Standpunkt | Erfolg für alle Beschäftigten

Hier wurden nicht nur massive Verschlechterungen für Bahnkunden und Beschäftigte vorerst abgewehrt. Was die Regierung mit den Eisenbahnern vorhatte, war ein Angriff auf die Rechte aller Lohnabhängigen.

Angriff auf die Löhne abgewehrt

»Es ging aber darum – und in diesem Punkt hatte die Gewerkschaft der Eisenbahner die Unterstützung aller Gewerkschaften im ÖGB hinter sich – Angriffe auf die Löhne abzuwehren. Denn wenn die gesetzlichen Eingriffe ins Eisenbahnerdienstrecht Wirklichkeit geworden wären, so wären sie Kollektivverträge aller Beschäftigten in Österreich in Gefahr gewesen«, lautet die Warnung von Rudolf Nürnberger, Vorsitzender der Gewerkschaft Metall – Textil.

Mit dem vorläufigen Ende des Arbeitskampfes gibt es jetzt viele »Sieger«, die sich selber auf die Schulter klopfen und erklären »Wenn ich mich nicht so für die Eisenbahner eingesetzt hätte …«

Jedenfalls war es ein mehr als peinliches Versehen für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, als er am Freitag, den 14. November, um 16 Uhr das Ende des Eisenbahnerstreiks verkündete und dies als sein »Verdienst« hinstellte, während das Streikkomitee der Eisenbahner erst zwei Stunden später den Streik aufhob.

ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch hatte herbe Kritik an der vorzeitigen Verkündung des Streikendes durch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geübt. »Diejenigen, die die Flamme vorzeitig in die Höhe gehalten haben, haben in Wirklichkeit dazu beigetragen, dass das Ganze fast noch einmal geplatzt wäre. Der Bundeskanzler ist nicht das Streikkomitee«, sagte Verzetnitsch laut APA zu Vizekanzler Hubert Gorbach, der einräumte, »dass dies nicht im Sinne des Ergebnisses gewesen wäre«.

Die Leute aus der Regierungsmannschaft hatten vorher ja noch wiederholt und großspurig erklärt, die (Eisenbahner) können streiken, so lange sie wollen … (bis sie schwarz werden?).

Dies waren alles nur Verhandlungstricks, erklärt Vizekanzler Hubert Gorbach jetzt Augen zwinkernd seine Verhandlungsstrategien und gibt sich alemannisch bauernschlau.

Dabei hätte man sich das alles sparen können, – vor allem auch die volkswirtschaftlichen Kosten des Streiks -, wenn die Regierung wirklich in ernsthafte Verhandlungen mit den Eisenbahnern getreten wäre. »Wir sind jederzeit verhandlungsbereit …«, hatte es geheißen, um dann im Satz fortzufahren »… aber an den Eckpunkten unserer Position darf nicht gerüttelt werden.« Übersetzt heißt das: Wir tun zwar nach außen hin so, als ob wir verhandeln wollen, aber wir bewegen uns keinen Zentimeter. Unsere Position wollen wir auf Biegen oder Brechen durchdrücken.

14 (in Worten vierzehn) ergebnislose Verhandlungsrunden hatten die Eisenbahner hinter sich, als sie sich zu Streik entschlossen hatten.

Diese starre Haltung gegenüber einer gewerkschaftlich sehr gut organisierten Gruppe von Arbeitnehmern lässt an das Vorbild von Margaret Thatcher denken, der es in England ja gelungen war, die Eisenbahnergewerkschaft zu zerschlagen. Die jetzt mit dem höchsten Orden der Republik Österreich, dem Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande ausgezeichnete frühere Vizekanzlerin Riess-Passer hatte es sich zum Beispiel nicht nehmen lassen, der »eisernen Lady«persönlich zum Geburtstag zu gratulieren. In der jetzigen Regierung hat auf Thatcher offensichtlich einen Fanklub. Daran ändert auch nichts, dass die Privatisierung der Bahn gerade in England massiv gescheitert ist und jetzt rückgängig gemacht wird. Von der Vervielfachung der Kosten für die Bahnkunden nicht zu reden. Außer Spesen nichts gewesen?

Besitzstandbewahrer? Es gibt in unserem Lande, wie Prof. Emmerich Talos kürzlich anführte, gewisse »Besitzstandmehrer«, die vor allem von den Privatisierungen der Verstaatlichung außerordentlich profitiert haben. Ich kann mit vorstellen, dass die ÖBB da auch ein schöner Brocken wäre, um den man sich balgen könnte …

Die einseitige Aufkündigung der Tarifautonomie der Sozialpartner durch diese Regierung ist jedenfalls gescheitert. Die Gewerkschaften haben nicht »gewonnen«.

»Klar ist nur«, so sagt es Prof. Ferdinand Karlhofer, »dass sie verloren hätten, wenn sie sich nicht auf diesen Arbeitskampf eingelassen hätten.«

Wir Gewerkschafter können uns jetzt keineswegs zurücklehnen und in Harmonie schwelgen. Die nächsten Konflikte sind schon programmiert, obwohl einige Beteiligte öffentlich beteuert haben, dass sie dazugelernt hätten.
Wir werden sehen.

Siegfried Sorz

Von Siegfried Sorz (Chefredakteur)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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