Bill Gates warnt: Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit gefährden Leben

Bill Gates spricht im EU-Parlament vor dem Entwicklungsausschuss und warnt davor, dass Millionen Menschen sterben könnten. | © European Union 2025 - Source : EP / Philippe BUISSIN
Bill Gates spricht im EU-Parlament vor dem Entwicklungsausschuss und warnt davor, dass Millionen Menschen sterben könnten. | © European Union 2025 - Source : EP / Philippe BUISSIN
Der US-amerikanische Unternehmer Bill Gates spricht vor dem EU-Parlament und macht auf die Folgen gekürzter Entwicklungszusammenarbeit hin. Eine Bestandsaufnahme aus Brüssel.
Der Sitzungssaal im EU-Parlament ist bis zum letzten Platz gefüllt. Am Gang stehen Menschen, manche werden vor der Tür abgewiesen, es wird getuschelt. Als am 24. Juni fünf Personen am Podium Platz nehmen, wird es augenblicklich still. Es ist der Ausschuss sowie ein besonderer Gast. EU-Abgeordneter Barry Andrews aus Irland ergreift das Wort: „So viele Menschen haben wir noch nie für einen Entwicklungsausschuss begeistern können.“

Der Grund: Bill Gates, Microsoft-Mitbegründer und 13. reichster Mensch der Welt, hält an diesem Tag eine Rede im EU-Parlament. Der Bereich steht vor einer gewaltigen Zäsur: Entwicklungszusammenarbeit, wie man sie über Jahrzehnte praktiziert hat, wird hinterfragt. Dahinter steht vor allem die Kehrtwende der USA unter Donald Trump. Aber auch Österreich will aufgrund der Budgetlage massiv kürzen.

Gates ist wohl der bekannteste private Akteur in der Szene: Im Jahr 2000 gründete er die nach ihm benannte Stiftung – eine der weltweit größten privaten Hilfsorganisationen. Sein Ziel ist es, bis 2045 200 Milliarden US-Dollar zu spenden. Er warnt: „Armut und Hunger nehmen zu, dieses Jahr werden mehr Kinder sterben als vergangenes Jahr. Das ist eine Katastrophe, die wir selbst verschuldet haben.“

Warnung vor weltweiter Gesundheitskrise

Besonders stark kritisiert Gates die radikalen Kürzungen, die US-Präsident Trump beim Entwicklungsprogramm USAID vorgenommen hat, das eine wichtige Rolle in der globalen Gesundheitsversorgung spielt. Durch die Kürzungen wurden weltweit insgesamt 10.000 Mitarbeiter:innen gekündigt, in manchen afrikanischen Ländern ist derzeit kein Personal mehr vor Ort. Die panafrikanische NGO Amref Health Africa, die jährlich fast 20 Millionen Menschen medizinisch betreut und Fachkräfte schult, verzeichnete laut Deutscher Welle beispielsweise einen Budgetverlust von 20 Prozent. Gates erklärt: „Wir werden eine Million Todesfälle sehen, die auf diese Kürzungen zurückzuführen sind. Es geht dabei nicht nur um Zahlen, sondern um echte Schicksale.“ Zwei bis fünf Jahre könnte es dauern, bis die Folgen dieser finanziellen Verluste wieder ausgeglichen sind.

Wir werden eine Million Todesfälle sehen,
die auf diese Kürzungen zurückzuführen sind. Es geht dabei nicht nur um Zahlen,
sondern um echte Schicksale.

Bill Gates, Microsoft-Mitbegründer

Auch andere Länder in Europa wie Großbritannien oder Frankreich seien dem Trend der Kürzungen gefolgt. Insgesamt fehlten laut Gates in diesem Jahr rund 30 Milliarden US-Dollar in der Entwicklungshilfe. Er warnt: „Wir stehen vor einer globalen Gesundheitskrise. Kinder sterben an HIV, obwohl sie gerettet werden könnten, und deren Behandlung nur 12 Cent pro Tag kosten würde.“

Kindersterblichkeit wird steigen

In den vergangenen 25 Jahren ist die weltweite Kindersterblichkeit um die Hälfte gesunken und liegt inzwischen bei weniger als 5 Millionen Kindern pro Jahr. Gates warnt jedoch, dass die Zahlen wieder steigen könnten. Grund dafür sei der akute Mangel an Mitteln für Malaria-Netze oder Tuberkulose-Medikamente in vielen afrikanischen Staaten. Außerdem nehme die Zahl der von Unterernährung Betroffenen zu.

„Wenn wir zulassen, dass die Gesundheitssysteme in diesen Ländern kollabieren, dann steigt auch das Pandemierisiko“, so Gates. Er appelliert nicht nur an die Verantwortung reicher Länder, sondern fordert auch mehr Weitblick für globale Auswirkungen.

“The goal is to help these countries be lifted up and have them be self-sufficient.”

Yesterday, Bill Gates joined members on the European Parliament Committee on Development to discuss innovation in health and living standards in the Global South.

[image or embed]

— European Parliament (@europarl.europa.eu) 25. Juni 2025 um 17:52

Optimismus durch Innovation

Bei seiner Arbeit setzt Gates auf Technologie und Digitalisierung. 35 Prozent der Stiftungsgelder gehen in die Forschung, um beispielsweise mit KI Schwachstellen in der Gesundheitsforschung zu finden. „Innovation kann unsere Kosten reduzieren“, erklärt er im Ausschuss. Seine Forschung teilt er beispielsweise mit der globalen Impf-Initiative Gavi. So sollen die gekürzten Mittel ausgeglichen werden.

Gavi ist eine internationale Organisation, die sich dafür einsetzt, den weltweiten Zugang zu Impfungen zu verbessern – insbesondere in ärmeren Ländern. Sie wurde im Jahr 2000 gegründet und arbeitet mit Regierungen, der WHO, UNICEF, der Weltbank, der Impfstoffindustrie und Stiftungen wie der Gates Foundation zusammen. Gavi finanziert Impfprogramme, unterstützt beim Aufbau von Gesundheitssystemen und hat laut eigenen Angaben seit ihrer Gründung Hunderte Millionen Kinder geimpft und damit Millionen Leben gerettet.

Es sei entscheidend, „auch bei knappen Mitteln die richtigen Prioritäten zu setzen“ und damit Verantwortung zu übernehmen, mahnt Gates die europäischen Staaten. Sein eindringlicher Appell zum Schluss: „Verlieren Sie Ihre Werte nicht aus dem Blick.“

Mehr lesen

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten für den Zweck der Versendung und Verwaltung des Newsletters sowie des Gewinnspiels zu. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Details dazu finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Über den/die Autor:in

Sandra Gloning

Sandra Gloning ist freie Online- und Print-Journalistin in Wien mit einem breiten Themenfeld rund um Frauen, Lifestyle und Minderheiten und dem Ziel, Geschichten aus dem echten Leben zu erzählen.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.