EU-Finanzrahmen: Vorprogrammierter Streit

Inhalt

  1. Seite 1 - Mehrjähriger EU-Finanzrahmen 2021–2027: Kürzungen oder Erhöhungen?
  2. Seite 2 - Kontroversielle Vorstellungen der Mitgliedsländer
  3. Auf einer Seite lesen >
Im mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 legt die EU ihre zukünftigen Prioritäten fest. Dabei wird die Frage des sozialen Zusammenhalts vernachlässigt.

Sparpläne

Gespart werden soll auch bei den Strukturausgaben, ein Minus von vier Prozent ist hier vorgesehen. Die Kürzung bei den Strukturgeldern trifft die osteuropäischen und baltischen Staaten am stärksten. Polen und Ungarn haben nicht nur deswegen Widerstand gegen den EU-Haushalt angekündigt. Als direkten Angriff werten sie den Vorschlag, die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien – wie z. B. die Unabhängigkeit der Justiz – zu koppeln. Die beiden neonationalistischen Regierungen liegen in dieser Sache im Dauerstreit mit der Europäischen Kommission. Diese sieht aufgrund von massiven Eingriffen der polnischen und ungarischen Regierung die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der RichterInnen gefährdet.

Mehr Geld plant EU-Haushaltskommissar Oettinger für den Schutz der europäischen Außengrenzen sowie für Verteidigung, Forschung und junge Menschen ein. Die Mittel für Migration und Grenzmanagement werden im Vergleich zum aktuellen Haushaltsplan damit beinahe verdreifacht, jene des Verteidigungsfonds sogar verfünffacht. Sehr kritisch muss hinterfragt werden, warum die öffentliche Hand mit dem EU-Verteidigungsfonds bis zu 100 Prozent der Forschungskosten privater Rüstungskonzerne tragen soll. In diesem Punkt wäre ein Einschreiten der österreichischen Ratspräsidentschaft für ein schlankes und effizientes EU-Budget sehr angebracht.

Neue Mittel für den EU-Haushalt

Der EU-Haushalt speist sich zu 85 Prozent aus nationalen Beiträgen der Mitgliedstaaten, die sich aus Formeln errechnen, die auf dem Bruttonationaleinkommen sowie auf dem Mehrwertsteueraufkommen der einzelnen Mitgliedstaaten basieren. Der Rest sind Zolleinnahmen.

Um die nationalen Beiträge zu senken, schlägt Oettinger neue Einnahmen für den EU-Haushalt vor: 20 Prozent der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel, drei Prozent aus einer künftigen europäischen Körperschaftsteuer sowie einer neuen Steuer von 80 Cent pro Kilo für nicht wiederverwerteten Plastikmüll. Insgesamt sollen diese neuen Posten circa zwölf Prozent der Einnahmen abdecken. Ob das jedoch gelingt, ist mehr als fraglich:

  • Eine europäische Körperschaftsteuer, die den Wettbewerb um Unternehmenssteuern in der EU unterbindet, ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings wird diese seit Jahren ohne Ergebnis auf EU-Ebene verhandelt und das Ziel, zumindest eine Untergrenze für den Steuersatz festzulegen, fehlt gänzlich.
    Die Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel werden überschaubar bleiben, solange der Preis pro Tonne CO2 bei unter fünf Euro liegt.
    Auch die neue Plastiksteuer stößt auf Widerstand. So hat Ministerin Köstinger dieser bereits eine Absage erteilt.
    Vollbeschäftigung als Ziel
  • Ein zentraler Auftrag der EU lautet, die wirtschaftlichen und sozialen Spaltungen zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten zu überwinden sowie für Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt zu sorgen. Diese Ziele kommen im Oettinger-Vorschlag leider zu kurz. Neben der Senkung der Strukturausgaben ist auch der Europäische Sozialfonds, das wichtigste Instrument zur Förderung von Beschäftigung und sozialer Integration, von Kürzungen betroffen. Eine höhere Dotierung wäre angesichts diverser Problemlagen am Arbeitsmarkt wie z. B. Langzeitarbeitslosigkeit, fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche, prekärer Arbeitsverhältnisse jedoch dringend notwendig. Das entspricht den Bedürfnissen der Mehrheit der EuropäerInnen und ist damit der höchste europäische Mehrwert, der erreicht werden kann.
  • Dafür sollte sich auch die österreichische Regierung im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft nachdrücklich einsetzen. Der Wunsch der Kommission ist es, die Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen bis Mai 2019 abzuschließen. Ob das möglich ist, bleibt angesichts der kontroversiellen Vorstellungen der Mitgliedsländer aber fraglich.

Blogtipp:
awblog.at/eu-budget-zukunft
Wie die EU-Haushaltsmittel ausgegeben werden

Von
Monika Feigl-Heihs und Frank Ey
Abteilung EU und Internationales der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 6/18.

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monika.feiglheihs@akwien.at
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