Kommentar: Warum die EU mit dem „Omnibus“-Paket falsche Signale sendet

Eine Arbeiterin in einer Fabrik. Symbolbild für den EU Omnibus.
Das EU-„Omnibus“-Paket schwächt soziale und ökologische Standards – ein Rückschritt, wie die Journalistin Margaretha Kopeinig kommentiert. | © Adobe Stock/Kadmy
Soziale und ökologische Ambitionen sind keine Bürde, sondern sollten Europa ausmachen, findet Journalistin Margaretha Kopeinig in ihrem Kommentar.

Die Europäische Kommission hat also beschlossen, die Unternehmen in den Mitgliedsländern von „unnötiger administrativer Arbeit“ zu entlasten. Was unter dem Schlagwort „Bürokratieabbau“ läuft, soll die Berichterstattung vereinfachen, ohne die ehrgeizigen Ziele der EU zu vernachlässigen, so die Idee der Brüsseler Behörde: eine echte Win-win-Situation.

Nur, das stimmt so nicht: Was die Kommission im Eiltempo und in höchstem Maße intransparent unter dem Titel „Omnibus“-Paket verabschiedet hat, sind Eingriffe in EU-Gesetze des Green Deal und der Lieferketten-Richtlinie. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen weniger eine Entbürokratisierung als vielmehr eine Deregulierung dar. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zurückgefahren, das Lieferkettengesetz nahezu substanzlos gemacht. Soziale und klimapolitische Standards werden abgeschwächt, womit das Wohl aller Menschen gefährdet wird.

Zeitenwende

Gerade jetzt, an einer Zeitenwende, gibt Europa das Festhalten an klaren, transparenten und fairen Regelungen auf. Die Geschichte der EU zeigt uns aber, dass gerade die Verteidigung von Rechten und Fairness kein Luxus sind – auch kein Wettbewerbskiller –, sondern Garantie dafür, dass Europa stark und sicher bleibt. Begreifen die EU-Granden nicht, dass jetzt der Epochenmoment für Europa gekommen ist? Es geht um ein neues Selbstverständnis, eine neue Widerstandskraft, das Zusammenstehen der Länder, weil kein Einzelstaat für sich selbst etwas bewirken kann. Es geht um die Stärkung dessen, was wir als soziale Dimension der EU kennen. Das muss der Anspruch sein.

Die Vereinheitlichung von Standards und Berichtspflichten ist durchaus sinnvoll. Aber das Aufgeben von Zielen und Inhalten, die Europa für viele sogar begehrt machen, ist ein Fehler. Was die EU jetzt braucht, sind mutige Initiativen, Innovation und Investitionen in moderne Technologien – unter Einbeziehung nicht nur der Industrie-Lobby, sondern auch der Arbeitnehmer:innen. Das Binnenmarkt-Projekt des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors (EU-Kommissionspräsident 1985–1994) – mit dem Euro das Herzstück Europas – wäre nie zustande gekommen, hätte er nur eine Seite berücksichtigt.

Die EU-Kommission schnürt sogenannte Omnibus-Pakete, die offiziell dazu dienen sollen, Unternehmen zu entlasten. Doch Gewerkschaften und NGOs schlagen Alarm.

@sarahkleiner.bsky.social​ erklärt, was geplant ist. 👇

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— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 10. Juli 2025 um 17:00

Berechtigte Kritik

Es ist keine demokratiepolitische Leistung, Gesetze, die qualitative und quantitative Verbesserungen für Klima, Umweltschutz und soziale Rechte (wie den Schutz vor Ausbeutung) gewährleisten, leichtfertig zu verwässern oder hinauszuschieben und durch fehlende klare Anforderungen für Unsicherheit und berechtigte Kritik zu sorgen. Dass das in Zeiten eines steigenden Bewusstseins für verantwortungsvolle Unternehmensführung bei Verbraucher:innen und Investor:innen geschieht, macht das Ganze noch schlimmer.

Ob die Beschwerde gegen das „Omnibus“-Paket, die von acht NGOs gegen die EU-Kommission eingereicht wurde, etwas bewirken kann, ist fraglich. Es sieht so aus, als hätte Brüssel eine große Chance verspielt.

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Über den/die Autor:in

Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig ist freie Journalistin, Autorin und Brüssel-Korrespondentin für den Kurier. Ihre universitäre Ausbildung führte sie nach Wien und Bogotá, wo sie sich mit den Schwerpunkten Politik, Soziologie und Geschichte beschäftigte.

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