Jugend sucht Zukunft: Warum Perspektiven fehlen

Wie sieht die Zukunft der Jugend aus? Welche Ängste haben sie? | © Adobe Stock/Lomg
Wie sieht die Zukunft der Jugend aus? Welche Ängste haben sie? | © Adobe Stock/Lomg
Das Aufwachsen in Krisenzeiten wirkt sich auf die Zukunftsaussichten junger Menschen aus. Ilkim Erdost von der AK Wien appelliert an die Politik, die Interessen der Jungen in den Fokus zu rücken, um ihnen Zuversicht im Jetzt zu ermöglichen.
Unsere Gegenwart bleibt fortwährend geprägt von einer allgemein spürbaren Verunsicherung, von einer schlechten wirtschaftlichen Lage, viel zu hohen Lebenshaltungskosten und steigender Arbeitslosigkeit. Besonders bei der Jugend beeinflusst diese bröckelnde soziale Sicherheit das eigene Zukunftsbild und verdüstert ihre Perspektiven für die Zukunft.

Wenn unklar ist, ob man sich den Auszug bei den Eltern leisten kann, oder wenn morgens die Unsicherheit über die Beständigkeit des aktuellen Arbeitsplatzes mit aufsteht, dann wird Befristung und Kurzfristigkeit zum Selbstverständnis junger Menschen. Wenn einzig der Wandel konstant ist, medial Disruption gehypt wird und im Ringen um Ressourcen vor allem die Ellbogen zählen, dann sind junge Menschen an ihre Gegenwart gebunden, an das Jetzt. Aus einem Aufbau wird ein Aufschub der Zukunft, weil die Abwicklung des täglichen Lebens alle Aufmerksamkeit braucht.

Unbeschwerte Jugend?

Finanziell durchkommen, psychisch gesund bleiben, (Groß-)Eltern mitpflegen, bereits Schulden bedienen, die nächste Ausbildung versuchen oder die geplante Weiterbildung verschieben, weil das Geld nicht reicht: Wartet keine elterliche Eigentumswohnung, die schon vorab Freiheit und Sicherheit verspricht, so ist die unbeschwerte Jugend nicht viel mehr als eine Fantasie.

Studien der Arbeiterkammer zeigen, dass junge Menschen in diesen krisenhaften Zeiten heute nach Planbarkeit suchen. Sie haben Sehnsucht nach festem Terrain, nach Existenzsicherung und loyalen Gemeinschaften, die Halt geben. Indes steigt die soziale Ungleichheit unter ihnen auch teuerungsbedingt an. Was wir jetzt benötigen – trotz Spardruck –, sind Investitionen, die Zuversicht nähren und ökonomische Gleichheit fördern.

Alarmierende Zahlen: Ein Viertel der Jugendlichen in Österreich fühlt sich nicht wohl, jede:r Zehnte leidet unter hoher psychischer Belastung. Besonders betroffen: Mädchen. Zudem steigt der Konsum von Beruhigungsmitteln. 1/2

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— ÖGB (@oegb.bsky.social) 31. März 2025 um 16:30

Gerade für junge Menschen sind ein starker Sozialstaat, ein funktionierendes Bildungssystem und der Kampf für eine ökosoziale Klimapolitik jene stabilisierenden Pfeiler, die ihnen die Türen zu mehr Freiheit und Teilhabe in der Zukunft öffnen. Die Politik muss in Zeiten der Krise diesen ferneren Horizont im Auge behalten. Denn für die Jungen scheint das Hier und Jetzt bereits bedrohlich, und somit ist das Morgen unkalkulierbar. Darin steckt jedoch politische Sprengkraft.

Jugend in Diskursen über die Zukunft

In vielen politischen Diskursen werden junge Stimmen nämlich überhört, ihre Interessen geschmälert. So sehen sie sich weniger durch die Politik vertreten, ihre Perspektiven werden nicht eingebunden und nicht respektiert. Diese Mischung – Ohnmacht gepaart mit politischem Frust – bietet weltweit einen Nährboden für antidemokratische Politik und Autoritarismus. Deshalb brauchen besonders junge Menschen Orte demokratischer Wirksamkeit, ob am Arbeitsplatz, in der Schule oder in Vereinen. Um unsere Demokratie auszubauen und für die Zukunft abzusichern, dürfen wir nicht zulassen, dass Ohnmacht und Unsicherheit Teil der Identität junger Menschen werden.

Wir tragen alle eine gemeinsame Verantwortung, der
Jugend Spielräume und Wirkungsmöglichkeiten aufzuzeigen.  

Ilkim Erdost von der AK Wien

Überall dort, wo sie Ideen schmieden und Beiträge leisten, sind wir als Arbeiterkammer präsent und setzen uns für ihre Interessen ein – gegenüber dem Chef im Praktikum, beim ersten Mietvertrag gegenüber windigen Vermieter:innen oder wenn es schlicht Probleme mit dem Handyvertrag gibt. Wir ermächtigen und begleiten, damit alle zu ihrem Recht kommen.

Wir tragen alle eine gemeinsame Verantwortung, der Jugend Spielräume und Wirkungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Das reichert die politische Vorstellungskraft mit neuen Perspektiven und Selbstvertrauen an – und zeigt auf, dass Zukunft nicht einfach das Fortschreiten des Status quo ist. Die Interessen junger Menschen gilt es nicht immer auf morgen zu vertrösten – nein, die nächste Generation hat ein Recht auf eine Gegenwart in Sicherheit und auf das Wissen um die Planbarkeit von Zukunft.

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Über den/die Autor:in

Ilkim Erdost

wurde in Wien geboren, hat in Eisenstadt und London studiert und ist Bereichsleiterin für Bildung und Konsument:innen bei der AK Wien.

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