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Symbolbild zum Beitrag: Menschenrecht gute Arbeit Die Frage nach "GUTER Arbeit" hat die ArbeitnehmerInnenbewegung immer schon begleitet, heute erscheint sie aktueller denn je.

Menschenrecht gute Arbeit

Schwerpunkt

Ist "GUTE Arbeit" eine Utopie? Nein, wenn die arbeitsbezogenen Rechte der UN-Menschenrechtscharta aus dem Jahr 1948 umgesetzt und eingehalten werden würden.

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Sogenannte traditionelle Arbeitsverhältnisse, in der Gestalt dauerhafter Vollzeitstellen mit beständiger sozial- und arbeitsrechtlicher Absicherung, geregelter Normalarbeitszeit sowie guter und regelmäßiger Entlohnung scheinen der Vergangenheit anzugehören. Zumindest aber weisen sie kaum Zuwachsraten auf.

Prekarisierung

Bergauf ging es im letzten Jahrzehnt fast ausschließlich bei der Teilzeitbeschäftigung, der Leiharbeit, der geringfügigen Beschäftigung, der neuen Selbstständigkeit – kurzum bei atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnissen, deren Einkommen vielfach nicht zum Leben ausreichen, sodass eine immer größere Gruppe an ArbeitnehmerInnen in Unsicherheit lebt. Viele dieser Menschen haben in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation keine andere Wahl mehr, als sich den „neuen“ Bedingungen zu beugen. Ein Rekordwert an arbeitslosen Menschen jagt den anderen, da scheint etwa das schlecht bezahlte Praktikum noch die beste Alternative zu sein, um nicht ganz den Anschluss zu verlieren. Aber auch in den traditionellen Arbeitsverhältnissen ist es bei Weitem nicht zum Besten bestellt: Unbezahlte Überstunden, steigender Arbeitsdruck und Arbeitsverdichtung stehen in den Betrieben auf der Tagesordnung.
Die Frage nach „GUTER Arbeit“ hat die ArbeitnehmerInnenbewegung immer schon begleitet, heute erscheint sie aktueller denn je. Dabei wurde bereits mit der Verankerung von arbeitsbezogenen Rechten in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UN-Menschenrechtscharta) im Jahr 1948 ein wesentlicher Baustein gelegt. Darin heißt es, dass jeder „das Recht auf Arbeit, freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit“ hat. Zudem steht allen, die arbeiten, „das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung“ zu, die ihnen und ihrer Familie „eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert“. Auch haben sie „das Recht, zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten“.

Auch im wohlhabenden Europa sind wir von der Erfüllung dieses Anspruchs zum Teil immer noch weit entfernt. Und die aktuellen Entwicklungen weisen in eine falsche Richtung. Längst steht nicht mehr der Mensch im Mittelpunkt allen Wirtschaftens. Die Wirtschaft ist nicht primär zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet. Vielmehr ist Profitmaximierung Selbstzweck und Leitmotiv allen Wirtschaftens. Der Mensch wird auf einen Produktionsfaktor reduziert, menschenwürdige Arbeitsbedingungen erscheinen nur mehr als Kostenfaktor, den immer häufiger die Beschäftigten mit ihrer Gesundheit bezahlen müssen.
Einziges Argument im einschlägigen Diskurs ist die vielumworbene internationale Wettbewerbsfähigkeit. Doch es ist ein Wettbewerb nach unten, für die meisten zumindest. Gänzlich übersehen wird, dass es vor allem auch die sozialen Errungenschaften sind, die Europa in den vergangenen 60 Jahren zu einem vergleichsweise friedlichen Zusammenleben geführt haben und zum stärksten Wirtschaftsraum haben werden lassen. Heute ist sozialer Fortschritt wieder nötiger denn je. Marktgerechtigkeit ist nicht gleich soziale Gerechtigkeit. Soziale Gerechtigkeit relativiert das Urteil des Marktes. Doch was ist unter „GUTER Arbeit“ eigentlich zu verstehen?

Verteilung der Arbeit

„GUTE Arbeit“ bedeutet eine faire, geschlechter- und generationengerechte Verteilung der Erwerbsarbeit auf Basis sicherer Arbeitsplätze. Es darf nicht sein, dass die einen viel zu viel und andere zu wenig oder keine Arbeit haben. Das Paradoxe an der Sache ist, dass neben dem stetig steigenden Druck und den im internationalen Vergleich langen Arbeitszeiten immer mehr Menschen in Österreich keinen Arbeitsplatz finden. Eine faire Verteilung der Erwerbsarbeit würde nicht nur Teilhabe für die einen und Entlastungen für die anderen bringen. Sie wäre auch volkswirtschaftlich sinnvoll: Arbeitslosigkeit ist eine Vergeudung der wertvollsten aller „Ressourcen“. Weniger Menschen ohne Arbeit bedeuten für den Staat weniger Ausgaben (etwa durch die Arbeitslosenversicherung) bei gleichzeitig höheren Einnahmen (etwa durch steigende Lohnsteuereinnahmen). Es entsteht neue Kaufkraft, die einen – gerade aktuell so wichtigen – Konjunkturanstoß bringen würde. Aber auch die Nicht-Erwerbsarbeit muss mehr in den Fokus rücken und nach neuen Kriterien verteilt werden.
„GUTE Arbeit“ muss eine angemessene Entlohnung und damit einen gerechten Anteil am geschaffenen Wohlstand bereitstellen. Es kann nicht sein, dass die Gewinne der Unternehmen ständig steigen und die durchschnittlichen Löhne und Gehälter kaum wachsen bzw. Niedrigeinkommen real sogar sinken.

„GUTE Arbeit“ bedeutet ein menschengerechtes Maß in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsausmaß und garantiert Arbeitsbedingungen, die physische wie psychische Gesundheit erhalten und die Vereinbarkeit von Beruf, Familien- und Privatleben gewährleisten. Gerade unter dem Deckmantel der Flexibilisierung werden viele ArbeitnehmerInnen an die Grenzen der Belastbarkeit gedrängt. Viele arbeiten nahezu rund um die Uhr, flexibel einsetzbar, jederzeit abrufbar. Ständig präsent ist die Angst all jener, die – noch – Arbeit haben, im Konkurrenzkampf um Arbeit (mit dem Rest der Welt, wie uns suggeriert wird) zu bestehen. Reine Profitabilität ist keine Garantie für den Bestand von Arbeitsplätzen mehr. Es gibt einen Konkurrenzkampf um die Gunst der Shareholder. Der Druck der Finanzmärke, mit denen man in unmittelbare Konkurrenz gesetzt wird, gelangt in alle Ebenen der Betriebe und wird bis zum/zur einzelnen MitarbeiterIn weitergereicht. Das Resultat: Menschen klappen zusammen, werden krank, körperlich und seelisch. Burn-out-Raten erreichen neue Höchststände, die AktionärInnen freuen sich über höhere Profite.
„GUTE Arbeit“ achtet die Würde der menschlichen Person, respektiert und ermöglicht das Einbringen persönlicher Fähigkeiten und sieht die Menschen als UrheberInnen, Mittelpunkt und Ziel allen Wirtschaftens. Menschen sind soziale Wesen, und daher sollte die Würde jeder Leistung im ökomischen Sinn vorausgehen. Maßnahmen wie das Behinderteneinstellungsgesetz, Pflegefreistellungen, die Kultur eines wertschätzenden Umgangs miteinander sind Möglichkeiten, die Würde des Menschen ernst zu nehmen. Das sind soziale Errungenschaften, die nicht als Bremsfaktoren verstanden werden sollten.
„GUTE Arbeit“ ist sozial-ökologisch nachhaltig, stellt Produkte und Dienstleistungen her, die der positiven Gestaltung und Entwicklung der Welt nützen, und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Wenn Arbeit als sinnstiftend erachtet wird, sind Menschen bereit, ihre Fähigkeiten einzubringen und Gutes zu leisten. Menschen wollen auch Arbeit, die dem Grundsatz der Nachhaltigkeit Genüge tut. Gemeinsam haben wir eine Verantwortung gegenüber den nachkommenden Generationen.
„GUTE Arbeit“ umfasst das Recht, Arbeitsinhalte, Entscheidungen und Abläufe mitzugestalten, Fehlentwicklungen im Job aufzuzeigen, sich zu organisieren und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Jeder Schritt auf dem Weg zur „GUTEN Arbeit“ – sei es bei der Entlohnung, den Arbeitsbedingungen oder der Verteilung von Arbeit und Einkommen – ist leider ein hart erkämpfter Schritt. Daher ist eine starke Stimme der ArbeitnehmerInnen von besonderer Bedeutung. Das gilt auf gesamtwirtschaftlicher und überbetrieblicher Ebene, wo sich Gewerkschaften und Arbeiterkammern für die Anliegen und Interessen der ArbeitnehmerInnen einsetzen. Aber auch auf betrieblicher Ebene dürfen die Mitbestimmungsmöglichkeiten für die ArbeitnehmerInnen nicht aufgeweicht werden, sondern müssen weiter ausgebaut werden. Die Rechte der ArbeitnehmerInnen, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, dürfen nicht in Zeiten der Krise auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit geopfert werden. Solidarität, ein Ausbau des Sozialstaats und der ArbeitnehmerInnenrechte sind das Gebot der Stunde.

Initiative
Unterzeichnen Sie die Deklaration für „GUTE Arbeit“!
Die vonseiten der AK mitinitiierte Deklaration für „GUTE Arbeit“ bietet die Möglichkeit, ein klares Bekenntnis auf www.gute-arbeit.at abzugeben.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autoren gerhartinger.p@akooe.at
haider.r@akooe.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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