Risiken und Nebenwirkungen

Längere Arbeitszeiten gefährden die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen und erhöhen das Unfallrisiko. Vor allem widersprechen sie aber den Wünschen der Beschäftigten.
Der 12-Stunden-Tag ist aus arbeitswissenschaftlicher Sicht klar abzulehnen. Lange Arbeitszeiten belasten die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen und erhöhen das Unfallrisiko. Darüber hinaus entspricht die Erhöhung der Arbeitszeit nicht den Wünschen der Beschäftigten und führt folglich zu Unzufriedenheit.

Eine Ausdehnung der zulässigen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden stellt eine besondere Belastung für die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. So reicht die verbliebene Freizeit bei einem 12-Stunden-Arbeitstag nicht, um sich gänzlich zu erholen. Eine aktuelle Studie der Uni Wien zeigt, dass nach zwei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Diensten, drei freie Tage benötigt werden, um sich vollständig zu erholen.

Eine internationale Studie wiederum veranschaulicht die langfristigen Folgen von überlangen Arbeitszeiten: Beschäftigte, die regelmäßig mehr als 55 Stunden pro Woche arbeiten, haben ein etwa dreimal so hohes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, als jene, die zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche arbeiten. Auch die Wahrscheinlichkeit von Herzerkrankungen steigt mit zunehmender Stundenanzahl.

Nicht zuletzt steigt das Unfallrisiko ab der achten Arbeitsstunde exponentiell an und gefährdet damit die Sicherheit der ArbeitnehmerInnen. Dies hat mit dem Leistungsknick zu tun, der bei jedem Menschen spätestens nach zehn Stunden auftritt. Besonders gefährlich wird es somit auch für all jene, die nach der Arbeit ein Fahrzeug lenken müssen, um nach Hause zu kommen.

Letztlich steht das neue Gesetz im Widerspruch zu den Wünschen der Menschen. Eine aktuelle Eurofound-Studie etwa zeigt, dass die durchschnittliche Wunscharbeitszeit der österreichischen ArbeitnehmerInnen bei 31 Stunden pro Woche liegt. Selbst das Argument, dass durch Zeitausgleich auch kürzere Arbeitstage und sogar längere Freizeitblöcke möglich sein werden, hinkt. Die Arbeitszeit wird lediglich umverteilt, sodass auch Erholung, Besorgungen und private Termine geblockt werden müssen.

Fraglich ist zudem die Freiwilligkeitsgarantie. Ob es in der Realität dann für den oder die Einzelne/n tatsächlich so einfach ist, die vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin angeordneten Überstunden abzulehnen, ist äußerst zweifelhaft. Tatsächlich werden bei dieser Entscheidung auch die Solidarität gegenüber den KollegInnen, die Angst vor Karrierenachteilen bis hin zur Angst vor dem Jobverlust eine wesentliche Rolle spielen. Dass es durchaus zu Konflikten zwischen privaten und beruflichen Interessen kommen wird, ist anzunehmen.

Überstunden ≠ Zufriedenheit

Auch aktuelle Ergebnisse des österreichischen Arbeitsklima Index zeigen, dass häufige Überstunden zu schlechteren Zufriedenheitswerten führen. Bei den Befragten, die selten oder nie Überstunden machen müssen, geben 50 Prozent an, mit ihrer beruflichen Tätigkeit sehr zufrieden zu sein. Bei jenen, die häufig Überstunden leisten, sind nur noch 39 Prozent der Befragten sehr zufrieden.

Machtverschiebung zu Arbeitgebern

Der 12-Stunden-Tag stellt somit eine besondere Belastung für die ArbeitnehmerInnen dar. Neben gesundheitlichen Risiken und einer steigenden Unfallgefahr ist besonders die „Freiwilligkeit“ kritisch zu betrachten. Das neue Arbeitszeitgesetz hat auf jeden Fall zu einer Machtverschiebung weg von den ArbeitnehmerInnen geführt. Dass sie unter diesen Rahmenbedingungen die Überstunden ohne Angabe von Gründen – wie es heißt – ablehnen, ist in der Praxis äußerst fraglich. Die Ausweitung der Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich ist aus arbeitswissenschaftlicher Sicht klar abzulehnen. Insbesondere stellt sie eine Gefahr für die Gesundheit und Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar.

Weitere Informationen:
Studie der Universität Wien:
tinyurl.com/mzz697f
The Lancet „Long working hours and risk of coronary heart disease and stroke“:
tinyurl.com/yatxx6mo
AUVA „Die gefährliche neunte Stunde“:
tinyurl.com/y9y3873s
Arbeitsklima Index:
ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima

Von
Eva Mandl
Referentin der Abteilung Arbeitsbedingungen der AK Oberösterreich

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 8/18.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
mandl.e@akooe.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Sie brauchen einen Perspektivenwechsel?

Dann melden Sie sich hier an und erhalten einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.