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Symbolbild zum Bericht: Neues aus der SOZAK
Neues aus der SOZAK

Instrument Wirtschaftsgespräch

Neues aus der SOZAK

Es zählt zu den wichtigsten Instrumenten und gleichzeitig Herausforderungen. Die SOZAK stellt hierfür einen detaillierten Leitfaden zur Verfügung.

In Österreich haben BetriebsrätInnen einen Anspruch darauf, mit der Geschäftsleitung über die aktuelle wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu sprechen und zu diskutieren. Dieses Recht ist sogar im Arbeitsverfassungsgesetz verankert.

Von Informationen profitieren

Der Betriebsrat „genießt“ besondere Informations-, Interventions- und Beratungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Dabei umfasst das allgemeine Informationsrecht der BelegschaftsvertreterInnen alle Aspekte, die die Interessen der ArbeitnehmerInnen betreffen – sei es wirtschaftlicher, sozialer, gesundheitlicher oder kultureller Natur. Daher sind aufgrund des Beratungsrechtes zumindest vierteljährlich Beratungen mit der Geschäftsleitung durchzuführen, diese ist laut Gesetz dazu verpflichtet, den Betriebsrat über wichtige Angelegenheiten zu informieren. Das sogenannte Wirtschaftsgespräch gilt als eines der wichtigsten Instrumente, die den BetriebsrätInnen zur Verfügung stehen, um die Interessen der Belegschaft im Betrieb durchzusetzen. Von einem gut geführten Wirtschaftsgespräch profitiert gleich die ganze Belegschaft, die einen zusätzlichen Blick in das Innere des Unternehmens gewinnen kann.

Vorbereitung und Nerven

Wirtschaftsgespräche mit der Geschäftsleitung zu führen fordert von BetriebsrätInnen viel Vorbereitung und Nerven. Sie stellen für viele eine große Herausforderung dar, denn wenn die Beziehung zur Geschäftsleitung nicht die Beste ist oder das wirtschaftliche Fachwissen fehlt, begibt man sich nicht nur auf ein unsicheres, sondern auch gefährliches Terrain.
Um BelegschaftsvertreterInnen zu unterstützen, hat die SOZAK im Rahmen der Projektgruppen das Wirtschaftsgespräch zum Thema gemacht und die TeilnehmerInnen aufgefordert, sich mit diesem Instrument intensiv auseinanderzusetzen. BetriebsrätInnen wird somit eine Hilfestellung für Fragen angeboten wie: Wo kann ich mir als BelegschaftsvertreterIn Hilfe und Unterstützung holen? Was muss ich bei der Vorbereitung für ein Wirtschaftsgespräch beachten? Wie gehe ich das Gespräch an? Wie kann ich das Gespräch führen? Wie sieht die Nacharbeit aus?
Ali Dogan, Karl Orthaber, Mario Schmidt, Patrick Christian Bauer und Peter Marchsteiner beschäftigten sich einige Monate mit dem Wirtschaftsgespräch. Das „hilfreiche“ Ergebnis ist die Broschüre „Machtinstrument Wirtschaftsgespräch“, die Fragen beantwortet, Unsicherheiten nehmen will und als Hilfestellung für das Gespräch dienen soll. Es werden sogar Muster für das Gespräch als Leitfaden bereitgestellt sowie ein Überblick über die grundlegendsten Informationen über Gesetze und Wirtschaft.

Wissen ist Macht

Eine gründliche Vorbereitung ist schon einmal die halbe Miete für ein gelungenes Wirtschaftsgespräch. Hierfür haben die SOZAK-TeilnehmerInnen eine Checkliste erarbeitet, die in der Planungsphase zur Orientierung herangezogen werden kann. Idealerweise beginnt man bereits einen Monat vor dem Gespräch, Informationen wie Rechnungen, Statistiken, Hintergrundinfos, Studien etc. zu sammeln, Unterlagen anzufordern und gegebenenfalls die zuständige Gewerkschaft oder Arbeiterkammer zurate zu ziehen. Die AK kann zum Beispiel bei der Analyse der Bilanz behilflich sein.
Nach dieser Phase wäre es ratsam, eine Betriebsratssitzung abzuhalten, um im Vorfeld die wichtigsten Fragen zu erläutern und Rahmenbedingungen abzustecken. Wenn es klar ist, in welche Richtung das Wirtschaftsgespräch geht, welche Themen behandelt und welche Probleme angesprochen werden sollen, gehört es sich, eine Agenda für das Gespräch zu erstellen und diese der Geschäftsleitung im Vorhinein zu übermitteln.

Kommunikation als Vorbereitung

Im Leitfaden „Machtinstrument Wirtschaftsgespräch“ geben die fünf Autoren wertvolle Tipps zur optimalen Vorbereitung, Gesprächsführung und -aufarbeitung. So raten sie, in der Vorbereitungsphase ExpertInnen einzubinden. Dies ermöglicht nicht nur einen besseren Ein- und Überblick über die Situation der ArbeitnehmerInnen im Unternehmen, sondern spricht den BetriebsrätInnen ganz nach dem Motto „Wissen ist Macht“ mehr Kompetenz im Gespräch zu. Auch die KollegInnen des Betriebsratsgremiums müssen rechtzeitig ins Boot geholt werden, bestenfalls sollte eine Sitzung vor und eine nach dem Gespräch einberufen werden. So haben die BetriebsrätInnen die Möglichkeit, Fragen und Forderungen zu stellen, die dann im Reflexionsgespräch noch einmal angesprochen und beantwortet werden können. Genauso wichtig ist es, die ArbeitnehmerInnen zu berücksichtigen, sie laufend über die Situation und Geschehnisse im Betrieb zu informieren, aber auch ihr Feedback, Meinungen, Stimmungsbilder und ihre Expertise einzuholen. Die Autoren raten zu simplen Gesprächen mit einzelnen KollegInnen, in denen sich „Erfahrungen mit Ängsten und Gerüchten vermischen“. Diese soll der Betriebsrat aufgreifen, sammeln und im Wirtschaftsgespräch als Fragen anwenden.
Drei Punkte sind wesentlich für ein gutes Wirtschaftsgespräch: Geschäftsleitungen übernehmen gut und gerne die Führung des Gesprächs, BetriebsrätInnen haben oft wenig oder kaum die Chance, zu Wort zu kommen. Dies kann man unterbinden, indem man mit sachlichen Zwischenfragen sanft unterbricht. Oft greifen Geschäftsführer Themen auf, in denen oft kein unmittelbarer Zusammenhang zur Belegschaft zu stehen scheint oder die Konsequenzen für diese nicht sofort erkennbar sind. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte der Betriebsrat immer wieder detailliert nachfragen.
Die Autoren empfehlen zudem, dass immer zwei BetriebsrätInnen zusätzlich anwesend sind, von denen einer stets ein schriftliches Protokoll führt. Dies signalisiert, dass der/die Betriebsrat/-rätin das Gespräch nicht nur ernst nimmt, sondern auch kontrolliert. Die Protokolle erleichtern auch das Vergleichen der Aussagen der Geschäftsleitung mit den wirtschaftlichen Berichten des Unternehmens. Zudem werden im Protokoll Übereinkünfte und Zugeständnisse seitens der Geschäftsführung schriftlich festgehalten. Sollten diese nicht umgesetzt werden, kann dies beim nächsten Wirtschaftsgespräch thematisiert werden. Nicht zuletzt spielt wie bei jedem wichtigen Gespräch das korrekte Auftreten eine wesentliche Rolle. Die richtige Wortwahl und gutes Zuhören mit Know-how und Hintergrundwissen attestieren Professionalität, so erwirbt man sich nicht nur von der Geschäftsleitung Respekt.

Reflektieren und informieren

Permanente Follow-ups nach Gesprächen sind ebenfalls unerlässlich. Jedes Wirtschaftsgespräch sollte innerhalb des Betriebsratsgremiums reflektiert und zudem der Status quo präsentiert werden, um noch vorzeitig Maßnahmen oder notwendige Strategien zu entwickeln. Hier können die BetriebsrätInnen auch immer auf die Unterstützung von Gewerkschaften und Arbeiterkammer zurückgreifen. Neben der Reflexion ist die Kommunikation zu den MitarbeiterInnen eine weitere wichtige Aufgabe, die der Betriebsrat wahrnehmen muss. Die Belegschaft sollte stets transparent über die laufenden Vorgänge informiert werden, sei es über E-Mail-Gruppen oder Betriebsversammlungen, einen Aushang am Schwarzen Brett oder in persönlichen Gesprächen.

Offene Gesprächskultur notwendig

Wirtschaftsgespräche können sich – je nach Verhältnis des Betriebsratkörpers zur Geschäftsleitung – als große Herausforderung erweisen. Schwierig wird es, wenn Unternehmen den BetriebsrätInnen nicht positiv gesinnt sind und über die wirtschaftliche Entwicklung nur wenig oder widerwillig Auskunft geben. Davon sollen BetriebsrätInnen sich jedoch nicht einschüchtern lassen. Durch permanente Einforderungen der Wirtschaftsgespräche durch die BetriebsrätInnen kann die Geschäftsleitung erkennen, dass diese Gespräche mit der Belegschaftsvertretung unverzichtbar sind. So können – und sollen – Wirtschaftsgespräche ein Teil der Unternehmenskultur werden.

Linktipp:
Die AbsolventInnenplattform:
tinyurl.com/zoow92w

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin maja.nizamov@gmx.net oder die Redaktion aw@oegb.at

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