Keine Gerechtigkeit zu finden

Foto (C) fergregory / Fotolia
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  1. Seite 1 - Gespaltene Gesellschaft
  2. Seite 2 - Symbolpolitik
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Gerechtigkeit war im Wahlkampf ein heiß umkämpftes Thema. Doch ist sie auch im Regierungsprogramm angekommen?
Die Regierung schreibt: „Wir wollen eine Politik … machen, die neue Schulden so weit wie möglich einschränkt, sich nicht auf dem Rücken der nachfolgenden Generation finanziert.“ So richtig das Ziel ist, sich um das Wohl der nächsten Generation zu kümmern, so falsch ist es, dass dies etwas mit den Staatsschulden zu tun hätte. Wenn der Staat Schulden macht, dann macht er diese bei den jetzt lebenden SparerInnen. In Zukunft bekommen diese bzw. deren ErbInnen Zinsen und Tilgung.

Kapital der nächsten Generation

Für die nächste Generation stellt sich nur die Frage, ob sie in Zukunft ein höheres Real- und Humankapital in Form von Infrastruktur und Bildung bekommt – oder eben weniger Staatsschulden, weil zu wenig investiert wurde.

Genauer betrachtet

Die Idee, dass alle Generationen ein Recht auf gleiche Ausgangschancen haben, klingt naheliegend, ist es aber bei genauerer Betrachtung nicht. Ziel muss vielmehr sein, dass es den Kindern einmal besser geht und nicht gerade einmal gleich gut. Die Säuglingssterblichkeit etwa betrug noch 1988 (also vor 30 Jahren) 8,1 Gestorbene auf 1.000 Lebendgeburten, inzwischen sind wir bei 3,1 angelangt. Auch die Bildungschancen haben sich seit damals massiv verbessert. Der heutigen Generation nur die gleichen Chancen wie deren Eltern zuzugestehen, wäre eine massive Verschlechterung für die meisten Kinder und jungen Menschen.

Für die Gerechtigkeit ist relevant, was mit dem geborgten Geld gemacht wird: Wird durch die Senkung von Gewinnsteuern die Spaltung der Gesellschaft für die nächste Generation verschärft oder werden Ausgaben finanziert, welche die Chancen der nächsten Generation auf Bildung, Gesundheit oder auch Integration erhöhen?

Gespaltene Gesellschaft

Werden nur niedrige Profitsteuern, kaputtgesparte Schulen und eine in Arm und Reich gespaltene Gesellschaft hinterlassen, so ist das ungerecht gegenüber den nächsten Generationen. Generationengerechtigkeit heißt, der nächsten Generation eine funktionierende Infrastruktur, eine intakte Natur und eine geeinte Gesellschaft zu hinterlassen.

Interessant ist die Vorstellung der Regierung von einem gerechten Mietrecht. Einerseits soll „nicht in bestehende Verträge eingegriffen werden“, andererseits sollen Mieten auf ein marktkonformes Niveau angehoben werden. Das führt zwangsläufig zu Ungerechtigkeit zwischen Alt- und NeumieterInnen: Junge Leute, die ihre Familie aufbauen, haben die hohen „marktkonformen“ Mieten für zu kleine Wohnungen und die älteren leben in zu großen Wohnungen, die sie nicht aufgeben können, weil eine kleinere Wohnung mit neuem Vertrag teurer wäre. Es ist auch nicht gerecht, wenn das Recht, Mietverträge zu übernehmen, bei privaten Haushalten abgeschafft, bei Betrieben aber ausgebaut wird. Beim Mietrecht scheint die Regierung das gerecht zu finden, was Hausherren und Unternehmern hilft.

Haus- und Wohnungseigentum soll gefördert werden, während die Mieten für „Besserverdiener im kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau“ regelmäßig erhöht werden. Die Konsequenz: Wer genug Geld hat, bekommt eine Förderung für den Kauf seiner Wohnung. Wer nicht ganz so viel hat, bekommt eine höhere Miete.

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