Wird in Österreich über Asyl und AsylwerberInnen gesprochen, so denken leider viele zuerst an Kriminelle, DrogenhändlerInnen und faule »TachiniererInnen«, die sich auf »unsere« Staatskosten ein besseres Leben ermöglichen wollen – insgesamt also eine Bedrohung der inneren Sicherheit. Aber auch Menschen, die sich zu einer differenzierteren Einstellung durchringen können, haben oft sehr wenig Ahnung von und Verständnis für die Situation der AsylwerberInnen.
»SozialschmarotzerInnen«?
Würden sie sich mit der Vorgeschichte vieler dieser Menschen auseinandersetzen, würden so manche wohl ihre Meinung ändern. Der Glaube, dass Asylsuchende unberechtigterweise das österreichische Sozialsystem ausnutzen wollen, ist weit verbreitet. Im Internet kursieren Fehlinformationen en masse, in denen behauptet wird, AsylwerberInnen würden viel mehr Sozialleistungen beziehen, als arbeitslose ÖsterreicherInnen. Nicht nur, dass die NGO »Asylkoordination« diese Behauptung ausräumen konnte, indem sie nachrechnete, wie knapp bemessen die Hilfe für AsylwerberInnen eigentlich ist: Das Hauptproblem, mit dem sich diese Menschen konfrontiert sehen, besteht vor allem darin, dass sie nicht arbeiten dürfen. Absurd – denn zumindest so lange das Asylverfahren läuft, halten sich Asylsuchende legal in Österreich auf.
Keine Arbeit
Würde man Asylwerbenden den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen, so wären sie nicht mehr in derselben Weise abhängig von der – allen Flüchtlingen zustehenden – Grundversorgung, sondern würden darüber hinaus noch Steuern und Sozialabgaben zahlen, eine höhere Kaufkraft haben und somit zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs beitragen. Schon aus diesem Grund kann ein Arbeitsverbot nicht im Sinne Österreichs sein. Dazu kommt, dass viele von denen, die in Österreich um Asyl ansuchen, hoch qualifiziert sind. Sie verfügen oftmals über sehr gute Ausbildungen und haben nicht selten Universitätsabschlüsse, die bei uns aber kaum anerkannt werden. Gerade im Krankenpflegebereich wäre es von Vorteil, Menschen mit Qualifikationen in diesem Bereich arbeiten zu lassen. Doch dies ist derzeit leider nicht erlaubt.
Die einzigen Tätigkeiten die AsylwerberInnen im Moment offenstehen, sind saisonale Arbeiten und Arbeit als ErnthelferInnen, die jedoch mit Quoten geregelt sind. Häufig werden diese Jobs an ausländische ArbeiterInnen vergeben, die nur für die Saison nach Österreich kommen. Eine andere Option, für AsylwerberInnen ist gemeinnützige Arbeit, wie Straßenreinigung, Park- und Sportanlagenbetreuung und Ähnliches. Doch auch für diese Arbeiten gibt es keine gerechten Löhne, sondern es wird lediglich ein »Anerkennungsbeitrag« von drei bis fünf Euro pro Stunde ausgezahlt.
Häufig hört man, dass es nicht richtig sein könne, in Zeiten wachsender Arbeitslosigkeit den Arbeitsmarkt gerade für AsylwerberInnen zu öffnen. Dabei wird gerne vergessen, dass das Recht auf Arbeit ein Menschenrecht ist – es mutet doch eher seltsam an, dass gewisse Gruppen von diesem Menschenrecht ausgeschlossen bleiben. Und auch das neue Fremdenrechtsgesetz, das derzeit im Parlament diskutiert und höchstwahrscheinlich beschlossen wird, scheint auch wenig dazu geeignet, Hoffnung auf Verbesserung der Situation aufkeimen zu lassen. NGOs wie »Asylkoordination« und »Asyl in Not« stellen große Mängel an dem Gesetz fest und rufen zu Protestaktionen dagegen auf.
AsylwerberInnen
Wer sich mit Asyl und AsylwerberInnen beschäftigt, sollte sich auch über die Begriffe im Klaren sein. Asylsuchende sind keine MigrantInnen. Sie haben ihre Länder normalerweise nicht freiwillig verlassen, um sich anderswo ein besseres Leben aufzubauen. Die meisten von ihnen wurden vertrieben, mit dem Tod bedroht, politisch verfolgt, eingesperrt und nicht selten gefoltert. Viele hatten keine Wahl, als ihre Länder zu verlassen – einfach nur um ihre nackte Existenz zu retten. Sie vertrauen sich, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, der Willkür oftmals krimineller Schlepper und MenschenhändlerInnen an. Dies geschieht nicht selten unter Lebensgefahr. Betreten sie schließlich europäischen Boden, werden sie erneut als illegal kriminalisiert, verfolgt und als BetrügerInnen, die das System ausnutzen wollen denunziert.
Schon 1951 wurde, vor dem Hintergrund der Geschehnisse während und nach dem 2. Weltkrieg, die sogenannte Genfer Flüchtlings-Konvention (GFK) von den Bevollmächtigen der Vereinten Nationen beschlossen. Danach ist als Flüchtling anzusehen, wer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner/ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner/ihrer politischen Überzeugung das Land verlassen muss, dessen Staatsangehörigkeit er/sie besitzt und dessen Schutz er/sie nicht in Anspruch nehmen kann oder auch aus Angst nicht will. In jedem Fall müssen sich die Unterzeichnerstaaten der GFK an das Refoulment-Verbot halten, d. h. Flüchtlinge dürfen nicht in Staaten, in denen ihnen Verfolgung droht aus- bzw. an der Grenze abgewiesen werden; allerdings in sogenannte »sichere Drittstaaten«. Nicht selten werden Asylsuchende aus Österreich in solche sicheren Drittstaaten abgeschoben und in der ganzen EU herumgereicht.
Wirtschaftsflüchtlinge
Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt. Da scheint es nicht weiter verwunderlich, dass viele Menschen aus ärmeren Ländern, sich ein besseres Leben bei uns erträumen. Von Menschen in Afrika, Asien oder Lateinamerika hört man immer wieder, dass viele von ihnen sich ein Leben in Europa schier paradiesisch vorstellen. Nicht zuletzt die Medien propagieren dieses Bild weltweit. Und so versuchen dann manche dieser Menschen, nach Europa zu reisen und sich hier ein besseres Leben aufzubauen. Bedenkt man die reale Situation vieler Menschen besonders in den Ländern des Südens, wird schnell klar, dass eine Erweiterung der GFK erwogen werden sollte.
Die bisherigen Bedingungen, um als Flüchtling anerkannt zu werden, greifen viel zu kurz. Menschen, die aus wirtschaftlicher Not, vor Hunger, Dürre und Umwelt- und Naturkatastrophen fliehen, sollten ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt werden. Auch sie versuchen nichts weiter, als ihr Überleben zu sichern. Diese Menschen als »Wirtschaftsflüchtlinge« abzutun erscheint kurzsichtig – besonders da Hunger in der Welt ein wachsendes Problem darstellt und auch Wasser als Ressource immer weniger wird.
»Das Boot ist voll«?
Dass Österreich besonders großzügig sei bei der Vergabe von Asyl, oder dass hier unverhältnismäßig viele AsylwerberInnen leben, wie gerne behauptet wird, entspricht nicht der Wahrheit. Wir befinden uns weltweit nur an 43. Stelle im Ranking der Asylländer. In Wahrheit sind es vor allem die Entwicklungsländer, die als Auffangbecken für Flüchtlinge fungieren. An erster Stelle steht Pakistan, mit zwei Mio. aufgenommenen Flüchtlingen, gefolgt von Syrien, mit 1,5 Mio. vertriebenen Irakern im Land. An dritter Stelle folgt der Iran mit 963.500 Flüchtlingen und schließlich Deutschland, als größtes Asylland Europas mit 579.000 Flüchtlingen.
Es würde sich lohnen
In Österreich leben derzeit 30.773 Flüchtlinge. Davon warten 11.000 Menschen seit über drei Jahren auf eine Entscheidung über ihre Anerkennung als Flüchtling. Etwa 200 davon warten sogar bereits seit über zehn Jahren auf ihren Bescheid – das behindert bei der Integration und ist unmenschlich und frustrierend für die Betroffenen. Eine abstruse Situation – bedenkt man die Verschwendung von Talenten und Ressourcen – und auch die Kosten sind nicht unbeträchtlich. Würde man den Arbeitsmarkt für diese Menschen öffnen, würde dies sowohl dem österreichischen Staat als auch den betroffenen Menschen helfen – es würde sich für alle lohnen.
Weblinks
Weitere Infos:
www.asyl.at
www.asyl-in-not.org
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Von Mag. Ruth Bauer (Freie Journalistin)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/2009.
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