Ein lateinisches Sprichwort besagt, die Wahrheit sei eine Tochter der Zeit. In den Redaktionen des Landes wissen wir aber auch, dass es Zeit, mitunter viel Zeit braucht, um Sachverhalten auf den Grund zu gehen, das journalistische Einmaleins von „Check – Recheck – Doublecheck“ konsequent anzuwenden und Wahrheiten ans Licht zu bringen.
Diese Zeit kostet Geld – Geld, das die Medienhäuser nicht mehr haben, rinnt das große Werbebudget doch längst zu globalen Digitalkonzernen und nicht zu den Nahversorgern auf dem klassischen heimischen Medienmarkt. Das Resultat: Der Qualitätsjournalismus steht unter Druck. Der Befund ist nicht neu und wird von Akteur:innen der Branche mit steigender Intensität erhoben. Was immer noch fehlt, ist eine Therapie, die ihm folgt. Denn schwächelt der Journalismus, schwächelt die Demokratie.
Tanzen auf allen Kirtagen
Quer durch die Republik reagieren Medienunternehmen auf finanzielle Einbußen mit Personalabbau in den Redaktionen. Das mag kurzfristig für Zahlen und Budgets gut sein, nicht aber für den Bestand und Ausbau von Journalismus mit Anspruch – ausgedünnte Redaktionen beschleunigen die Abwärtsspirale. Gleichzeitig und nicht zufällig wachsen „alternative“ Medien diverser Parteien und Gruppierungen aus offensichtlich gut genährten Böden. Die Existenzangst führt zu Verzweiflungsakten in den Führungsetagen, wie dem Drang, auf allen Kirtagen zu tanzen und das Zählen von Klicks, Paid Conversions und Verweildauern zum Maß aller Dinge zu erheben. Von Zugriffszahlen auf Relevanz zu schließen, ist ein fataler Irrtum. Wer sich beliebig und austauschbar macht, ist beliebig und austauschbar. Die Branche hat nur eine Überlebensversicherung: Qualität. Für nichts anderes werden Leser:innen künftig bezahlen.
Die Absicherung des Medienstandortes beginnt in jedem einzelnen Medienhaus mit der fundierten Ausbildung junger Kolleg:innen und unterstützenden Arbeitsbedingungen. Dazu zählen individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, der Stopp permanenter Arbeitsverdichtung – etwa durch die Bespielung unterschiedlicher Darstellungsformen (Text, Foto, Audio, Video) in Personalunion – und eine adäquate Bezahlung, die der hohen Beanspruchung und Verantwortung gerecht wird.
Qualitätsjournalismus fördern
Ohne Förderungen durch die öffentliche Hand sind diese Standards nicht umsetzbar. Es ist höchste Zeit, Qualitätsjournalismus – plattformunabhängig – wirklich und nachhaltig abzusichern, über die Dauer einer Bundesregierung hinaus. Zusätzlich zu der restriktiv reglementierten Qualitätsjournalismusförderung braucht es daher die steuerliche Absetzbarkeit eines Abos (Print oder digital) für jeden Haushalt. Damit wäre den Medienhäusern geholfen und der Zugang zu faktenbasierter Information für alle garantiert.
Gemeinsam haben Politik und Medien die Verantwortung, den Wert seriöser journalistischer Arbeit im kollektiven öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Dieser Wert hat seinen Preis – einen Preis, den eine liberale Demokratie verpflichtet ist zu bezahlen.