Lohnnebenkosten sozial senken

Foto (C) ÖGB-Verlag/Michael Mazohl
Wenn Maschinen die Menschen von ihren ­Arbeitsplätzen verdrängen, ist es nur gerecht, dass kapitalintensive Betriebe höhere Sozialbeiträge bezahlen. Von daher ist die Wertschöpfungsabgabe, auch als Maschinensteuer bekannt, ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit.

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Die Wertschöpfungsabgabe macht Arbeit billiger, ohne dem Sozialstaat Geld zu entziehen, und hilft, die Sozialausgaben gerechter zu finanzieren.
Sozialleistungen werden regelmäßig angepasst, ausgeweitet und manchmal leider auch gekürzt. Aber wie sie finanziert werden – daran hat sich im Laufe der Jahrzehnte im Prinzip nichts geändert. Entweder zahlen ArbeitnehmerInnen selbst ein, zum Beispiel einen Prozentsatz ihres Einkommens in die Sozialversicherung.

Oder die Finanzierung läuft über die Arbeitgeber. Ihre Beiträge, zum Beispiel für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), sind ebenfalls abhängig von der Höhe der Löhne/Gehälter der bei ihnen beschäftigten ArbeiterInnen und Angestellten. Daneben werden auch Steuern zur Finanzierung der Sozialleistungen verwendet – der größte Teil davon wird von den arbeitenden Menschen bezahlt, vor allem in Form von Lohnsteuer und Mehrwertsteuer.

Lohnquote geht zurück

Dieser Weg der Finanzierung hat sich lange Zeit bewährt, doch seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Lohnquote von über 74 Prozent auf unter 70 Prozent gesunken, mit zwischenzeitlichen Tiefstwerten von nur mehr knapp über 64 Prozent.

Der Anteil der arbeitenden Menschen am Volkseinkommen geht zurück, gleichzeitig wird die Gesellschaft immer reicher. Es wäre also nur gerecht, wenn diejenigen mehr beitragen müssten, die vom gestiegenen Reichtum profitieren. Das ist derzeit nicht der Fall. Die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit beträgt 43 Prozent, beim Kapital sind es hingegen gerade einmal 29 Prozent (2014). Kurz gesagt: Die Absicherung von Risiken wie Arbeitslosigkeit, Alter, Krankheit und Unfällen wird von einem immer weiter schrumpfenden Anteil des Volkseinkommens finanziert.

Nun muss eine Gewerkschaft daran arbeiten, diesem Trend entgegenzuwirken, etwa durch die Forderung nach regelmäßigen Lohn-/Gehaltserhöhungen, höheren Mindestlöhnen in den Kollektivverträgen, mehr (Vollzeit-)Arbeitsplätzen oder gerechter und höherer Besteuerung von Gewinnen und großen Vermögen. Parallel dazu wird schon seit den 1970er-Jahren darüber diskutiert, mehr als nur die Löhne als Grundlage zur Finanzierung der sozialen Absicherung heranzuziehen.

Deshalb wäre die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe ein sinnvolles Instrument. Sie würde neben den Löhnen auch von zum Beispiel den Gewinnen, Zinsen oder Investitionen in Maschinen einen gerechten Beitrag verlangen. Die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens soll dafür entscheidend sein, nicht allein die Lohnsumme. Von seinen GegnerInnen wird die Wertschöpfungsabgabe als „Retro-Modell“ und als „Maschinensteuer“ geschmäht. Doch stellt sich die Frage: Warum soll eine Besteuerung von Maschinen und Robotern ungerechter sein als die Besteuerung von arbeitenden Menschen? Also eine „Menschensteuer“? Wenn Maschinen die Menschen von ihren Arbeitsplätzen verdrängen, ist es nur gerecht, dass kapitalintensive Betriebe höhere Sozialbeiträge bezahlen.

Prekäre Arbeitsverhältnisse

Aber die Beitragsgrundlage zur Finanzierung des Sozialstaates trocknet nicht nur aus, weil Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzt werden. Ein weiteres Problem sind Firmen, die ArbeitnehmerInnen durch Menschen in prekären und atypischen Arbeitsverhältnissen oder durch Scheinselbstständige ersetzen. Diese Konstrukte bewirken, dass arbeitskostenabhängige Abgaben eingespart werden und viel weniger Geld in das soziale Sicherungssystem einbezahlt wird. Trotz der niedrigeren Beiträge und der entsprechend geringeren Einnahmen der Sozialversicherung haben prekär Beschäftigte (die oft in diese Arbeitsverhältnisse gedrängt werden) Anspruch auf Sozialleistungen. Wenn sie etwa krank werden, haben sie (zumindest größtenteils) den gleichen Anspruch auf eine Behandlung.

Es ist wichtig, dass jeder am Sozialstaat teilhaben kann, doch die Beiträge dafür müssen gerechter werden. Ein Beispiel ist der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF): Wenn eine Firma einen Angestellten hat, zahlt sie für ihn FLAF-Beiträge. Wenn sie ihn aber auf Werkvertragsbasis beschäftigt, zahlt sie derzeit gar nichts ein. Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, das aus dem FLAF finanziert wird, gäbe es aber in beiden Fällen in voller Höhe. Die Umstellung des Systems in Richtung Wertschöpfungsabgabe hier zu beginnen wäre also besonders naheliegend. Daneben profitieren Bauern/Bäuerinnen und Selbstständige von Geldern des FLAF, obwohl dieser fast ausschließlich aus Beiträgen gespeist wird, die an die Lohn-/Gehaltssumme der Unselbstständigen anknüpfen. Wenn die Selbstständigen (und auch die Bauern/Bäuerinnen) künftig mehr einbezahlen müssten, wäre das nur gerecht.

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