topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Symbolbild zum Bericht: Die Schule von morgen In einer schneller und zugleich größer werdenden Welt stellt sich die Frage: Welches Wissen soll oder kann die Schule eigentlich vermitteln?

Die Schule von morgen

Schwerpunkt

Welche Lerninhalte braucht es, um Kinder und Jugendliche auf das Leben in einer ungewissen Zukunft vorzubereiten? Und wie kommen diese Inhalte am besten an?

Veränderungen im (österreichischen) Schulwesen gehen in der Regel eher langsam vonstatten. Reformvorschläge und Ideen geistern meist längere Zeit durch Fachbücher und Medien, bevor mit der Umsetzung begonnen wird. Das führt unter anderem dazu, dass Eltern bei Schulbesuchen immer wieder Déjà-vu-Erlebnisse haben oder noch rückwirkend erstaunt und dankbar sind, wie fortschrittlich und tolerant die eigenen LehrerInnen etwa in den 70er-Jahren waren.

Selbstverständlich sind SchülerInnen keine Versuchskaninchen und im Bildungsbereich sind viele Player an Entscheidungen beteiligt. Doch manchmal schaffen es Veränderungen wirklich derart langsam in die Klassenzimmer, dass das ganze System regelrecht weltfremd anmutet. Immerhin sind sich (fast) alle einig: Bildung bedeutet mehr als Berufsausbildung. Einem modernen Schulwesen sollte es gelingen, sowohl ökonomischen Erfordernissen gerecht zu werden als auch Kreativität und individuelle Förderung zu ermöglichen.

Nah an der Praxis

Einer der ersten Schritte auf dem Weg zur Erneuerung sind Schulversuche oder Projekte. Seit einigen Jahren etwa gibt es den Schulversuch „Zwei-Phasen-Schularbeit“. Dabei werden Mathematik- oder Deutsch-Schularbeiten am Ende der Stunde wie üblich abgegeben, aber von den SchülerInnen selbst in der nächsten Mathematik- oder Deutschstunde noch einmal gecheckt und korrigiert. Erst dann wird benotet. Dieses Vorgehen entspricht nicht nur der üblichen Arbeitsweise im beruflichen Alltag, die SchülerInnen beschäftigen sich dadurch auch intensiver mit dem Lernstoff und können ihre Korrekturfähigkeit schulen. Zwei-Phasen-Schularbeiten werden sowohl in Pflichtschulen als auch in AHS-Unterstufen an einzelnen Schulstandorten praktiziert.
Den Übergang ins Berufsleben erleichtern soll das Projekt Fachmittelschule (FMS), das derzeit an Polytechnischen Schulen in fünf Wiener Bezirken in Kooperation mit Neuen Mittelschulen (NMS) läuft. Nach einer ausführlichen Orientierungsphase können SchülerInnen für je drei Wochen in vier von neun möglichen Fachbereichen „schnuppern“. Erst danach entscheiden sie sich fix für einen Fachbereich.

Umfassendes Wissen

Abseits der üblichen Schulfächer oder (un)verbindlichen Übungen gibt es auch noch die sogenannten Unterrichtsprinzipien: Entwicklungspolitische Bildungsarbeit, Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Europapolitische Bildung, Gesundheitserziehung, Interkulturelles Lernen, Leseerziehung, Medienbildung, Sexualpädagogik, Umweltbildung, Verkehrserziehung sowie Wirtschaftserziehung und VerbraucherInnenbildung. Diese sollen sich fächerübergreifend wie ein roter Faden durch den Unterricht ziehen – in welcher Form und wie umfangreich, hängt weitgehend von den Lehrkräften ab.
Politische Bildung ist sowohl Unterrichtsprinzip als auch Schulfach: 1970 als unverbindliche Übung eingeführt, ist sie heute in den einzelnen Schultypen noch unterschiedlich verankert. In der Berufsschule ist sie ein eigenes Unterrichtsfach, in allen anderen Schulformen wird Politische Bildung ab der 8. Schulstufe in Kombination mit (Zeit-)Geschichte, Recht oder Wirtschaftskunde angeboten. Außerdem müssen entsprechende Themen anlassbezogen schon ab der Volksschule in allen Schulstufen fächerübergreifend in den Unterricht eingebaut werden. Laut aktuellem Regierungsprogramm wird Politische Bildung schon ab der 6. Schulstufe im Gegenstand „Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ fix verankert. Ein entsprechender Lehrplanentwurf ist bereits ausgearbeite
t.

Blended Learning

Wie unser Alltag und die Arbeitswelt in 25 Jahren aussehen werden, ist weitgehend ungewiss. Ziemlich sicher ist, dass Computer, Internet und Co eine wichtige Rolle spielen werden. Als Blended Learning bezeichnen ExpertInnen den Mix aus konventionellem Unterricht und digitalen Lehr- und Lernmethoden; „efit21 – Digitale Bildung“ heißt die entsprechende Strategie des BMBF. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek: „Kein Kind soll die Schule ohne digitale Kompetenzen verlassen. Es ist wichtig, Schülerinnen und Schüler so früh wie möglich zu einem reflektierten und sinnvollen Umgang mit digitalen Medien hinzuführen und allen Kindern die nötigen Grundkompetenzen zu vermitteln. Nur so können sie als Gestalterinnen und Gestalter in einer zunehmend digitalisierten Welt eine aktive Rolle übernehmen.“ Die Palette reicht von E-Books im Rahmen der Schulbuchaktion (digi4school) über Smart-Boards als Hightech-Version der üblichen Schultafel bis zu Lernplattformen.

Virtueller Lernraum

„In Österreich steht vier von fünf SchülerInnen der Sekundarstufe eine Lernplattform als virtueller und geschützter Lernraum zur Verfügung, das ist in keinem anderen europäischen Land besser“, so Heinisch-Hosek. Auf diesen Plattformen (z. B. Edumoodle) können sich PädagogInnen vernetzen, Erfahrungen teilen und mit SchülerInnen direkt kommunizieren. Es werden nicht nur Unterrichtsmaterialien angeboten und das selbstständige Lernen und Üben gefördert, auch gemeinsames und klassenübergreifendes Arbeiten an Themen und Projekten ist möglich.
Die ersten Notebook-Klassen wurden bereits in den späten 1990ern eingeführt. Mittlerweile gibt es in ganz Österreich rund 600 Laptop-Klassen und es sollen noch mehr werden. Während anfangs die Kosten noch stolz von den Eltern übernommen wurden, trat mit fortschreitender Verbreitung von Blended Learning immer deutlicher zutage, dass weniger begüterte SchülerInnen finanzielle Unterstützung brauchen.
Mit dem Projekt „Mobile Learning“ wollen BMBF und BMVIT Schulen und Eltern bei der Einführung neuer Technologien unterstützen. 94 Schulen aus 31 regionalen Clustern nehmen daran teil und wurden mit insgesamt rund 2.000 (Leih-)Tablets für den Unterricht ausgestattet – zum Teil finanziert aus den Mitteln der Breitbandmilliarde.
Coole Projektnamen können allerdings nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass Österreich im internationalen Vergleich auch in puncto IT-Skills ziemlich weit hinten liegt. Das Bildungsministerium ist zwar stolz darauf, dass Österreich mit nur 2,9 SchülerInnen pro Computer deutlich unter dem OECD-Schnitt von 4,7 liegt, aber erstens finden sich in der OECD auch weniger begüterte Länder, der Durchschnitt sollte also für ein reiches Land wie Österreich nicht unbedingt ein Maßstab sein. Zweitens gab es in der PISA-Studie „Computers and Learning: Making the Connections“ leider auch einige unerfreuliche Ergebnisse. Bei der aufgabenorientierten Internetsuche etwa lag Österreich deutlich unter dem OECD-Schnitt.

Durchlässigkeit erhöhen

Verbesserungswürdig ist bekanntlich auch die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems. Dabei geht es nicht zwangsläufig um die Erhöhung der AkademikerInnenquote, sondern um echte Chancengleichheit. Inwieweit Schule Begabungen erkennen und die persönliche Entwicklung fördern kann, sogar Spaß machen kann, hängt zu einem großen Teil auch von den Fähigkeiten und dem Engagement der Lehrkräfte ab. Schulen müssen keineswegs jeden Trend mitmachen, aber sie sollten doch am Puls der Zeit sein. Teamteaching etwa sollte angesichts von Integrationsklassen, Projektunterricht und Bilingual Schools auch für LehrerInnen, die sich traditionell eher als EinzelkämpferInnen sehen, zur Selbstverständlichkeit werden. Damit wären sie außerdem auch bezüglich Teamfähigkeit ein Vorbild. Über die Jugend von heute zu klagen, die keinem Vortrag folgen kann, ohne sich nebenbei mit dem Smartphone zu beschäftigen, hilft niemandem.
In Zeiten des Infotainments sind auch Erwachsene schneller gelangweilt und greifen zum Handy – das sich ja auch für Notizen und Hintergrund-Recherche eignet. Die Halbwertszeit von Wissen wird immer kürzer und im Laufe einer jahrzehntelangen Lehrtätigkeit sind Flexibilität und Toleranz unverzichtbar. Im Sinne der Kinder und Jugendlichen bleibt nur zu hoffen, dass diese Eigenschaften durch bürokratische Hürden nicht überstrapaziert werden.

Linktipps

Virtuelle Schule:
www.virtuelleschule.at
OECD-Studie im Internet:
tinyurl.com/qfveyu4
Lehrkräfte-Toolkits zu den Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz (für 7- bis 11-Jährige):
tinyurl.com/qzct8vt

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
afadler@aon.at oder die Redaktion aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum