Seine Message könnte klarer nicht sein. Du bist nur etwas wert, wenn du etwas leistest. Ergo: Wenn du nichts leistest, bist du nichts wert.
Diese Ansicht war immer schon tief im durchwegs konservativen und autoritätsgläubigen österreichischen Mindset verankert. Die schwarz-blaue Regierung verfestigt sie mit jedem öffentlichen Auftritt, mit jeder sogenannten „Reform“ in ausnahmslos jedem Ressort. Diejenigen, die leisten wollen und können, sollen bestärkt werden, während die anderen, die aus welchen Gründen auch immer keiner entsprechenden Erwerbsarbeit nachgehen, die gesamtgesellschaftliche Geringschätzung spüren sollen. Sie sollen sich schämen. Denn Scham erzeugt Druck.
Druck als „Anreiz“
Druck, den die Regierung gerne als „Anreiz“ verkauft. Man kennt das alles von Hartz IV in Deutschland. Wohl ein Modell, bei dem Kurz und Co. das Wasser im Mund zusammenlaufen muss. Sich ausbeuten lassen für die Wirtschaft und für ein bisschen Würde, die eigentlich keine ist. Besser prekär im Niedriglohnsektor als gar nicht arbeiten, um nicht enteignet zu werden. Dass über ein ähnliches Konzept für Österreich zumindest schon laut nachgedacht wurde, ist unbestritten und nachlesbar.
Man kennt das alles von Hartz IV in Deutschland. Wohl ein Modell, bei dem Kurz und Co. das Wasser im Mund zusammenlaufen muss. Sich ausbeuten lassen für die Wirtschaft und für ein bisschen Würde, die eigentlich keine ist.
Scham und Druck führen außerdem zu sozialer Isolation und zum Rückzug aus dem politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Die Frage nach der Jobsituation wird unerträglich. Situationen, in denen sie gestellt werden könnte, werden vermieden. Nur, wer etwas leistet, ist etwas wert. Das große Mantra des Neoliberalismus läuft verstärkt durch die politischen EntscheidungsträgerInnen in Endlosschleife in den Köpfen der Menschen ab.
Arbeitslosigkeit wird zum unerträglichen Zustand gemacht
Arbeitslosigkeit wird dabei als individuelles Versagen interpretiert. Strukturelle Probleme, die den Arbeitsmarkt in vielerlei Hinsicht prägen, werden negiert oder gar nicht erst thematisiert. Arbeitslos zu sein muss ein unerträglicher Zustand sein. Langzeitarbeitslos zu sein sollte am besten gar keine Option sein. Am besten wäre es also, diese Option einfach zu streichen.
Arbeitslosigkeit wird dabei als individuelles Versagen interpretiert. Strukturelle Probleme, die den Arbeitsmarkt in vielerlei Hinsicht prägen, werden negiert oder gar nicht erst thematisiert.
Es ist die Notstandshilfe, die diese Option als Leistung nach dem Arbeitslosengeld und statt bzw. vor der Mindestsicherung bietet. Sie ist ein wichtiger Anker, den manche Gruppen noch dringender brauchen als andere. Menschen, die es am Arbeitsmarkt ohnehin schon schwer haben. Ältere, psychisch oder körperlich kranke Menschen, Menschen mit Behinderung, von Diskriminierung betroffene Menschen generell. Der Arbeitsmarkt ist schließlich kein Vakuum. Dass einst erfolgreiche Maßnahmen, die zumindest einige von ihnen fair in den Arbeitsmarkt integrieren und so vor Armut und Abhängigkeit bewahren hätten können, mittlerweile von der Regierung gestrichen wurden, ist bekannt.
Frauen: zurück in Abhängigkeitsverhältnisse
Und dann wären da noch Frauen. Es ist nicht lange her, dass bei Bezug der Notstandshilfe das Partnereinkommen nicht mehr angerechnet wird. Beschlossen im September 2017, trat diese Regelung am 1. Juli 2018 in Kraft. Betroffen waren mehrheitlich Frauen – etwa 17.500 österreichweit – die nicht die volle Leistung in Anspruch nehmen durften, wenn ihr im selben Haushalt lebender Partner zu viel verdiente. Ein sehr später, aber wichtiger Schritt für die Stärkung ihrer ökonomischen Unabhängigkeit. Wird die Notstandshilfe nun gestrichen bzw. neu geregelt, kann das Frauen zurück in Abhängigkeitsverhältnisse treiben.
Das Risiko einer Schwangerschaft ist für manche ArbeitgeberInnen nach wie vor ein Dealbreaker. Nicht offiziell natürlich. Das wäre verboten.
Warum? Weil Frauen am Arbeitsmarkt immer noch strukturell benachteiligt werden, wie etwa auch arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer im Interview betont. Man denke an Teilzeitjobs und Unterbrechungen aufgrund von Karenzzeiten und immer noch ungleich verteilter nachfolgender Sorgearbeit. Das Risiko einer Schwangerschaft ist für manche ArbeitgeberInnen nach wie vor ein Dealbreaker. Nicht offiziell natürlich. Das wäre verboten.
Langzeitarbeitslose bangen
Was wird also passieren mit der Notstandshilfe? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass alles so bleibt, wie es ist. Auch, wenn Beate Hartinger-Klein das zuletzt versprochen hat. Wie vertrauenswürdig eine Sozialministerin ist, die sogar stolz darauf ist, die Mindestsicherung für Kinder gekürzt zu haben, ist fraglich. Es ist genauso unwahrscheinlich, dass die neue Notstandshilfe sich 2019 zum Positiven verändern wird. Langzeitarbeitslose bangen. Viele von ihnen heimlich, weil sie sich schämen. Das Kurz’sche Leistungsmantra im Hinterkopf.