Gastkommentar: Wer beim Sozialstaat wegschaut

Ein Mann geht durch den Regen in Wien. Symbolbild für jene Menschen, die beim Sozialstaat wegschauen.
Es sind stürmische Zeiten, aber der Sozialstaat ist für uns alle da. | © unsplash/ Rafael Hoyos Weht
„Die soziale Frage braucht soziale Antworten, und die gibt es auch”: Silvia Hruška-Frank, Direktorin der Arbeiterkammer Wien, erklärt in ihrem Gastkommentar, wie der Sozialstaat besser werden kann.

An sich liegen die Fakten schon lange klar auf dem Tisch: Die soziale Frage akzentuiert sich selbst in einem „reichen“ Land wie Österreich in dramatischer Form neu! Das zeigen uns aktuelle Berichte zur sozialen Lage und Sozialpolitik, der AK-Wohlstandsbericht 2023 oder das Krisenfolgenmonitoring im Sozialministerium, das jedes Quartal neu erscheint. Die Schieflagen sind also offenkundig – von der Verteilung der Vermögen und Einkommen bis zur Gesundheit und Lebenserwartung. Die ohnedies Bessergestellten und Vermögenden, die wie alle anderen auch vom Sozialstaat und sozialen Frieden profitieren, wehren sich noch immer gegen marginal höhere Beiträge für das Gemeinwohl, während andere sich bereits seit längerer Zeit mit einem Leben am Limit abmühen und daran verzweifeln. Es gibt auch kaum glaubwürdige Signale in Richtung einer Verbesserung des Status quo. Eines ist gewiss: Das Wegschauen hat noch nie etwas verbessert!

„Wir können zwar den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen.“ Diesen Satz aus der jüngsten Budgetrede des Finanzministers sollte die Bundesregierung entsprechend ernst nehmen und endlich neue „Ufer“ suchen: eine solidarischere Staatsfinanzierung, echte Gleichstellungspolitik, besser verteilte Lebenschancen und gute Perspektiven für die Vielen.

So muss Sozialstaat

Die sozialpolitischen Akzente der Bundesregierung – allen voran die Valorisierung bestimmter Geldleistungen – können weder im Ansatz strukturelle Schieflagen, die über viele Jahrzehnte beharrlich bestehen, noch die Hürden in der Gesellschaft beseitigen. Die gesellschaftlichen Hürden und Barrieren wurden in der jüngeren Vergangenheit sogar noch höhergeschraubt. Konkrete Beispiele sind die Einführung von Deutschklassen, die gleichstellungsfeindliche Ausweitung der Höchstarbeitszeiten auf 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche oder die Verschlechterungen beim letzten sozialen Netz, der Mindestsicherung/Sozialhilfe.

Die soziale Frage braucht soziale Antworten, und die gibt es auch: Mit dem Projekt „So muss Sozialstaat“ haben wir machbare Optionen für einen besseren Sozialstaat zusammengetragen. Die gute Nachricht zum Schluss: Die Zukunft und die Gesellschaft sind und bleiben positiv gestaltbar. Möge die Politik in Europa und Österreich endlich eine klare soziale Peilung finden!

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Über den/die Autor:in

Silvia Hruška-Frank

Silvia Hruška-Frank ist Direktorin der Arbeiterkammer Wien und Expertin im Arbeits- und Sozialrecht. Die Juristin war Leiterin des Bereichs Soziales in der AK Wien und seit vielen Jahren in der AK Wien in Leitungsfunktionen tätig.

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