100 Jahre Arbeit&Wirtschaft: 1923-1934

Ein Plakat mit der Aufschrift "Geist siegt über Gewalt" an der Fassade der Arbeiterbücherrei während dem Staatsstreich unter Dollfuß. Symbolbild für die Jahre 1923-1934.
1923-1934: Mit dem Transparent „Geist siegt über Gewalt“ bezog 1933 die Arbeiterbücherei Margareten klar Stellung. | © ÖNB/Hilscher
© ÖNB/Hilscher

Inhalt

  1. Seite 1 - Von „roaring twenties“ nichts zu spüren
  2. Seite 2 - Ereignisse, die prägten
  3. Seite 3 - Käthe Leichter
  4. Seite 4 - Otto Neurath
  5. Auf einer Seite lesen >
100 Jahre Arbeit&Wirtschaft – 100 Jahre Zeitgeschichte. Wir wollen zum hundertsten Geburtstag der Arbeit&Wirtschaft auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblicken und zeigen, was sich wirtschaftlich und politisch in den letzten Jahrzehnten getan hat. Ein Blick auf die wichtigsten wirtschaftlichen Ereignisse und die herausragenden Redakteur:innen der Arbeit&Wirtschaft.
Das erste Jahrzehnt der Arbeit&Wirtschaft – und Österreichs Wirtschaft schwankte. Auf einen Wirtschaftsboom folgte ein Crash, die Arbeitslosigkeit stieg rapide an. Politisch geht es abwärts: Das demokratische Österreich wird zur Diktatur.

1923-1934: Von „roaring twenties“ nichts zu spüren

Nach dem großen Sterben des Ersten Weltkrieges kam der Boom. Die Nachkriegsinflation, die erst ab 1922 in eine Hyperinflation überging, beeinflusste die Binnenkonjunktur positiv und war ein erheblicher Wettbewerbsvorteil für den Außenhandel. Allerdings verringerte die positive Wirtschaftsentwicklung auch notwendige Anpassungsschritte. Die Internationale Wirtschaftsentwicklung schlug in den ersten Nachkriegsjahren kaum auf Österreich durch.

Als die Geldentwertung zusehends außer Kontrolle geriet, entschied sich die konservative Bundesregierung unter Bundeskanzler Johann Schober und in ihrem Gefolge jene unter Ignaz Seipel für eine Sanierung durch Auslandskredite. Weil die Geldgeber ausgabenseitige Sanierungsauflagen zur Bedingung machten, konnte die Bundesregierung jene Austeritätspolitik, die sie ohnehin hatte betreiben wollen, als von außen aufoktroyiert darstellen – mitsamt ihren negativen sozialen Konsequenzen, die wesentlich zur gesellschaftlichen Polarisierung der folgenden Jahre beitrug.

Im Augenblick spricht man von einer
Krise der Demokratie – zahlreiche
Erscheinungen scheinen dieses
Wort zu rechtfertigen.

Karl Renner, Arbeit&Wirtschaft, 21/1926

Im Zuge der „Stabilisierungskrise“, also der strikten Deflationspolitik, die Wachstumsimpulsen weitgehend den Boden entzog, wurden auch die Probleme überdeutlich, die der Strukturanpassung beim Übergang von der europäischen Regionalmacht zum Kleinstaat geschuldet waren. In Erinnerung geblieben sind vor allem Turbulenzen in einem überdimensionierten Finanzsektor, besonders der Crash der Bodencredit 1929 und in weiterer Folge 1931 der Zusammenbruch der Creditanstalt als größter Bank des Landes.

1923-1934: Harte Zeiten, wenig Arbeit

Das vergangene Jahr brachte
den Höhepunkt der Kohlekrise.

Hermann Heindl, Arbeit&Wirtschaft, 7/1931

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten blieben jedoch nicht auf die Geldhäuser beschränkt. Die Wachstumsraten lagen während der ganzen 1920er Jahre unter dem europäischen Schnitt, Österreich war ein Niedriglohnland, die Abschottung der Binnenmerkte in den Sukzessionsstaaten der Monarchie tat ein übriges, um ein Verharren auf niedrigem Niveau sicher zu stellen. Mit der Weltwirtschaftskrise folgten ab 1929 tiefe Einbrüche, so sank bis 1933 die Produktion in der Metallindustrie um über 60 %, in der verhältnismäßig günstig davongekommenen chemischen Industrie immer noch um 20%.

So kann niemand, der eine Spur von Verstand und Gewissen hat,
ernstlich behaupten, dass eine Herabsetzung
des gesetzlichen 50-prozentigen Überstundenzuschlags
eine Entlastung der Wirtschaft
herbeizuführen geeignet wäre.

Otto Leichter, Arbeit&Wirtschaft, 10/1926

Die Arbeitslosigkeit explodierte folgedessen förmlich, was eine Abwärtsspirale in Gang setzte, so sank die Konsumgüterproduktion bis 1938 kontinuierlich, zugleich brachte die soziale Misere die kommunalen Finanzen (die für die Bedeckung der Fürsorgeleistungen verantwortlich waren) an ihre Grenzen. Das wirkte wiederum negativ auf deren Bautätigkeit zurück: bis 1933 erfuhr das Baugewerbe ein Minus von mehr als 50%.

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