Die Inflation hält sich in Österreich seit Jahren hartnäckig. Mehr als drei Prozent sind es 2025, getrieben von Bereichen, die niemand umgehen kann: Lebensmittel und Energie. Seit Wochen wird in zahlreichen Branchen über die Kollektivverträge des nächsten Jahres verhandelt. Mit jedem Abschluss wird deutlicher: Branchen mit einem hohen Frauenanteil gehören zu den großen Verliererinnen.
Frauenbranchen schließen traditionell schlecht ab
Besonders deutlich zeigt sich das im Handel und in der Sozialwirtschaft. Am 25. November wurde im Handel ein Abschluss von 2,55 Prozent erzielt – deutlich unter der Inflation. Ökonom Holger Bonin (IHS) spricht im Ö1-Morgenjournal von einem klaren Reallohnverlust, besonders für Frauen, die im Handel überdurchschnittlich vertreten sind. Es ist das dritte Jahr in Folge, dass hier Frauen Kompromissen eingehen müssen, wenngleich es in Bezug auf die Arbeitsbedingungen Verbesserungen gab. Wer regelmäßig mehr arbeitet, kann seine Teilzeitstunden künftig leichter erhöhen – das ergibt mehr Planbarkeit und mehr Stabilität. Außerdem kann die Normalarbeitszeit per Betriebsvereinbarung auf fünf Tage verteilt werden. Und die Samstag-Regel wird flexibler, aber nur auf Wunsch der Arbeitnehmerin und mit vollen Zuschlägen.
In der Sozialwirtschaft arbeiten rund 130.000 Menschen, davon etwa 70 Prozent Frauen und wiederum 70 Prozent davon in Teilzeit. Die Löhne liegen weit unter dem österreichischen Durchschnitt, gleichzeitig ist die Belastung hoch, die Verantwortung enorm. Trotzdem blieben die jährlichen Abschlüsse konstant unter der Inflationsrate. Wie es dieses Jahr ausgeht, ist noch unklar.
Größere Belastung für Frauen
Dabei betrifft Inflation nicht alle gleich. Wer wenig verdient, gibt einen viel größeren Anteil des Einkommens für Grundbedürfnisse aus: Wohnen, Energie, Lebensmittel, Mobilität. Laut Momentum-Institut müssen Frauen im Schnitt fast die Hälfte ihres Einkommens allein dafür aufwenden – also deutlich mehr als Männer mit 36 Prozent. Wer wenig hat, spürt jede Preiserhöhung doppelt.
Der Gender Pay Gap lag 2023 in Österreich bei 18,3 Prozent – 6,3 Prozentpunkte über dem EU-Schnitt. Typische „Frauenbranchen“ wie Handel, Pflege, Sozial- und Bildungssektor sind strukturell schlechter bezahlt als typische Männerberufe. Und das, obwohl es dabei um Arbeit geht, die gesellschaftlich unverzichtbar ist.
Das ist einer der Gründe, warum Frauen deutlich häufiger im unteren Einkommensfünftel landen, neben der hohen Teilzeitquote aufgrund von Betreuungspflichten und der strukturellen Benachteiligung. 21,3 Prozent aller Familien in Österreich sind Alleinerziehende, 83 Prozent davon Frauen. Sie tragen das höchste Armuts- und Altersarmutsrisiko.
Geld ist Macht
Die aktuelle Regierung und Sprecher der Wirtschaft fordern immer wieder mehr Vollzeit und stärkere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, allerdings ohne für ausreichende Kinderbetreuung zu sorgen, ohne Frauen von Care-Arbeit zu entlasten und ohne faire Löhne zu bieten. Wenn wir über Gehaltsverhandlungen sprechen, sprechen wir auch über Macht.
Über 10.000 Menschen sind am Dienstag trotz Kälte und Regen gemeinsam in Salzburg auf die Straße gegangen und haben klargemacht: Keine Kürzungen in der Pflege und Betreuung!
Ein kraftvoller Aufschrei gegen soziale Kälte.
Zum Nachbericht: https://www.oegb.at/pflegedemo
Kaufkraft wird in jeder Runde beschworen, doch es geht um mehr. Es geht darum, wessen Arbeit wir wertschätzen und wessen Zukunft wir sichern. Sieht man sich die aktuellen Abschlüsse an, dann sind das nicht die von Frauen. Und auch nicht die der Kinder. Denn der Wohlstand der nächsten Generation und was diese vom Leben erwarten, orientiert sich oft an den Erfahrungen ihrer Mütter. Die Bedürfnisse von Frauen mitzudenken, zahlt in ein Zukunftskonto ein. Und das sollte uns mehr wert sein als alles andere.