Vernetzung gegen das Monopol

Foto (C) Patrick Junker/Visum/picturedesk.com
Vernetzung gegen das Monopol ... um dem knallharten Arbeitgeber Foodora etwas entgegenhalten zu können.
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Inhalt

  1. Seite 1 - Kontakte knüpfen
  2. Seite 2 - Monopol aufgebrochen
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Vernetzung über die Grenzen hinweg, um dem knallharten Arbeitgeber etwas entgegenhalten zu können: der Foodora-Betriebsrat über seine Arbeit.
Gerade für junge ArbeitnehmerInnen scheint Foodora ein attraktiver Arbeitgeber zu sein: Die meisten besitzen ein Fahrrad oder können sich leicht eines besorgen, das Gleiche gilt fürs Handy. Für den Essenslieferanten ein enormer Vorteil, denn er braucht diese Arbeitsmittel nicht bereitzustellen. Bald aber bekam der Lack des jungen Start-ups erste Kratzer, nicht zuletzt durch Verschlechterungen der Arbeitsverhältnisse. Deshalb formierte sich über den Winter 2016/17 in Wien der Betriebsrat (BR).

Die Gründung war alles andere als einfach, denn die Arbeitsweise und die inhomogene Zusammensetzung der FahrerInnen bringen einige Hindernisse mit sich. Im Gegensatz zur „klassischen“ Arbeitsstätte gibt es bei der Botentätigkeit keinen fixen Ort, an dem sich täglich alle einfinden und austauschen können. Man arbeitet komplett unabhängig von Büro bzw. Zentrale auf der Straße. Gab es bis März 2017 in Wien noch eine eigene Werkstätte, in der die privaten Fahrräder gewartet werden konnten und die FahrerInnen einen Treffpunkt hatten, wurde diese aus Kostengründen eingespart und ersatzlos geschlossen. Der persönliche Austausch beruht auf zufälligen Begegnungen auf der Straße bzw. bei Wartezeiten in Restaurants. Die Kommunikation zwischen den FahrerInnen wurde anfangs über Nachrichtendienste wie WhatsApp geführt, in denen sich auch Vorgesetzte und Geschäftsführung befinden.

Den BetriebsrätInnen ist es gelungen, sich persönlich zu vernetzen. Sie verwendeten zur weiteren Absprache getrennte Chaträume, in denen sie geheime Treffen organisierten und Informationen austauschten. Mithilfe der Gewerkschaft gelang es, die Wahlen unbemerkt vorzubereiten und die Geschäftsführung mit der Bekanntgabe zu überraschen. Als Reaktion drohte die damalige Geschäftsführung mit der Schließung der Filiale in Wien. Am Folgetag wurde zudem jemand aus Berlin eingeflogen, um die FahrerInnen wieder von der Gründung eines Betriebsrates abzubringen.

Kleiner Vorteil

Die Nichtexistenz eines örtlich fixen Arbeitsplatzes hatte auch einen kleinen Vorteil: Sie vereinfachte die Geheimhaltung der BR-Gründung, da unbemerkt Absprachen getroffen werden konnten. Allerdings waren sehr viele Einzelgespräche bei zufälligen Treffen notwendig, um InteressentInnen zu finden und ein zuverlässiges Team zu organisieren. Erschwerend kommt bei Foodora hinzu, dass bei Weitem nicht alle FahrerInnen angestellt sind, der Großteil arbeitet vielmehr als freie DienstnehmerInnen. Diese sind nicht wahlberechtigt und rechtlich nicht durch den Betriebsrat oder die Gewerkschaft vertreten. Auch bleiben viele nur wenige Wochen bis Monate im Betrieb. Die MitarbeiterInnenzahl mit echten Dienstverträgen sinkt zudem kontinuierlich – bei wachsendem Personal. Dies lässt vermuten, dass es sich um eine gezielte Maßnahme handelt, um die Organisation der ArbeitnehmerInnen zu verhindern und die Legitimität des BR infrage zu stellen.

Kontakte geknüpft

Durch die geplante Verschmelzung des deutschen Mutterkonzerns Delivery Hero AG mit seinem niederländischen Ableger zu einer Europäischen Aktiengesellschaft wurde – wie im europäischen Recht vorgesehen – im Jahr 2017 ein Verhandlungsgremium einberufen, das eine Form der ArbeitnehmerInnen-Mitbestimmung im Konzern ausverhandeln sollte. Im Rahmen dieser Verhandlungen wurden von jedem betroffenen EU-Land VertreterInnen nach nationalem Recht entsendet, in Österreich ein Mitglied des Betriebsrates. Dadurch konnten neue Kontakte geknüpft werden, da es auch aus anderen Ländern einige FahrerInnen geschafft haben, in dieses Gremium gewählt zu werden.

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