Kommentar: Wozu Reichtum verpflichtet

Ein Mann schmeißt Geld in die Luft.
Die reichsten 5 Prozent in Österreich besitzen 55 Prozent des gesamten Nettovermögens – ein Negativrekord im Euroraum. | © Adobe Stock/BullRun
Österreich steckt im dritten Rezessionsjahr – doch während Arbeit hoch besteuert wird, bleiben große Vermögen praktisch unberührt. Ein Kommentar von ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth.

Österreich leistet sich ein wachstumsfeindliches Steuersystem – und das, während die Wirtschaft das dritte Jahr in Folge in einer Rezession ist und das Budget konsolidiert werden muss. Zwar ist geplant, beim Doppelbudget für 2025 und 2026 nicht nur drastisch einzusparen, sondern auch mittels Offensivmaßnahmen Impulse für die Konjunktur zu setzen. Nüchtern betrachtet sind diese aber viel zu schwach, um die großen Herausforderungen auch nur annähernd zu bewältigen.

Helene Schuberth steht auf einem Balkon, hinter ihr ein Fluss. Sie ist überzeugt, dass Reichtum auch mit Verpflichtungen eingeht. | © Markus Zahradnik
Helene Schuberth ist überzeugt, dass Reichtum auch mit Verpflichtungen eingeht. | © Markus Zahradnik

Starke Investitionen

Was Österreich bräuchte, ist ein entschlossener Investitionsschub: für Infrastruktur und Klimaschutz, für die Ausbildung von Fachkräften, für Innovation, Forschung und einen starken Industriestandort sowie zur Sicherung günstiger Energie für Unternehmen und Haushalte. Indes wächst die Vermögensungleichheit im Land weiter. Eine aktuelle Analyse des ÖGB auf Basis von Daten der Europäischen Zentralbank zeigt: Während breite Bevölkerungsschichten unter der Teuerungskrise enorm litten, konnten die reichsten 5 Prozent ihr Nettovermögen im Schnitt um 775.000 Euro pro Haushalt steigern. Haupttreiber waren Unternehmens- und Immobilienvermögen – begünstigt durch staatliche Überförderungen und Rekorddividenden. Bei den unteren 50 Prozent lag das Plus im Durchschnitt bei gerade einmal 3.500 Euro.

Was Österreich bräuchte, ist ein entschlossener Investitionsschub: für Infrastruktur und Klimaschutz, für die Ausbildung von Fachkräften, für Innovation,
Forschung und einen starken Industriestandort.

Helene Schuberth, ÖGB-Bundesgeschäftsführerin

Heute besitzen die reichsten 5 Prozent 55 Prozent des gesamten Nettovermögens – ein Negativrekord im Euroraum. Damit entfernt sich Österreich zunehmend von den Prinzipien einer leistungsgerechten Marktwirtschaft. Wirtschaftlicher Erfolg wird weniger durch Leistung als vielmehr durch Geburt bestimmt. Wer erbt, sichert seine Stellung oft unabhängig von Innovation oder Arbeit. Dieser Trend untergräbt nicht nur Chancengleichheit – er lähmt auch wirtschaftliches Potenzial. Studien zeigen, dass Personen mit hohen Erbschaften dem Arbeitsmarkt weniger zur Verfügung stehen.

Wachstumsfreundliches Steuersystem

Während Arbeit hoch besteuert wird, bleiben Vermögen praktisch unberührt. Nur 1,5 Prozent des Steueraufkommens stammen aus vermögensbezogenen Abgaben – im OECD-Durchschnitt sind es 5,6 Prozent. Österreich ist eines der wenigen Länder im Euroraum ohne Erbschaftsteuer. Auch eine Steuer auf große Vermögen existiert nicht. Doch wir brauchen ein modernes, wachstumsfreundliches Steuersystem, das diese Vermögen stärker in die Pflicht nimmt – nicht aus Neid, sondern weil eine zukunftsfähige Gesellschaft Gerechtigkeit und Investitionskraft braucht.

„Eine Pensionserhöhung unter der Inflation heißt Altersarmut mit Ansage“, warnt ÖGB-Pensionist:innenvorsitzende Monika Kemperle. „Wer das Budget auf Kosten jener saniert, die ihr Leben lang gearbeitet haben, handelt brandgefährlich und respektlos.“

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— ÖGB (@oegb.bsky.social) 22. August 2025 um 13:35

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Über den/die Autor:in

Helene Schuberth

ist Leiterin der volkswirtschaftlichen Abteilung des ÖGB.

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