Gender-Pay-Gap: Wenn der Profisport nicht zum Leben reicht

TIZIANA FABI / AFP / picturedesk.com
Wie in der Privatwirtschaft so auch im Profisport: Frauen verdienen viel weniger als ihre männlichen Kollegen. Das US-Fußballnationalteam der Frauen hat im Jahr 2019 gleiche Bezahlung gefordert. Nun hat der Verband eingelenkt und zahlt Frauen endlich gleich hohe Prämien.
Die US-Amerikanerin Megan Rapinoe ist eine der erfolgreichsten Fußballerinnen der Gegenwart und wohl aller Zeiten. Die Stürmerin des Nationalteams gewann zwei Weltmeisterschaften, einmal Olympiagold, wurde mit dem Ballon d’Or féminin als Weltfußballerin des Jahres ausgezeichnet und auch die FIFA-Wahl zur Weltfußballerin hat sie gewonnen.

Doch sie und ihre erfolgreichen Nationalteamkolleginnen bekamen bis vor kurzer Zeit deutlich weniger an Turnierprämien vom US-amerikanischen Verband für ihre Leistungen im Team als ihre männlichen Kollegen. Und das, obwohl die Frauen schon lange zur absoluten Weltspitze des Sports gehören – was man von den Männern nicht behaupten kann. 2019 reichte es dem Frauenteam schließlich, und sie brachten eine Klage gegen den eigenen Verband ein, in der sie gleiche Prämien für gleiche Leistungen forderten. Nun konnte drei Jahre danach eine Einigung erzielt werden. Die Spielerinnen erhalten ab jetzt genauso viel ausbezahlt wie die Spieler. Außerdem leistet der Verband eine Nachzahlung von insgesamt 24 Millionen Dollar, von denen 22 Millionen an die Spielerinnen und die restlichen zwei Millionen in einen Fonds für die Förderung von Mädchenfußball fließen. Auch Verbände wie Norwegen, die Niederlande oder Australien haben sich verpflichtet, gleiche Prämien für gleiche Leistungen zu zahlen.

Frauen bekommen nur ein Zwanzigstel

Es gibt nur wenige Spielerinnen, die wirklich gutes Geld verdienen. Jonas Puck, Professor an der WU Wien und Vize-Präsident beim Fußballklub Vienna, dort zuständig für die Frauenfußball-Sektion, geht in einem Online-Beitrag für dieWirtschaft von ungefähr 50  Spieler:innen weltweit aus, die mehr als 300.000 Euro im Jahr verdienen. Das ist viel Geld. Doch vergleicht man das mit männlichen Profis, dann wirkt das eher wie Wechselgeld. Bei den Herren sind Einkünfte von mehreren Millionen keine Seltenheit. Und dann gibt es noch die Spieler ganz oben auf der Gehaltspyramide. Zum hohen Gehalt kommen dort hochdotierte Werbeverträge bei Sportlern wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, Kylian Mbappé oder Neymar hinzu, die am Ende Jahreseinnahmen von 100 Millionen Euro und mehr bedeuten.

In der österreichischen Herren-Bundesliga bekommt der Schnitt ungefähr 10.000 Euro pro Monat ausbezahlt. Ebenfalls ein schönes Gehalt. In der Bundesliga der Frauen bekommt die Mehrheit der Spielerinnen ein Zwanzigstel davon. Mit 500 oder 600 Euro lässt sich allerdings kein Leben finanzieren in Österreich. Ihnen ist es nicht möglich, mit Fußball allein über die Runden zu kommen. Möchte man in Österreich als Verein eine Lizenz für die Bundesliga bekommen, muss man beispielsweise eine Auflage eines verpflichtenden E-Sports-Teams erfüllen. Ein verpflichtendes Frauenteam kommt in den Lizenzbestimmungen für die Saison 2022/23 nicht vor.

„Grundsätzlich gilt gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Trainieren, kicken, gewinnen. Das ist der gleiche Job – egal ob ich vor 100 oder 100.000 Leuten spiele. Wenn eine Profi-Spielerin ihren Beruf aus finanziellen Gründen nicht Vollzeit ausüben kann, hat das System einen Fehler. Der muss behoben werden“, sagt Clara Gallistl. Sie ist Obfrau bei Vorwärts Rapid und setzt sich für die Gründung eines Frauenteams beim österreichischen Rekordmeister ein. Denn beim bezahlten Fußball ist es wie in der Privatwirtschaft: „Die Ampel steht auf Rot. Und wenn wir sie nicht rasch auf Grün umschalten, dann führt der Weg unmittelbar in die Altersarmut“, sagen die AK-Präsidentin Renate Anderl und Korinna Schumann, ÖGB-Frauenvorsitzende und ÖGB-Vizepräsidentin, bezogen auf die Einkommensrealität von Frauen in Österreich im Zuge des Weltfrauentags.

Wenig zufriedenstellende Situation

Nicht alle österreichischen Klubs, die in der Herren-Bundesliga vertreten sind, haben auch Frauenteams. Nur St. Pölten, Sturm Graz, Wacker Innsbruck sowie Austria Wien und Altach in Spielgemeinschaften (mit Landhaus bzw. Vorderland) sind mit Männer- und Frauenteams in den jeweiligen zwei höchsten Spielklassen vertreten. Die Niederösterreicher:innen und Tiroler:innen spielen bei den Frauen jeweils in der ersten Liga und bei den Männern in der zweiten Liga. In der zweiten Bundesliga der Frauen kommen noch weitere drei Teams dazu, die auch im Männerfußball eine Rolle spielen. Das sind Blau-Weiß Linz in einer Spielgemeinschaft mit Union Kleinmünchen, Dornbirn und Horn. So mancher Verein ohne eine eigene Sektion für Frauen gibt an, nicht die notwendige Infrastruktur für Frauenfußball zu besitzen.

Für Gallistl und ihre Mitstreiter:innen zählt diese Ausrede allerdings nicht. So fordern sie als Rapid-Vereinsmitglieder schon lange, dass der fanreichste Verein Österreichs endlich den Schritt in Richtung Frauenfußball gehen muss. Bei der letzten Hauptversammlung im November 2021 sollte über die Umsetzung abgestimmt werden, jedoch wurde diese wegen der Corona-Pandemie abgesagt. „Ein neues Datum gibt es noch nicht“, sagt Gallistl. Für die Obfrau würde eine verpflichtende Aufnahme eines Frauenteams in das Lizensierungsverfahren der Bundesliga jedenfalls eine sinnvolle Gleichstellungsmaßnahme sein. „Nachdem es Frauen lange sogar explizit verboten war, auf den Plätzen des Österreichischen Fußball Bunds zu spielen, würde ich das als Wiedergutmachung empfinden“, so Gallistl.

Über den/die Autor:in

Stefan Mayer

Stefan Mayer arbeitete viele Jahre in der Privatwirtschaft, ehe er mit Anfang 30 Geschichte und Politikwissenschaft zu studieren begann. Er schreibt für unterschiedliche Publikationen in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Sport.

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