Einseitige Angriffe

Gerade die Arbeiterkammer wurde von Türkis-Blau stark angegriffen. Dabei ist sie ein wichtiger Akteur im sozialen Ausgleich, der Österreich so erfolgreich gemacht hat.
Die Sozialpartnerschaft als zentraler Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg der Zweiten Republik: Dies ist nicht nur ein politisches Statement, sondern beruht auf wissenschaftlichen Fakten. Wie eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts zeigt, „weisen Staaten mit guter sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit – allen voran Österreich – eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Performance auf“.

Staaten mit guter sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit weisen eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Performance auf.

Und obwohl sich gerade ÖVP und FPÖ so gerne als Wirtschaftsparteien preisen: Während der türkis-blauen Koalition wurden die Sozialpartner in viele Diskussionen nicht mehr einbe­zo­gen. Kurzum: Man begann, den für Österreichs wirtschaftliche Entwicklung erfolgreichen Weg zu verlassen.

Schieflage

Auf einer Ebene trifft die Selbsteinschätzung von Türkis und Blau als Wirtschaftsparteien sehr wohl zu: Man agierte ganz nach den Wünschen von Industrie und Arbeitgebern. Entsprechend entwickelte sich eine Schieflage zuungunsten der ArbeitnehmerInnen. Diese zeigte sich auch in der Behandlung der Arbeiterkammer selbst. Denn von Anfang an war sie Angriffen ausgesetzt, es wurde unterstellt, dass sie nicht effizient genug arbeite, man drohte mit der Kürzung der AK-Beiträge oder stellte die gesetzliche Mitgliedschaft selbst infrage.

Die AK vertritt 3,8 Millionen ArbeitnehmerInnen, die Wirtschaftskammer etwa eine halbe Million. Aber das Budget der Arbeiterkammern ist nur halb so hoch wie jenes der Wirtschaftskammern.
Hier zeigt sich eine weitere Schieflage, denn die Drohungen richteten sich in erster Linie gegen die AK. Dabei vertritt die AK mit 3,8 Millionen ArbeitnehmerInnen deutlich mehr Menschen als etwa die Wirtschaftskammer, die eine halbe Million Mitglieder hat. Außerdem ist das Budget der Arbeiterkammern nur halb so hoch wie jenes der Wirtschaftskammern.

Die AK hat auf die Forderung der Regierung, einen Sparplan vorzulegen, reagiert, das Ergebnis sind nicht etwa Leistungseinschränkungen, vielmehr beinhaltet der AK-Zukunftsplan sogar mehr Angebote für die Mitglieder. Von Beratungen in Sachen Arbeitsrecht und KonsumentInnenschutz über das En­gagement für eine gute Arbeitsmarkt­politik oder Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit bis hin zum politischen Engagement für eine gerechtere Gesellschaft im Sinne der ArbeitnehmerInnen: Die AK leistet viel für ihre Mitglieder – und das wird von ihnen auch geschätzt, wie nicht zuletzt die Ergebnisse der jüngsten AK-Wahlen zeigen.

Langfristig schlecht

Die Position der ArbeitnehmerInnen zu schwächen, mag kurzfristig gedacht vielleicht für manche Unternehmen Vorteile haben. Langfristig aber zeigt der Erfolg der österreichischen Wirtschaft (zu der nicht nur Unternehmen, sondern auch die ArbeitnehmerInnen zählen), dass der Interessenausgleich auf Augenhöhe, aka Sozialpartnerschaft, eindeutig vielversprechender ist. Und zu dieser Sozialpartnerschaft gehört eben auch die AK.

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Von
Sonja Fercher
Chefredakteurin der Arbeit & Wirtschaft

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/19.

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Über den/die Autor:in

Sonja Fercher

Sonja Fercher ist freie Journalistin und Moderatorin. Für ihre Coverstory im A&W Printmagazin zum Thema Start-ups erhielt sie im Juni 2018 den Journalistenpreis von Techno-Z. Sie hat in zahlreichen Medien publiziert, unter anderem in Die Zeit, Die Presse und Der Standard. Von 2002 bis 2008 war sie Politik-Redakteurin bei derStandard.at. Für ihren Blog über die französische Präsidentschaftswahl wurde sie im Jahr 2008 mit dem CNN Journalist Award - Europe ausgezeichnet.

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