Unsere Budgethoheit

Der Nationalrat, unsere Volksvertretung, entscheidet und kontrolliert, wie die Steuermittel eingesetzt werden. Dieses erkämpfte demokratische Grundrecht muss gesichert bleiben.
Welche Unsicherheit entstehen kann, wenn die gewählte Volksvertretung von der Regierung ignoriert oder zu spät einbezogen wird, erlebten wir zuletzt in den Pandemiejahren. Alleingänge der Regierung beim Einsatz von Steuermilliarden sind in diesem Ausmaß erst seit 2008 möglich, zuvor war man im Gegenteil darum bemüht, die Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten des Nationalrats auszubauen.

Die Mitsprachemöglichkeit Steuern zahlender Bürger:innen beim Staatsbudget stand am Beginn der modernen Demokratie. Es war aber nur ein erster Schritt, denn welche Politik gemacht wird und wie viele Mittel eingesetzt werden, betrifft ja alle Menschen, die in einer Gesellschaft leben. Deshalb spielt die Steuerleistung seit 1918 für das Wahlrecht endgültig keine Rolle mehr. Die 1920 beschlossene österreichische Verfassung legt die Budgethoheit des Nationalrats in ihrem Paragraphen 51 fest. Ursprünglich hielt man einen einzigen Satz für ausreichend, weil die Regierung, die den Budgetentwurf auszuarbeiten hat, zunächst vom Nationalrat gewählt wurde und diesem direkt verantwortlich war. Seit 1929 bestellt der Bundespräsident die Regierung, und deshalb kamen Bestimmungen hinzu, um die Budgethoheit der Volksvertretung weiter abzusichern. In dieser Form wurden sie 1945 übernommen und mehrmals verbessert.

Die Trendumkehr 2008 geschah im Namen der Effizienz. Bisher umfasste ein Budgetvoranschlag mehr als 1.000 Ansätze. Das alles durchzusehen war Knochenarbeit, ermöglichte aber Opposition und begutachtenden Interessenvertretungen, von Anfang an auf Probleme aufmerksam zu machen und Änderungen einzufordern. Denn bekanntlich liegt der Teufel im Detail. Jetzt werden nur mehr 70 „Globalbudgets“ eingebracht, was den Entscheidungsrahmen des Nationalrats und die Mitsprache bei der Begutachtung deutlich einschränkt. Das sollte in der Diskussion um die Stabilität unserer Demokratie mehr Beachtung finden.

Über den/die Autor:in

Brigitte Pellar

Brigitte Pellar ist Historikerin mit dem Schwerpunkt Geschichte der ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretungen und war bis 2007 Leiterin des Instituts für Gewerkschafts- und AK-Geschichte in der AK Wien.

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