Emanzipation durch Waschmaschine

Frauen von den Lasten unbezahlter Hausarbeit zu befreien war immer schon eines der Hauptanliegen des Feminismus. An den Einzug der Technik in den Haushalt wurde die Hoffnung geknüpft, die Hausarbeit für Frauen weniger mühselig zu machen und den Eintritt in die Arbeitswelt zu erleichtern. Auch Geschlechterungerechtigkeiten beim Erledigen der Hausarbeit sollten durch Haushaltsgeräte der Vergangenheit angehören. Technologien wie Kühlschrank, Waschmaschine, Geschirrspüler, Staubsauger oder Mikrowelle haben die Hausarbeit völlig neu organisiert. Ihre Auswirkungen hinsichtlich Arbeitserleichterung und geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung sind jedoch zweideutig.

Das „bisschen“ Haushalt?

Fast vier Stunden wenden Frauen durchschnittlich für die tägliche Hausarbeit auf, bei Männern sind es laut Zeitverwendungserhebung der Statistik Österreich (2008/09) um eineinhalb Stunden weniger. Im Vergleich zu den 1980er-Jahren ist der Zeitaufwand bei Männern in etwa gleich geblieben und hat sich bei Frauen etwas verringert. Betrachtet man Langzeitstudien über den zeitlichen Aufwand für Hausarbeit, so zeigt sich, dass technologische Entwicklungen im Haushalt diesen für Frauen kaum reduziert haben. Paradox, sollten die elektronischen Hilfsmittel doch eine Arbeitserleichterung bewirken und mehr Zeit für andere Aktivitäten lassen. Wie kann das „bisschen Hausarbeit“ angesichts des ganzen Arsenals an modernen Haushaltsgeräten noch so viel Zeit in Anspruch nehmen? „Dass die Elektrifizierung im Haushalt durch Erfindungen wie Staubsauger oder Geschirrspüler ab dem 20. Jahrhundert die Hausarbeit deutlich erleichtert oder reduziert hat, stimmt schlichtweg nicht“, konstatiert die Ökonomin Gabriele Michalitsch und stellt weiter fest: „Haushaltsgeräte haben die Hausarbeit nicht verringert, sondern verändert.“ Arbeitssparende Vorrichtungen haben zwar einen großen Teil körperlicher Schufterei aufgehoben, nicht aber die Notwendigkeit zeitaufwendiger Arbeiten zu Hause.

Montag ist Waschtag

Die Einführung von Haushaltstechnologien hat bestehende Tendenzen zu vermehrten Ansprüchen an Sauberkeit und Hygiene deutlich verstärkt. In den 1950er-Jahren wurde die Wäsche im Schnitt nur alle vier Wochen gewaschen. Meistens wurde der Montag für diesen ganztägigen Aufwand reserviert. Seit die Waschmaschine ab den 1960er-Jahren die Privathaushalte im deutschsprachigen Raum eroberte, ist die Häufigkeit des Wäschewaschens auf mehrmals wöchentlich gestiegen. Auch die Menge an Kleidung hat seither stark zugenommen, was regelmäßiges Waschen notwendig machte. Waschmaschinenhersteller haben sich diese Trends mit Sprüchen wie „Machen Sie die Waschmaschine zu Ihrem Wäschekorb und waschen Sie jeden Tag“ zunutze gemacht. Die Ökonomin Michalitsch plädiert dafür, in der Haushaltstechnologiedebatte auch die Veränderungen in der Versorgungsarbeit der Kinder zu berücksichtigen. Ein zunehmend kinderzentrierter Ansatz verlangt Frauen viel mehr Zeit ab als noch vor einigen Jahrzehnten. Zeitersparende Effekte der Elektrifizierung werden dadurch sowie durch gestiegene Ansprüche an Sauberkeit und Hygiene großteils geschluckt.
Ein Grund, warum Frauen nach wie vor in so hohem Ausmaß mit Waschmaschine und Staubsauger beschäftigt sind, ist die geschlechtliche Arbeitsteilung. Sie ist quasi nicht vorhanden. „80 Prozent der unbezahlten Arbeiten in Österreich werden von Frauen geleistet, unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind oder nicht“, so Michalitsch. Durch die Technologisierung der Hausarbeit habe sich daran wenig geändert, im Gegenteil: Zeit für Hausarbeit sei eine große Konstante im Zeitbudget.

Frauensache oder Männertechnik

Warum ist Hausarbeit immer noch Frauensache, wo doch Technik gerne den Männern zugeschrieben wird? „Die Zuschreibung ‚Mann und Technik‘ macht vor dem Haus halt“, so die Ökonomin. Während Männer im Singlehaushalt noch aktiv putzen, waschen und einkaufen, reduziert sich das massiv, wenn erst mal eine Frau im Haus lebt. Ein Großteil der Haushaltstechnologien wird somit von Männern entworfen, denen die häuslichen Aufgaben in der Praxis nach wie vor weitgehend fremd sind. Anderer Ansicht ist der geschäftsführende Gesellschafter des Herstellers Miele Reinhard Zinkann, der meint, „dass Haushaltsgeräte einen größeren Anteil an der women’s liberation haben als jede Politik, jede Partei oder jedes Gesetz“. Immerhin habe er schon als Schüler im Internat Wäsche gewaschen. Diese Aussagen spiegeln weitverbreitete Mythen wider. Einerseits wird dadurch suggeriert, dass Frauen durch Haushaltsgeräte mehr Zeit für Erwerbstätigkeit oder Freizeit hätten, andererseits, dass Männer sich nun mehr an der Hausarbeit beteiligen würden. Beides ist nicht der Fall. Die Technologisierung des Haushalts würde Michalitsch daher nicht in Verbindung mit Emanzipation setzen. Seit dem 20. Jahrhundert haben Frauen Zugang zum Erwerbsleben, unabhängig von der häuslichen Technologieentwicklung. Hingegen zeigt sich, dass sich Hausarbeit und Beruf nicht besser vereinbaren lassen, sondern die Gesamtarbeitszeit berufstätiger Frauen steigt.

„Beneidenswerte Frauen“

Die Hoffnungen auf Befreiung von unliebsamer Hausarbeit wurden stark von der Werbung geprägt. „Hausarbeit ganz nebenbei“ – mit solchen Schlagzeilen wurden Frauen als potenzielle Zielgruppe schon Mitte des 19. Jahrhunderts von der Werbung umgarnt. Dabei hielt sie traditionelle Geschlechterrollen aufrecht. Staubsauger, Kühlschrank und Waschmaschinen wurden als unentbehrliche Haushaltshilfen für die Hausfrau angepriesen. Dank elektrischer Geräte sei es spielend einfach, die ansonsten mühsame Arbeit im Haus zu erledigen. Nebenbei bliebe Zeit für Frisör, Kaffeeklatsch oder in späterer Folge für den eigenen Wunsch nach Erwerbstätigkeit. Waschmaschinenwerbungen versprachen Frauen ein besseres Leben, eine bessere Qualität der Hausarbeit und (ökonomische) Unabhängigkeit. Besonders betont wurde Mitte des 20. Jahrhunderts die Doppelrolle der berufstätigen Frau, die mühelos Haushalt und Arbeit vereinbaren könne. Mit der Elektrifizierung der Haushalte wurden Frauen zunehmend als Zielgruppe und Trägerinnen von Werbung entdeckt. In einem Kinospot für die Construkta-Waschmaschine aus dem Jahr 1956 mit dem Titel „Beneidenswerte Frauen“ beteuert eine Hausfrau, dass ihre Zeit nun vorbei sei. Die Construkta, die wie die meisten Waschmaschinen einen weiblichen Namen trägt, arbeite gründlicher, schonender und bedeutend schneller. 57 Jahre nach diesem Spot zeigt sich, dass die Zeit der hausarbeitenden Frauen noch lange nicht vorbei ist.

Fortschritt oder Rückschritt?

Neue Technologien sind aus den Haushalten nicht mehr wegzudenken. Die Werbung hat ihren Teil dazu beigetragen, indem sie Frauen ihren Wunsch nach Arbeitserleichterung und mehr Zeit von den Lippen las. Wer würde heute noch seine Waschmaschine gegen eine Waschrumpel eintauschen wollen? Das wäre nicht nur technikfeindlich, sondern auch äußerst rückschrittlich. Immerhin haben die Entwicklungen der Haushaltstechnologie eine deutliche Reduktion körperlicher Belastungen mit sich gebracht und stellen unter dieser Betrachtungsweise einen klaren Fortschritt dar. Mit Emanzipation, der Möglichkeit der Erwerbstätigkeit oder Freizeitgewinn haben Haushaltstechnologien jedoch gar nichts zu tun. Auch an den Verhältnissen, wer sich der Haus- und Versorgungsarbeit annimmt, haben sie nichts verändert. „Die Arbeiten sind körperlich zwar weniger anstrengend geworden, dafür psychisch oder emotional fordernder“, resümiert die Ökonomin Gabriele Michalitsch und fragt, worin der Fortschritt bestehe, wenn die Gesamtarbeitszeit von Frauen noch viel größer geworden ist? Warum werde so viel Energie und Sachverstand in die Mechanisierung der Hausarbeit gesteckt, anstatt in ihre Verteilung? Technik allein bringt keinen Fortschritt. Und schon gar keine Emanzipation.

„Beneidenswerte Frauen“, Werbung für Construkta-Waschmaschine, Kinospot von 1956: 
www.youtube.com/watch?v=buFSXFefCX8

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Von Irene Steindl, Freie Redakteurin

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 04/13.

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