Krankenpflege: 12-Stunden-Dienste die Regel

Porträtfoto von Katharina Stöllner
Katharina Stöllner, Krankenschwester, war sich langer Dienste und deren Vor- und Nachteile von Anfang an bewusst.
Foto (C) Michael Mazohl
Für Katharina Stöllner gehören 12-Stunden-Tage zum Job dazu: Als Krankenschwester betreut sie Menschen vor und nach der Operation. Wie lässt sich so ein Schichtdienst für die zweifache Mutter mit dem Familienleben vereinbaren?
Katharina Stöllner arbeitet als Krankenschwester im Krankenhaus Göttlicher Heiland. Auf den 12-Stunden-Tag hat sie sich bewusst eingelassen: „Ich wollte, seit ich elf Jahre alt war, immer Krankenschwester werden und mir war klar, dass das dazugehört.“ Stöllner wollte Menschen in unterschiedlichen Situationen zur Seite stehen. „Ich war schon immer der soziale Typ.“ Die Ausbildung begann Stöllner nach der Matura. Im März 2019 sind es 15 Jahre, die sie im Göttlichen Heiland für prä- und postoperative Betreuung der PatientInnen zuständig ist. Der Arbeitsalltag sei mitunter anstrengend: „Jeder Mensch geht mit Schmerzen und Unsicherheiten anders um. Man muss Ängste abbauen können, trösten und gemeinsam lachen.“

Lange Fahrt

Stöllners Schichten dauern in der Regel 12,5 Stunden. „Ich arbeite nur 25 Stunden, in der Regel sind das zwei Dienste pro Woche. Manchmal ein bisschen mehr.“ Ihr Wecker klingelt kurz nach 5 Uhr früh. „Mein Anfahrtsweg ist lang, mit den Öffis fahre ich eine knappe Stunde.“ Wenn ihre Schicht pünktlich endet, kommt Stöllner um 20.15 Uhr aus dem Krankenhaus. „Als meine Töchter noch im Kindergarten waren, habe ich sie an diesen Tagen überhaupt nicht gesehen. Mittlerweile gehen sie in die Schule, da kann ich ihnen noch gute Nacht sagen.“ Die Arbeit sei anstrengend: „Es kommt auf den Tag an. An guten bin ich müde, aber zufrieden. Nach einem stressigen Tag, an dem vieles nicht gepasst hat, ist man ausgelaugt und fertig.“

Gute Organisation ist alles

Katharina Stöllners Mann arbeitet ebenfalls im Schichtdienst, um die Kinder kümmere sich dann immer der Partner, der gerade daheim sei. Oma oder Opa helfen ebenfalls: „Ohne sie wäre das System nicht aufrechtzuerhalten. Man muss sehr gut organisiert sein, damit das so funktioniert.“ Im Kindergarten begann die Betreuung zwar um 6 Uhr früh, aber „da sitze ich schon im Schnellzug nach Hernals. Die Schule bietet Beaufsichtigung ab 7, da bin ich bereits mit der Dienstübernahme fertig, und geht bis maximal 17.30 Uhr. Das ist zwar gut, aber da bin ich noch in der Arbeit.“

 Auf der einen Seite führt man den 12-Stunden-Tag ein, auf der anderen Seite schraubt man die Mittel für die Kinderbetreuung zurück. Das kann sich einfach nicht ausgehen. 

Katharina Stöllner, Krankenschwester

Bei der Kinderbetreuung kritisiert Stöllner die Regierung: „ Auf der einen Seite führt man den 12-Stunden-Tag ein, auf der anderen Seite schraubt man die Mittel für die Kinderbetreuung zurück. Das kann sich einfach nicht ausgehen.“ Müsste sie Vollzeit arbeiten, wäre das für sie mit den Kindern nicht möglich. Als sie noch keine Kinder hatte, waren 60-Stunden-Wochen nicht ungewöhnlich für Stöllner. „Ich habe KollegInnen, die kriechen schon am Zahnfleisch daher und machen drei Dienste hintereinander. Das kann ich mir gar nicht mehr vorstellen.“ Langfristig wäre es für sie angenehm, ganz normal von Montag bis Freitag für 8 Stunden zu arbeiten. „Das wäre okay und zu bewältigen.“

Über den/die Autor:in

Sandra Knopp und Udo Seelhofer

Sandra Knopp ist freie Journalistin für verschiedene Radio und Printmedien, und hat die Themen Arbeitsmarkt, Soziales und Gesellschaftspolitik als Schwerpunkte. Udo Seelhofer war früher Lehrer und arbeitet seit 2012 als freier Journalist. Seine Schwerpunkte sind Gesellschaft, soziale Themen und Religion. Im Team wurden sie beim Journalismuspreis „Von unten“ 2017 für ihre Arbeit&Wirtschaft Reportage „Im Schatten der Armut“ ausgezeichnet.

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