Käthe Leichter: Frauenarbeit und Wirtschaftskrise (Zum Gewerbeinspektorenbericht 1925), Arbeit&Wirtschaft, 23/1926

Für Käthe Leichter war klar: Die Krise trifft Frauen. In ihrem Artikel von 1925 für die Arbeit&Wirtschaft widmete sie sich den besonderen Herausforderungen, die Wirtschaftskrisen für Frauen bedeuten.
Der Gewerbeinspektorenbericht sagt selbst, dass gerade der verminderte Arbeiterstand das Bestreben der Unternehmer steigert, die Arbeitsleistung der einzelnen Arbeitskraft zu erhöhen. Die Arbeiterin aber wird von dem Gespenst des Abbaues, von der Notwendigkeit, mit ihrem Verdienst auch den anderer arbeitslos gewordener Familienmitglieder zu bestreiten, zu immer rascherer Arbeit getrieben.
So erzählt der Bericht, dass das Streben der Unternehmer, die Lohnkosten möglichst Herabzusetzen, dazu führt, dass sogar jugendliche Hilfsarbeiterinnen, zu gefährlichen Maschinenarbeiten herangezogen werden.
Hier können wir wieder einmal Festellen, wie die erbärmlich niedrigen Frauenlöhne die Frauen geradezu antreiben, ihre gesetzlich begrenzte Arbeitszeit durchbrechen zu lassen, um den kargen Arbeitsverdienst ein wenig zu erhöhen. So wird im Gast- und Schankgewerbe von 80- bis 100 stündigen Arbeitswochen berichtet, von 70 bis 74 Stunden im Kleinhandel, in der Vorarlberger Stickereiindustrie wechseln Zeiten der Kurz- mit solchen der Überarbeitszeit.
Der Bericht ist vor allem eine Anklage, eine scharfe Anklage gegen dieselbe kapitalistische Gesellschaft, die von der Heiligkeit der Frau phantasiert und doch die schwersten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schädigungen der Frauen ruhig hinnimmt, sobald sie ein Mittel bedeuten, die Betriebskosten zu senken. Sie sind aber auch eine Mahnung für uns selbst: den arbeitenden Frauen immer wieder zu zeigen, dass die Wirtschaftskrise für die arbeitenden Frauen noch ganz andere Gefahren hat als die der Arbeitlosigkeit, dass sie nur zu leicht der Ausgangspunkt des Lohndruckes, der Durchbrechen der sozialpolitischen Schutzgesetzgebung für die gesamte Arbeiterbewegung werden können.
Den gesamten Artikel finden Sie hier.