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Polizei gegen Streikende in Böhmen im Jahr 1894. Polizei gegen Streikende in Böhmen im Jahr 1894. Kleine Lohnerhöhungen wurden noch gegen 1900 oft mit Verletzten, manchmal sogar Toten und Arbeitsplatzverlust erkauft.

Historie: Eine gesündere Kampfbasis

Der Vierte Gewerkschaftskongress riet 1903 zum Abschluss von Kollektivverträgen zwischen starken Organisationen.

1896 schloss die Organisation der BuchdruckerInnen den ersten Kollektivvertrag im engeren Sinne des Wortes  ab. So zumindest formulierte es Julius Deutsch 1908 in seiner Untersuchung über das Kollektivvertragswesen in den „Reichsratsländern“ der Habsburgermonarchie und damit auch im heutigen Österreich. Ein „echter Kollektivvertrag“ sei daran zu erkennen, dass es sich bei beiden Vertragsparteien immer um Organisationen handle, nie nur um einzelne Unternehmen und ihre Beschäftigten, und damit um eine zumindest regionale Geltung. Von solchen „echten Kollektivverträgen“ kamen bis 1908 nur wenige zustande, andere Arten von Tarifverträgen waren leichter durchzusetzen: Werkstätten- oder Firmenverträge zwischen einem einzelnen Unternehmen und einer Gewerkschaft oder Gruppenverträge zwischen Gewerkschaft und mehreren einzelnen Unternehmen.

Der zweite „echte Kollektivvertrag“ wurde 1903 im Bereich der Metallindustrie abgeschlossen, und zwar zwischen dem „Verband der Metallarbeiter Österreichs“ und der „Vereinigung der Galanterieschlosserwaren- und Bronzewarenerzeuger“. Er brachte den ArbeiterInnen unter anderem den 9-½-Stunden-Tag (statt des gesetzlichen 11-Stunden-Tages) und die Einführung von Mindestlöhnen. Dem Metaller-KV vorangegangen war ein 15-wöchiger Streik in Wien. Und um die Frage, ob Kollektivverträge eine neue effizientere Kampfform darstellen würden oder den Verzicht auf den konsequenten Einsatz für ArbeitnehmerInnen-Interessen bedeuteten, ging es auch in der Diskussion beim Vierten Reichskongress der Freien Gewerkschaften im Juni 1903. Die Zunahme der Tarifverträge, zum Teil mit problematischem Inhalt, war Anlass zu einer grundsätzlichen Stellungnahme, die KV-Abschlüsse als Fortschritt für die Interessenvertretung bewertete, aber darauf aufmerksam machte, dass sie nur zwischen starken Organisationen beider Vertragspartner sinnvoll seien. Hier ein Auszug aus diesem Grundsatzdokument der österreichischen Gewerkschaftsbewegung zur Kollektivvertragspolitik:

Der Kongress hält den Abschluss von Tarifgemeinschaften (kollektiven Arbeitsverträgen) für geeignet, das Wesen der Lohnkämpfe auf eine gesündere Basis zu stellen als bisher und unbedachten Lohnkämpfen vorzubeugen, deren Resultat in keinem Verhältnis zu den hierfür aufgewendeten Opfern steht. … Obzwar sich allgemeine Regeln hierfür nicht aufstellen lassen, so sind Tarifgemeinschaften doch überall dort empfehlenswert, wo starke Organisationen sowohl der Arbeiter wie auch der Unternehmer vorhanden sind, welche die Gewähr für Durchführung und Aufrechterhaltung der getroffenen Vereinbarungen bieten. … Um die hier ausgesprochenen Prinzipien in Zukunft wirksamer zur Durchführung bringen zu können und um überall den nötigen Einfluss auf die Festsetzung der Arbeitsbedingungen zu gewinnen, empfiehlt der Vierte österreichische Gewerkschaftskongress den einzelnen Berufen, die bereits bestehenden Organisationen auszubauen und durch Zuführung ausreichender Mittel zur Erfüllung aller, einer modernen Organisation zukommenden Aufgaben fähig zu machen.

Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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