Volksbegehren: Klimaschutz

Das Klimavolksbegehren will die Stimmen der Bevölkerung in das Parlament tragen. Leiterin Katharina Rogenhofer im Interview.

Es ging Schlag auf Schlag. Engagierte sich die studierte Biologin Katharina Rogenhofer eben noch bei Fridays For Future, übernahm sie einige Monate danach die Rolle als Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Auch dort geht es Schlag auf Schlag: Über 300 Aktivistinnen und Aktivisten arbeiten bereits mit, derzeit werden Regionalgruppen gegründet. Parteiunabhängig und mitten aus der Zivilgesellschaft will das Klimavolksbegehren den Klimaschutz in der Verfassung verankern.

Zur Person

Katharina Rogenhofer ist in Wien geboren und aufgewachsen, studierte nach dem Schulabschluss Biologie und Zoologie, an der Universität Oxford Biodiversity, Conservation and Management. Ende 2018 absolviert Rogenhofer ein Praktikum bei der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen in Bonn und fährt zum Klimagipfel ins polnische Katowice, wo sie Greta Thunberg trifft und schließlich „Fridays For Future“ nach Wien holt. Seit März leitet sie das Klimavolksbegehren.

Interview nachlesen …

Warum soll Klimaschutz in die Verfassung?

Katharina Rogenhofer: Umweltschutz ist schon in der Verfassung drinnen, und das ist eigentlich immer relativ breit ausgelegt worden. Aber man sieht ja, dass in vielen Entscheidungen der Umweltschutz nicht als öffentliches Interesse miteinbezogen wurde.

Klimaschutz und den Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas in der Verfassung festzuschreiben und das auch stärker im Bundesrecht zu verankern, sehen wir als die Möglichkeit, diesen Bereich tatsächlich als öffentliches Interesse wahrzunehmen.

Und es ist jetzt von öffentlichem Interesse, weil wir davon ausgehen, dass sich die Klimakrise verschlimmert. Wenn wir so weitermachen wie bisher, sollte unser Ziel sein, dass in jedem Gesetz, in jedem neuen Programm Klimaschutz als Interesse der Öffentlichkeit und der Bevölkerung berücksichtigt wird.

Wie schaffen wir den Umstieg auf erneuerbare Energien?

Ich glaube im Strombereich kann es ganz einfach gelingen. Wir haben in Österreich schon relativ gute Voraussetzungen für erneuerbare Energien, und da muss es zu einem weiteren Ausbau dieser erneuerbaren Energien kommen.

In Österreich wird sehr, sehr viel fossiler Brennstoff importiert, diese Importe sollten aufhören und das Geld sollte besser in Österreich investiert werden, um alternative Energien aufzubauen und regionale Energie zu beziehen.

Wie steigen wir aus Öl, Kohle und Gas aus?

Öl, Kohle und Gas werden großteils importiert. In Österreich gibt es nur zwei Kohlekraftwerke, die jetzt geschlossen werden. Das ist ein guter erster Schritt, aber langfristig müssen wir auch bei den importierten fossilen Brennstoffen aussteigen.

Wir sind auf einem guten Weg, die Politik sollte sich anstrengen, hier ambitioniert vorzugehen. Zum Beispiel im Wärmebereich, bei den Heizmöglichkeiten:

Es gibt noch immer Öl- und Gasheizungen. Da muss es Förderprogramme geben, damit sich die Leute den Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen leisten können.

Neben Wasserkraft – welche Technologien haben besonderes Potenzial?

Wind- und Sonnenenergie haben sehr großes Potenzial in Österreich. Gerade Sonnenkraft und Photovoltaik kann man ausbauen.

Als ersten Schritt sollten wir auf die Energieeffizienz schauen. Natürlich ist Energiesparen auch Thema, denn wenn jetzt unser Energieverbrauch explodiert, können wir den zusätzlichen Verbrauch nicht mehr durch erneuerbare Energie decken.

Sonnenkraft ist hier vielversprechend, in vielen Bereichen Österreichs auch die Windkraft man muss sich nur genau anschauen, wo.

Wie schaffen wir es, Treibhausgase zu reduzieren?

Der erste Schritt wäre eine Ökologisierung des Steuersystems, also hier eine Umorientierung vorzunehmen. Wir brauchen einen Bonus für jede Österreicherin und jeden Österreicher, damit das  sozial verträglich passiert. Das ist uns ganz wichtig. Die Steuer bietet einen Hebel, um klimafreundliches Handeln leistbarer zu machen und klimaschädliches Handeln zu reduzieren.

Die Einnahmen wiederum können investiert werden in den Ausbau von öffentlichem Nah- und Fernverkehr und in das Leistbarmachen von öffentlichem Nah- und Fernverkehr.

Es reicht also nicht, nur die Zugstrecken auszubauen – der öffentliche Verkehr muss für die Menschen finanziell leistbar sein, sodass sie wirklich umsteigen können. Und wir brauchen eben den Ausbau von alternativen, erneuerbaren Energien.

Mit welchen Maßnahmen verbessern wir den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum?

Das ist eine wichtige Frage, die immer gestellt wird. In Städten ist es ja relativ einfach, auf öffentlichen Verkehr umzusteigen, ebenso im Umland von Städten.

Eines ist klar: Man kann natürlich nicht sagen: „Verzichtet aufs Auto“, wenn es keine Alternativen gibt im ländlichen Raum. Es ist die Aufgabe der Politik, den öffentlichen Nah- und Fernverkehr auszubauen, Ortschaften und Städte an den öffentlichen Verkehr anzuschließen und natürlich die Intervalle zu reduzieren. Wenn ich mit dem Zug keine gute Verbindung in die Arbeit habe, dann werde ich den Zug nicht nützen, dann bringt er mir nichts.

Für die letzten Kilometer einer Strecke gibt es sehr gute, innovative Lösungen, zum Beispiel umsteigen auf Sharing Mobility. Das heißt, man teilt sich ein Auto, es muss nicht jeder allein in einem Auto sitzen. Denkbar ist etwa, die letzten Kilometer vielleicht sogar mit dem Rad zu bewältigen, und so weiter und so fort. Da gibt’s schon sehr gute Ansätze, und man muss natürlich in verschiedenen Regionen verschiedene Lösungsansätze haben, nicht alle Regionen sind gleich.

Was antworten Sie KritikerInnen von Fridays For Future?

Während der Schulzeit hat man gesehen, dass sehr viele Leute gekommen sind, die sich tatsächlich mit dem Thema auseinandergesetzt haben und großes Wissen  und politisches Engagement mitbringen.

Hier geht es darum, ein Zeichen zu setzen – quasi unter dem Gesichtspunkt: Warum sollten wir in die Schule gehen, um für eine Zukunft zu lernen, die für uns nicht so gut ausschaut?

Und ich glaube, das ist der wichtige Punkt. Ein Streik ist ein Mittel, um Druck aufzubauen. Hier müssen die Verantwortungsträger, nämlich die Politikerinnen und Politiker, ihre Verantwortung wahrnehmen, tatsächlich für unsere Zukunft einzutreten.

Auf der anderen Seite wurden auch viele von uns kritisiert, mit dem Argument, wir müssten zuerst bei uns anfangen. Also was ist mit unseren Urlauben, die wir machen? Fliegen wir da? Was ist mit dem Handy, das wir benutzen, und anderes mehr. Ganz klar: Es gibt schon Dinge, die man auf individueller Ebene machen kann, aber man muss auch in jedem Aspekt den politischen Teil des Handelns sehen.

Wenn Flüge noch immer viel, viel billiger sind, als mit dem Zug zu fahren, dann ist es nicht nur eine rein individuelle Entscheidung, ob ich fliege oder mit dem Zug fahre, sondern es ist tatsächlich auch eine monetäre Entscheidung, was ich mir leisten kann. Und als Individuum kann ich nicht entscheiden, wo Züge fahren, wo sie hinfahren, ich kann nicht entscheiden, wie viel Öl und Gas gefördert wird.

Das sind politische Entscheidungen, darauf wollen wir hinweisen, abgesehen davon, dass natürlich das Individuum schon Entscheidungsspielraum hat.

Was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung?

Einfach dieses Thema in den Vordergrund zu rücken: Je nach Berechnungen haben wir vielleicht sogar weniger Jahre Zeit, die Richtung zu ändern, als wir bisher gedacht haben.

Bisher hieß es beim Zeithorizont, in dem eine wirksame Änderung noch möglich ist, immer: zehn, elf, zwölf Jahre. Jetzt sind es vermutlich nur noch fünf Jahre, die wir Zeit haben, um  das Ruder herumzureißen. Das heißt: Es muss schnell etwas passieren, im Dialog mit vielen anderen Leuten zusammen. Wir sehen hier die Gewerkschaften, die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Wirtschaft als Dialogpartner.

Wie kann die Wirtschaft, wie können Arbeitsplätze der Zukunft ausschauen, damit wir gemeinsam diesen Wandel vollziehen können? Mein Wunsch ist, dass es mit der Bundesregierung zu einem Dialog kommt, dass tatsächlich ambitionierte Maßnahmen gesetzt werden und wir es als Österreich schaffen, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen, damit wir in Übereinstimmung mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris bleiben. Ich wünsche mir, dass es nicht weiter zu Ernteausfällen, Dürre und Umweltkatastrophen kommt.

Wie sieht Ihr Wunschszenario für Österreich aus?

Ich hoffe, dass wir bis 2040 auf Netto-Null kommen, das heißt nur mehr so viel emittieren, wie wir tatsächlich binden. Und es ist tatsächlich eine schöne Zukunft denkbar aufgrund des Dialogs, den ich angesprochen habe, denn wir können dann über vieles mehr nachdenken:

Wie kann Arbeit in der Zukunft ausschauen? Wie schaut der Transport der Zukunft aus? Sind wird dann angewiesen auf ein Auto, oder sitzt jeder in einem Auto? Haben wir ein gut ausgebautes öffentliches Nah- und Fernverkehrssystem, das sich jeder leisten kann? Haben wir in den Städten mehr Grünräume, die zum Beispiel auch Kühlung versprechen?

In vielen Szenarien leiden ja gerade die Städte in Europa unter dem Klimawandel, aber auch der ländliche Raum – und ich glaube, hier können wir tatsächlich zu einer positiven Vision der Zukunft beitragen und Möglichkeiten schaffen für Menschen, gut miteinander und mit der Natur zu leben.

Über den/die Autor:in

Michael Mazohl

Michael Mazohl studierte Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Im ÖGB-Verlag entwickelte er Kampagnen für die Arbeiterkammer, den ÖGB, die Gewerkschaften und andere Institutionen. Zudem arbeitete er als Journalist und Pressefotograf. Drei Jahre zeichnete er als Chefredakteur für das Magazin „Arbeit&Wirtschaft“ verantwortlich und führte das Medium in seine digitale Zukunft. Gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl erscheint ihr Buch „Klassenkampf von oben“ im November 2022 im ÖGB-Verlag.

Sie brauchen einen Perspektivenwechsel?

Dann melden Sie sich hier an und erhalten einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.