Die Befürworter begrüßen das neue Arbeitszeitgesetz

Porträtfoto Christoph Neumayer, Industriellenvereinigung
Die Industriellenvereinigung betont auf ihrer Website: "Um bestehende Arbeitsplätze sichern beziehungsweise neue Jobs zu schaffen, braucht Österreich modernere und faire Arbeitszeitmodelle." Am Bild: IV-Generalsekretär Mag. Christoph Neumayer. Foto (C) Michael Mazohl
Foto (C) Michael Mazohl
ÖVP und FPÖ setzten mit Unterstützung der NEOS im Juli das im Parlament um, was sich Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung seit Langem wünschten. Viele Unternehmen begrüßen die neue Arbeitszeitregelung. Der ÖGB kontert: Für diese Wünsche wären keine neuen Gesetze notwendig gewesen. Ein Überblick.
Den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ war das neue Arbeitszeitgesetz, das unter bestimmten Bedingungen 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche ermöglicht, so wichtig, dass sie gegen alle Usancen eine parlamentarische Begutachtung unterbanden und die Materie als Initiativantrag einbrachten. Unterstützt wurde die Flexibilisierung der bisherigen Arbeitszeitregelung von den NEOS, die zwar die Umstände der Beschlussfassung kritisierten, inhaltlich aber mitgingen.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) lobte das neue Gesetz als „praxisgerechte Gestaltung der Arbeitszeit zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes und der Selbstbestimmung der ArbeitnehmerInnen“. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) betonte, mit dem Gesetz reagiere man auf die Realität der Arbeitswelt im Jahr 2018. Wie eine Umfrage der „Arbeit & Wirtschaft“-Redaktion unter führenden Unternehmen in Österreich ergab, wird die neue Arbeitszeitregelung entsprechend auch von vielen ArbeitgeberInnen begrüßt.

Wirtschaftskammer: entscheidende Vorteile für den Standort

Die Bundesregierung setzt in ihrer Novelle des Arbeitszeitgesetzes ein wichtiges Anliegen der Wirtschaft um.

Website der Wirtschaftskammer
Die Wirtschaftskammer Österreich spricht auf ihrem Webauftritt Klartext: „Die Bundesregierung setzt in ihrer Novelle des Arbeitszeitgesetzes ein wichtiges Anliegen der Wirtschaft um: Flexiblere Arbeitszeiten bringen für Mitarbeiter, Unternehmer und Standort entscheidende Vorteile.“ Im harten internationalen Wettbewerb sei die Flexibilität von Betrieben ein Erfolgsfaktor.

Industriellenvereinigung: ohne Flexibilität kein wirtschaftlicher Erfolg möglich

Ähnlich jubelt die Industriellenvereinigung: „Mit ihrem Initiativantrag für moderne Arbeitszeitregeln hat die Bundesregierung einen klugen und wichtigen Schritt für einen starken, wettbewerbs- und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort gesetzt.“ Ohne Flexibilität sei wirtschaftlicher Erfolg nicht mehr möglich. „Um bestehende Arbeitsplätze sichern beziehungsweise neue Jobs zu schaffen, braucht Österreich modernere und faire Arbeitszeitmodelle“, betont die IV auf ihrer Seite.

Post AG: jede sinnvolle Möglichkeit nutzen

Selbstverständlich wollen wir gerne jede sinnvolle Möglichkeit nutzen, die uns unsere Dienstleistungen besser erbringen lässt.

David Weichselbaum, Post AG

„Die Österreichische Post beurteilt Flexibilisierungsmöglichkeiten jeglicher Art – vor allem auch bei den Arbeitszeitregelungen – grundsätzlich positiv“, sagte etwa David Weichselbaum, Sprecher der Österreichischen Post AG. Und: „Selbstverständlich wollen wir gerne jede sinnvolle Möglichkeit nutzen, die uns unsere Dienstleistungen besser erbringen lässt.“ Gespräche mit dem Betriebsrat über die Nutzungsmöglichkeit der geänderten Rahmenbedingungen werde es in naher Zukunft für Teilbereiche des Unternehmens geben.

REWE International: außerordentliche Arbeitszeiten sehr bedacht einsetzen

„Wir begrüßen prinzipiell die Möglichkeit einer Flexibilisierung und Erweiterung der Höchstarbeitszeit pro Tag auf 12 Stunden“, betonte auch Paul Pöttschacher, Sprecher der REWE International AG. Man wolle aber nichts mit Zwang durchsetzen. „Nachdem ein 12-Stunden-Tag zum einen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Belastung darstellt, aber auch für das Unternehmen mit höheren Kosten auf Grund der Zuschläge verbunden ist, sind wir bestrebt, diese außerordentlichen Arbeitszeiten sehr bedacht einzusetzen.“ Die Ankündigung eines 12-Stunden-Arbeitstages erfolge daher drei Wochen im Voraus, 12-Stunden-Tage seien zudem konzernweit auf die Monate Mai oder Juni (je nach Feiertagen), Juli und August sowie Dezember beschränkt. Die 60-Stunden-Woche werde es nur in der Weihnachts- und Silvesterwoche geben. All das sei mit dem Betriebsrat in Zusatzvereinbarungen geregelt worden.

STRABAG SE: Zeiten erhöhten Arbeitsaufkommens nicht zu vermeiden

Im projektbasierten, saisonalen Baugeschäft sind Zeiten erhöhten Arbeitsaufkommens nicht zu vermeiden.

Diana Klein, STRABAG SE

Auch bei der STRABAG SE freut man sich über das neue Arbeitszeitgesetz. „Die mit September 2018 in Kraft getretene Arbeitszeitregelung hat an unserem bisherigen Arbeitszeitrahmen nichts geändert“, sagt Sprecherin Diana Klein, denn „im projektbasierten, saisonalen Baugeschäft sind Zeiten erhöhten Arbeitsaufkommens nicht zu vermeiden“. Man begrüße die neue Regelung aber insofern, „als sie es ermöglicht, die Spitzenauslastung abzufedern“. Das neue Gesetz sei allerdings nicht dazu da, 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche zum Standard zu erheben und es dürfe auch nicht dazu führen, „dass in Ausschreibungen durch die Hintertür noch mehr Druck auf die bauausführenden Unternehmen ausgeübt wird“.

OMV AG: flexible und attraktive Rahmenbedingungen für die Arbeitswelt von heute

Grundsätzlich sei ein höheres Maß an Flexibilität zu begrüßen, wurde in der Presseabteilung der OMV AG betont. Da der Großteil der MitarbeiterInnen bereits bisher die Arbeitszeit im Rahmen der Gleitzeit frei einteilen konnte, spielen Dienstpläne allerdings im Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Es wird zudem festgehalten, dass die Normalarbeitszeit durch das neue Gesetz nicht verändert werde und Überstundenleistungen durch die MitarbeiterInnen abgelehnt werden dürften. „Wir beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Altersgruppen und mit unterschiedlichen Anforderungen an den Job, aber auch an das Privatleben. Unsere Aufgabe als Unternehmen sehen wir darin, für dieses breite Spektrum an Bedürfnissen flexible und attraktive Rahmenbedingungen für die Arbeitswelt von heute zu schaffen.“

ÖGB kontert: all das wäre auch ohne neues Gesetz schon möglich gewesen

Dort, wo es mit dem Betriebsrat Vereinbarungen gibt – Beispiel Rewe – hätten ja bisher schon Spitzen im Arbeitsanfall entsprechend abgedeckt werden können. 

Martin Müller, ÖGB Rechts- und Kollektivvertragspolitik

Zu all diesen Stellungnahmen zur Arbeitszeitflexibilisierung hält Martin Müller, Leiter des Referats für Rechts- und Kollektivvertragspolitik im ÖGB, allerdings fest: Die Flexibilisierung werde begrüßt, das, was beschrieben werde, sei aber keine Änderung zur vorherigen Arbeitszeitregelung. Dort, wo es mit dem Betriebsrat Vereinbarungen gebe – Beispiel Rewe – hätten ja bisher schon Spitzen im Arbeitsanfall entsprechend abgedeckt werden können. Er sieht daher einen Widerspruch zwischen dem positiven Echo auf die Gesetzesnovelle und der Beschreibung der Bedürfnisse der ArbeitgeberInnen.

Über den/die Autor:in

Alexia Weiss

Alexia Weiss, geboren 1971 in Wien, Journalistin und Autorin. Germanistikstudium und Journalismusausbildung an der Universität Wien. Seit 1993 journalistisch tätig, u.a. als Redakteurin der Austria Presse Agentur. Ab 2007 freie Journalistin. Aktuell schreibt sie für das jüdische Magazin WINA sowie für gewerkschaftliche Medien wie die KOMPETENZ der GPA-djp oder die Gesunde Arbeit. 2022 erschien ihr bisher letztes Buch "Zerschlagt das Schulsystem ... und baut es neu!" (Verlag Kremayr & Scheriau).

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