Euro pro Kind und Jahr bis zum 18. Lebensjahr erhalten. Satte 1,5 Milliarden Euro wird das kosten. Das ursprüngliche Modell sah vor, dass Familien mit geringen Einkommen, Teilzeit, prekären Lebensumständen wie Arbeitslosigkeit oder längere Krankheit sowie viele Alleinerziehende gänzlich leer ausgehen. Daher wurde nachgebessert, es bleiben aber weiterhin verteilungspolitisch einige unschöne Punkte:

  • Arbeitslose und armutsgefährdete Familien bekommen weiterhin nichts;
  • GutverdienerInnen bekommen mit 1.500 Euro sechsmal so viel pro Kind wie Alleinerziehende mit 250 Euro;
  • für studierende Kinder gibt es nur ein Drittel des „normalen“ Bonus.

Das alles hätte sehr einfach vermieden werden können: Mit dem gleichen Geld hätte man die Familienbeihilfe generell für alle um 860 Euro im Jahr für jedes Kind anheben können – egal ob die Eltern zu den TopverdienerInnen gehören oder gerade einmal so über die Runden kommen. Es gäbe aber noch viel bessere Möglichkeiten, diese Mittel einzusetzen, etwa in der Kinderbetreuung und elementaren Bildung.

Dort gibt es nämlich eine Reihe von ambitionierten Vorhaben. Neben dem weiteren Ausbau soll es künftig eine Bundeskompetenz für Elementarbildung geben, die beim Bildungsministerium angesiedelt wird. Dabei soll auch ein österreichweiter Bildungsrahmenplan mit neuen Qualitätsstandards geschaffen werden.

Erfreulich ist zudem die geplante Reform des Finanzausgleichs in Richtung Aufgabenorientierung mit Pilotprojekten im Bereich der Elementarpädagogik und Pflichtschule. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass dort die notwendigen Mittel für die geplanten Verbesserungen zur Verfügung stehen. Allerdings braucht es dazu die Zustimmung der Länder, was erfahrungsgemäß überaus zähe Verhandlungen erfordert, die nicht immer von Erfolg gekrönt sind.

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