Krisentagebuch 009: Schnelle Küche! Neoliberalismus einkochen

Krisentagebuch 009: Michael Mazohl
Ganz Österreich kocht! Wenn auch unfreiwillig. Im Trend schon vorher: das Einkochen. Besonders schmackhaft in diesen Tagen: eingekochter Neoliberalismus.

Die Corona-Krise führt uns deutlich vor Augen: Der Neoliberalismus ist am Ende. Der freie Markt versagt. „Mehr privat, weniger Staat“ zeigt mit unzureichenden Spitalsbetten seine grausamste Seite. Und die Eigenverantwortung bringt uns gerade auch nicht viel weiter. Also machen wir das beste aus dem Neoliberalismus: ein Kompott.

Der freie Markt versorgt uns nicht mit Schutzmasken, der freie Markt versorgt uns nicht mit Medikamenten. Nein, da muss jetzt ganz stark eingegriffen werden.

Michael Mazohl, Chefredakteur Arbeit&Wirtschaft

Welche Zutaten brauchen wir dazu?

  1. Eine Portion Eigenverantwortung (Zucker)
  2. Früchte aus Chile, vom freien Markt (z. B. Äpfel)
  3. Ca. 1 Liter „mehr privat, weniger Staat“ (neoliberale Tränen, sonst Wasser)
  4. Säure eines beliebigen wirtschafts- oder neoliberalen Thinktanks (Zitrone)
Tipp: Neoliberale Tränen können ganz einfach auf Twitter gesammelt werden!

Wir beginnen damit, die Eigenverantwortung in einem Topf sanft zu erhitzen, bis sie zu einer solidarischen Gemeinschaft karamellisiert.

Mit „mehr privat, weniger Staat“ aufgießen und einkochen lassen.

In der Zwischenzeit die chilenischen Früchte schälen und filetieren, so wie die Krise die unsichtbare Hand des freien Marktes filetiert hat. Sanft aufkochen.

Mit etwas Säure aus einem beliebigen wirtschafts- oder neoliberalen Thinktank abschmecken.

Besonders gut passt dazu ein Kaiserschmarren. Am besten aber, man füllt den eingekochten Neoliberalismus in ein Glas, stellt ihn ganz hinten in ein Regal oder ein finsteres Kellerloch und vergisst ihn dort.

Über den/die Autor:in

Michael Mazohl

Michael Mazohl studierte Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Im ÖGB-Verlag entwickelte er Kampagnen für die Arbeiterkammer, den ÖGB, die Gewerkschaften und andere Institutionen. Zudem arbeitete er als Journalist und Pressefotograf. Drei Jahre zeichnete er als Chefredakteur für das Magazin „Arbeit&Wirtschaft“ verantwortlich und führte das Medium in seine digitale Zukunft. Gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl erscheint ihr Buch „Klassenkampf von oben“ im November 2022 im ÖGB-Verlag.

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