Sozialstaat: Motor und Vermögen

Inhalt

  1. Seite 1 - Der Sozialstaat kann enorm viel
  2. Seite 2 - Stabilisierende Wirkung
  3. Auf einer Seite lesen >
Geht’s dem Sozialstaat gut, geht’s der Wirtschaft gut: Dass sich AK und Gewerk­schaften für einen leistungsstarken Sozialstaat einsetzen, ist keineswegs retro.

Konsumnachfrage stärken

Durch Sozialleistungen haben auch Menschen mit geringerem Einkommen mehr Mittel zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts zur Verfügung. Und gerade sie sind es, die den Großteil ihres Einkommens nicht sparen, sondern konsumieren. Stabilisierung der Inlandsnachfrage wird dieses Phänomen im wirtschaftlichen Fachjargon bezeichnet, das für Unternehmen sehr wichtig ist.

Ohne den Sozialstaat wäre die Situation fatal.

Ohne den Sozialstaat wäre die Situation fatal: Laut den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebungen der Statistik Austria wäre die Armutsgefährdung ohne den Rückhalt des Sozialstaates mehr als dreimal so hoch. Rund 4 Millionen Menschen wären armutsgefährdet, darunter besonders PensionistInnen und alleinerziehende Frauen. Für betroffene Haushalte mit niedrigem Einkommen macht gerade der Bezug von Sozialleistungen einen wesentlichen Bestandteil ihres Haushaltsbudgets aus. Steht ihnen dieses Geld nicht zur Verfügung, bedeutet das einen Kaufkraftverlust: Wo kein Geld, da kann auch nichts ausgegeben werden, und das bekämen à la longue auch die Unternehmen zu spüren.

Verlässlichkeit, Planbarkeit, Innovation, Resilienz – wenn man sich die Erfolgsfaktoren für unseren Wirtschaftsstandort genauer ansieht, wird schnell klar, dass diese nur durch einen gut funktionierenden Sozialstaat möglich werden. Denn: „Gibt ein soziales Netz Sicherheit, ist es für den Einzelnen oder die Einzelne leichter, sich auf Wagnisse, das Aneignen neuer Qualifikationen, neue berufliche Herausforderungen und die Zukunft einzulassen“, so die zentrale Erkenntnis der WIFO-Studie.

Vor allem in Zeiten von Umbrüchen und Veränderungen bietet der Sozialstaat den nötigen Rückhalt und die Sicherheit, die sowohl die Menschen als auch die Unternehmen benötigen.

Vor allem in Zeiten von Umbrüchen und Veränderungen bietet der Sozialstaat den nötigen Rückhalt und die Sicherheit, die sowohl die Menschen als auch die Unternehmen benötigen. Der Strukturwandel und die Digitalisierung machen Anpassungsprozesse erforderlich. Auch hier spielt der Sozialstaat eine wichtige Rolle, indem er Menschen bei Umschulungen und Weiterbildung unterstützt und Unternehmen Anpassungsförderungen zukommen lässt, wie beispielsweise die Förderung von Kurzarbeit.

Adi Buxbaum hält daher fest: „Anliegen wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Umsetzung von Ausbildungs- und Beschäftigungsoffensiven für unterschiedliche Zielgruppen, die Erhöhung der Arbeitsplatzqualität, mehr Zeitautonomie und bessere Planbarkeit der Arbeit, bessere Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen weit oben auf der Prioritätenliste einer verantwortungsvollen Politik stehen.“ Denn: „Klar ist, dass davon letztlich auch die Unternehmen profitieren“, so Buxbaum.

Stabilisierende Wirkung

Zusammenfassend merkt AK-Budgetexpertin Romana Brait an: „Wer nur auf die Schulden schaut, vergisst auf das öffentliche Vermögen und investiert zu wenig.“ Das unterstreicht auch ihre Kollegin Vera Lacina: „Ein gut ausgebauter und investiver Sozialstaat gibt Sicherheit, stabilisiert die Wirtschaft und fördert ihre Widerstandsfähigkeit. Er ist das Fundament, auf dem die soziale Marktwirtschaft aufbaut.“ Wie wichtig der Sozialstaat ist, zeigt sich vor allem dann, wenn man ihn wegdenkt: „Ein Sparen bei der Qualität des Sozialstaats würde nicht nur die Lebenschancen und die Lebensqualität vieler Menschen einschränken, sondern soziale Probleme produzieren, die auch massive negative gesamtgesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Folgen hätten.“

Online-Schwerpunkt zum Wirtschaftsmotor Sozialstaat
www.arbeit-wirtschaft.at/wirtschaft

Von
Beatrix Mittermann
Redakteurin des ÖGB-Verlags

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/19.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
beatrix.mittermann@oegbverlag.at
oder an die Redaktion
aw@oegb.at

Inhalt

  1. Seite 1 - Der Sozialstaat kann enorm viel
  2. Seite 2 - Stabilisierende Wirkung
  3. Auf einer Seite lesen >

Über den/die Autor:in

Beatrix Mittermann

Beatrix Mittermann hat internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien, in Thailand, Montenegro und Frankreich studiert. Sie ist Autorin, Schreibcoach sowie freie Redakteurin für diverse Magazine und Blogs.

Sie brauchen einen Perspektivenwechsel?

Dann melden Sie sich hier an und erhalten einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.