Grundbedürfnis Wohnen: Wer kann sich das noch leisten?

Eine Person liegt auf dem Boden, verschüttet unter einer Vielzahl an Häusern. Symbol für die hohen Kosten fürs Wohnen.
Die Last der hohen Wohnkosten lässt viele Menschen verzweifelt zurück. | © Miriam Mone
Langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen müsste eigentlich selbstverständlich sein. Doch in den letzten Jahren stiegen die Wohnkosten immer weiter in die Höhe. Dabei ginge es auch ganz anders.
Wohnen stellt ein Grundbedürfnis dar und sollte leistbar sein. Das steht außer Frage. Und dennoch fehlt es an sinnvoller Wohnpolitik, die Wohnen für alle erschwinglich macht. Lukas Tockner, Experte für Kommunalpolitik und Wohnen der Arbeiterkammer (AK) Wien, hat klare Vorstellungen davon, wie es anders gehen könnte: „Das beste Mittel wäre, die Wohnbauförderung hochzufahren.“ Sie ist seit 1989 Ländersache und ein bewährtes Instrument, um Wohnraum zu schaffen. Die Wohnbauförderung richtet sich sowohl an Private als auch an den gemeinnützigen Sektor, um Eigenheime, Miet- und Eigentumswohnungen zu schaffen. In der mehr als zehnjährigen Niedrigzinsära hat sie an Bedeutung verloren. Jetzt steigen die Wohnkosten wieder enorm.

Porträt Klaus Baringer
Wiener Widmungskategorie: „Natürlich ist das ein
Markteingriff, aber eine wichtige Voraussetzung für
leistbaren Wohnraum“, so Klaus Baringer. | © Markus Zahradnik

„Das ist jetzt vorbei, zumal Geld bei der Bank wieder etwas kostet“, sagt Tockner. Klaus Baringer, Obmann des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen, teilt diese Einschätzung: „Bei der Wohnbauförderung herrscht Handlungsbedarf. Die öffentliche Hand konnte in der Vergangenheit aufgrund der günstigen Kapitalmarktzinsen erhebliche Mittel bei der Wohnbauförderung einsparen. Ich denke aber, dass es jetzt wieder erforderlich ist, diese Mittel aufzustocken. Nur so kann man langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen in Österreich gewährleisten.“

Aktive Bodenpolitik für leistbares Wohnen

Neben Baukosten und Kapitalmarktzinsen sind vor allem die Grundstückskosten ein Problem, das die gemeinnützigen Bauvereinigungen beschäftigt. Hier könnte die Politik mit einer aktiven Bodenpolitik gegensteuern. „Wenn gemeinnützige Bauvereinigungen in einigen Bundesländern oder Regionen keine Grundstücke mehr finden, muss gehandelt werden. Hier kann mit Instrumenten der Raumordnung eingegriffen werden“, sagt Baringer. Eine Möglichkeit wäre, beim Verkauf öffentlicher Grundstücke die Gemeinnützigen zu bevorzugen. „Es gibt ja öffentlichen Grund, wie etwa Eisenbahngrundstücke, Kasernen oder Liegenschaften anderer staatlicher Institutionen. Werden sie veräußert, sollte nicht immer der:die Bestbieter:in zum Zug kommen, sondern ein möglichst großer Teil davon an gemeinnützige Bauträger zu fairen Preisen verkauft werden“, sagt Tockner.

In Wien wurde 2018 die Flächenwidmungskategorie geförderter Wohnbau eingeführt. Bei Neuwidmungen ab einer Wohnnutzfläche von 5.000 Quadratmetern muss davon zu zwei Dritteln leistbarer Wohnraum geschaffen werden. „Das hat eine klare preisdämpfende Wirkung, sowohl was die Kosten für die Mieter:innen betrifft als auch was die Grundstückskosten anbelangt“, sagt Thomas Madreiter, Planungsdirektor beim Österreichischen Städtebund. Baringer unterstreicht die Wirksamkeit der Wiener Widmungskategorie: „Natürlich ist das ein Eingriff in den Markt, aber gerade in Ballungsräumen ist das eine wichtige Voraussetzung für leistbaren Wohnraum und ein erster Schritt zur Problemlösung“, betont Baringer.

Es war einmal …

Dabei ist es doch so einfach, den horrenden Preissteigerungen zu entkommen: Eigentümer:in werden. So stellt sich das Bundeskanzler Karl Nehammer vor. In seiner „Zukunftsrede“ am 10. März 2023 propagierte er das Wohneigentum. „Mein Ziel ist es, dass alle Österreicherinnen und Österreicher zur besitzenden Klasse gehören und nicht zur nicht besitzenden.“ Lösen will das der ÖVP-Chef, indem die Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim gestrichen wird. Das ist der Stoff, aus dem österreichische Träume sind.

 In der Realität hingegen erzielen die Jungen die niedrigsten Einkommen und haben als Mieter:innen beim Wohnen zugleich die größte Belastung, was dem Ansparen zuwiderläuft. Hinzu kommen verschärfte Kreditrichtlinien mit 20 Prozent Eigenkapital: „Da fallen sehr viele raus, und wenn man da über die Grunderwerbsteuer diskutiert, ist das am Thema vorbei“, so der Experte. Tatsache ist, dass die meisten Menschen in Österreich nicht die finanziellen Mittel haben (werden), sich Wohneigentum leisten zu können, auch wenn es dann 10.000 Euro weniger kostet, weil die Grunderwerbsteuer entfällt. Alexander Huber, Ökonom beim Momentum Institut: „Das kann die Wohnprobleme in Österreich nicht lindern.“

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