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Sonja Fercher Sonja Fercher, Chefin vom Dienst

Standpunkt | Das gestohlene Internet

Meinung

Es war Ende Juni, als ich nach einem heißen Tag am Strand an der französischen Atlantikküste zurück ins Landesinnere fuhr. Da ich auf Urlaub war, übte ich mich zumindest zum Teil in Internet-Abstinenz. So fühlte ich mich fast ein bisschen „retro“ mit meiner Straßenkarte, auf der ich mich auf meinem Weg orientierte. Auf einmal ließ mich ein Satz aus dem Radio aufhorchen: „Das Internet wurde gestohlen.“

Mythos gleicher Zugang
Wie soll das bitte gehen, rätselte ich und hörte aufmerksam zu. Man überlegte, wer hinter dieser Tat stecken könnte, welche Konsequenzen dies haben würde und wie die Zukunft nun aussehen könnte. Sind all die Daten verloren? Was bedeutet das für jene Jobs, die ohne Internet nicht zu denken sind? Wie könnte ein neu zu schaffendes Internet aussehen? Es wurde zu bedenken gegeben, dass das Internet keineswegs so egalitär ist, wie man oft meint. Immerhin kontrollieren manche Länder wie etwa China sehr genau, zu welchen Seiten ihre BürgerInnen Zugang haben. Im Jahr 2007 haben die Machthaber von Burma gar die Leitungen für ihr ganzes Land gekappt. Auch in unseren Breiten ist es mit dem gleichen Zugang nicht immer weit her: Am Land ist das Internet oftmals nur schlecht erreichbar. Und auch wenn die Tarife grundsätzlich gesunken sind, so bleibt es für manche eine Frage des Geldes, wie intensiv sie es nutzen können. Zudem mahnen immer mehr ExpertInnen, dass zahlungskräftige KundInnen in Zukunft vorrangig behandelt werden könnten. 

Auch dachte ich darüber nach, welche Konsequenzen es für die A&W selbst haben würde. In Gefahr wäre ihr Erscheinen nicht, der Arbeitsalltag würde aber wohl aufwendiger werden. Zugleich könnte dies für manche bedeuten, dass sie einmal tief durchatmen können. Immerhin geht der digitale Wandel auch mit mehr Stress einher. Davon wissen viele ArbeitnehmerInnen ein Liedchen zu singen, die sich verpflichtet fühlen, in der Freizeit nicht abzuschalten. Dies würde eigentlich klarer Regeln bedürfen, aber auch des Raums, um diese immer wieder an die Bedürfnisse aller (!) Beteiligten anpassen zu können. Dem steht aber die wirtschaftliche Realität in vielen Betrieben gegenüber, in denen der Druck auf die ArbeitnehmerInnen stetig steigt.

Erneut wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Um 21 Uhr gibt US-Präsident Barack Obama eine Pressekonferenz, bei der er zu Details und Hintergründen Stellung nehmen wird“, tönte es aus dem Radio. Ein kurzer Blick auf die Uhr: Das schaffe ich, dass ich dann wieder „zu Hause“ bin. Als ich vor dem Haus vorfuhr, kündigte mein Handy auf einmal mit einem Düdeldü an, dass ich eine SMS erhalten hätte. Da ich mich nun nicht mehr auf den Weg konzentrieren musste, hatte mein Hirn auch wieder Kapazitäten frei: Wenn ich jetzt ein SMS bekommen habe, dann nur, weil das Handy nun wieder mit dem WLAN des Hauses verbunden ist. Also warf ich das Internet an, und siehe da, auf der Homepage des Radiosenders erhielt ich Gewissheit – und musste erst einmal herzlich über mich selbst lachen. Ich war auf ein Gedankenexperiment hereingefallen.

Wandel gestalten
Aber was wäre ein Reinfall ohne die berühmte Lehre, die man daraus ziehen kann: Technik will bewusst genutzt sein. Wenn man sie richtig einsetzt, kann sie  für die Menschen mehr Selbstbestimmung bedeuten. Die große Herausforderung derzeit besteht darin, die Rahmenbedingungen zu gestalten, damit die Menschen die Chancen und Möglichkeiten auch ergreifen können und also die Technik nicht noch mehr zum Fluch wird. Es ist eine spannende Herausforderung für die Gewerkschaften wie für die Gesellschaft als Ganzes. Denn auch wenn vieles im Moment mehr passiert, denn gestaltet wird: Es gibt noch viele Möglichkeiten, diesen Wandel im Sinne der Menschen mitzugestalten.

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