Verlagerung der Verantwortung

Inhalt

  1. Seite 1 - Arbeitsmarktpolitik als eskalierende Spirale aus Mittelkürzungen und Repression
  2. Seite 2 - Neue Politik geeignet, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen?
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1968 wurde die Arbeitsmarktverwaltung auf neue Beine gestellt. Arbeitslosigkeit wurde als gesellschaftliches Problem gesehen, nicht als privates Versagen.

Seit 2005 müssen sich Arbeitslose beim AMS zum „Nachweis aktiver Arbeitssuche“ verpflichten. 2011 wurde die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ beschlossen; Teil des Gesetzes war es, „arbeitsfähige“ SozialhilfeempfängerInnen für den Arbeitsmarkt zu „aktivieren“. 2012 folgte das „Sozialrechts-Änderungsgesetz“, welches laut Lankmayer und Moser die Absicht verfolgt, „Menschen länger gesund im Erwerbsleben zu halten und krankheitsbedingte Pensionierungen zu vermeiden (…). Dabei soll vor allem die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verstärkt gefördert werden.“

Für derartige Förderungen werden seit Mitte der 1990er-Jahre verstärkt private Träger engagiert, die mit der Durchführung sowohl von Schulungen als auch Repressionsmaßnahmen beauftragt werden. Finanziert werden diese Träger zu großen Teilen aus dem AMS-Budget, welches allerdings immer mehr zusammengespart wird.

Kickls digitaler AMS-Betreuer

Schon die schwarz-blaue Regierung des Jahres 2000 nutzte Kürzungen beim AMS, um ein Nulldefizit zu finanzieren. Für 2018 hatte die neue Regierung angekündigt, das AMS-Budget von 1,94 Milliarden Euro auf 1,4 Milliarden Euro zusammenzustutzen. Erste Opfer hat die neue Politik bereits gekostet, nämlich Erwerbslose im Alter über 50 sowie junge Menschen bis 25. Die Aktion 20.000 zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt sowie die Ausbildungsgarantie bis 25 sind ersatzlos weggefallen. Auch Menschen mit Migrationshintergrund werden zur Zielscheibe. Die Mittel für das sogenannte Integrationsjahr, mit dem unter anderem Deutschkurse und Qualifizierungsmaßnahmen finanziert werden, wurden von 100 Millionen auf 50 Millionen Euro gekürzt. Komplettiert wird dieses Bild durch die Legalisierung des 12-Stunden-Arbeitstages. Während Erwerbslosen das Leben schwer gemacht wird, lässt man jene, die noch einen Job haben, bis zur Erschöpfung arbeiten.

Spezialeinheit gegen Schwache

Trotz oder gerade wegen dieser Einsparungen wird weiter an der Repressionsschraube gedreht. Innenminister Herbert Kickl kündigte im Oktober die Gründung einer „Spezialeinheit“ an, die Jagd auf angebliche „Sozialbetrüger“ machen soll. Damit sind allerdings keine reichen Steuerhinterzieher, sondern auf staatliche Unterstützung angewiesene Menschen gemeint.

Auch das AMS rüstet auf. Ein neues Computerprogramm soll zukünftig Arbeitslose in drei Kategorien einteilen und automatisch beschließen, wer niedrige, mittlere oder hohe Chancen am Arbeitsmarkt hat. Dass ausgerechnet jene, die ohnehin schon schlechte Chancen am Arbeitsmarkt haben, dadurch geradezu abgeschrieben werden könnten, sorgte für einen Aufschrei. Fraglich ist aber insgesamt, ob die neue Politik geeignet ist, die Arbeitslosigkeit auch wirklich zu bekämpfen. Denn Fakt ist: Es gibt schlichtweg nicht genug offene Stellen, sodass wirklich alle Arbeitslosen einen Job finden könnten.

Weitere Informationen:
Eveline Wollner: Der Herr Handelsminister hat 100%ig njet gesagt
tinyurl.com/ydyz7wyj
Thomas Lankmayer und Rudolf Moser: Der Sozialstaat im Wandel
tinyurl.com/ya46n8kk
Roland Atzmüller: Die Entwicklung der Arbeitsmarktpolitik in Österreich
tinyurl.com/ybtphols

Von
Christian Bunke
Freier Journalist

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/18.

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