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Unternehmen STOP, Kampagne der Gewerkschaftsjugend Anfang der 1970er-Jahre

Unternehmen STOP

Historie

Die große Kampagne der Gewerkschaftsjugend gegen unzumutbare Ausbildungsbedingungen erregte Anfang der 1970er-Jahre viel Aufsehen.

Seit 1969 galten das Berufsausbildungsgesetz, das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz und die Jugendschutzbestimmungen galten schon viel länger. Der Betriebsalltag der Lehrlinge und jugendlichen ArbeiterInnen verlief aber oft so, als würden diese Gesetze gar nicht existieren. 1972 startete die Gewerkschaftsjugend deshalb eine österreichweite Kampagne, um gegen diese Missstände anzugehen. Die Lehrlinge wurden animiert, fünfzig Fragen schriftlich zu beantworten, parallel dazu begann die ÖGJ mit Aktionen, die unzumutbare Bedingungen in einzelnen Betrieben aufs Korn nahmen. Eine Resolution der ÖGJ Vöcklabruck in Oberösterreich prangerte zum Beispiel die Zustände in einem Gastgewerbebetrieb an. Sie wurde der Bezirkshauptmannschaft, dem Arbeitsinspektorat, der Arbeiterkammer und der Handelskammer (heute Wirtschaftskammer) übermittelt und per Verteilaktionen auf einem Flugblatt öffentlich gemacht – die Möglichkeiten, die das Internet bietet, gab es ja noch lange nicht. In dieser Resolution hieß es:

Die zuständigen Behörden werden aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, um die unzumutbaren Ausbildungszustände der Lehrlinge im Gasthaus X, Vöcklabruck, (Besitzer Herr Y) abzustellen. Es geht nicht an, dass Lehrlinge unter dem Deckmantel des Lernens als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden… Es müsste den Behörden in der Zwischenzeit bekannt sein, dass der Betrieb im Gasthaus X scheinbar nur unter Verletzung der Bestimmungen … aufrecht erhalten werden kann. Da alle bis jetzt getroffenen Maßnahmen Herrn Y nicht umstimmen konnten, fordern wir die zuständigen Behörden auf, Herrn Y das Recht auf Ausbildung (Ausbeutung) zu entziehen.

Auf der Deckseite des Flugblatts stand die Aufforderung: Unterstützt die Fragebogenaktion der Gewerkschaftsjugend zur Einhaltung der Gesetze zum Schutz der arbeitenden Jugend.

Mit der Fragebogenaktion wurden die ÖGJ-Mitglieder und darüber hinaus alle erreichbaren Jugendlichen als AktivistInnen direkt angesprochen:
Es ist gar nicht leicht, ein Unternehmen dieser Größenordnung durchzuführen, nicht einmal für eine Organisation von der Stärke der Gewerkschaftsbewegung. Darum brauchen wir Hilfe. Und die können wir nur von Ihnen bekommen. Von Ihnen ganz persönlich. Denn nur wenn Sie diesen Fragebogen beantworten und an uns einsenden, wenn Sie nicht denken, dass sowieso genug andere es tun und damit ihnen das Handeln abnehmen werden, nur dann haben Sie die Gewähr, dass tatsächlich etwas geschieht.
Als Kampagnenziele formulierte der Fragebogen: Das UNTERNEHMEN STOP will aufräumen mit

  • der Ausbeutung von Lehrlingen als billige Arbeitskräfte unter dem Deckmantel des Lernens;
  • der Verwendung von Lehrlingen zu berufsfremden Arbeiten …;
  • der Ausnutzung jugendlicher Arbeitnehmer aufgrund ihrer relativen Unerfahrenheit – zum Beispiel durch Heranziehung zu unbezahlten Überstunden, … und ähnliches; ….

Etwa 10.000 Fragebögen kamen ausgefüllt zurück – ein Riesen-Mobilisierungserfolg. Ihre Auswertung stellte das Arbeitsprogramm der ÖGJ auf eine neue Basis.

Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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