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Sondermarke 20. Jahrestag der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs Der ÖGB befürwortete Österreichs EU-Beitritt mit dem Vorbehalt, dass soziale Verschlechterungen abgewehrt werden müssten. Die Währungsunion sah er, wie die gesamte europäische Gewerkschaftsbewegung, ohne soziale "Konvergenzkriterien" dagegen kritisch.

Die soziale Dimension

Historie

Das Zusammenwachsen der europäischen Staaten stand nicht immer unter dem Vorzeichen neoliberaler Politik im Interesse der Finanzmärkte.

Der Europäische Gewerkschaftsbund EGB forderte 1988 mehrmals eine „EG-Charta für soziale Grundrechte“ – einklagbar vor dem Europäischen Gerichtshof. Der Zeitpunkt kam nicht von ungefähr, denn in Europa begann die Hochphase der neoliberalen Wende. Es galt entgegenzusteuern und den Kampf um den europäischen Sozialstaat aufzunehmen.
Auch wenn beim europäischen Zusammenschluss immer die Wirtschaftsinteressen im Zentrum standen, sah man bis in die 1980er-Jahre hinein keinen Grund, das europäische Sozialstaatsmodell infrage zu stellen – im Gegenteil.
Um es in den Mitgliedstaaten zu stabilisieren, legten zum Beispiel schon die Römischen Verträge von 1957, die unter anderem die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die ersten gemeinsamen europäischen Koordinationsorgane schufen, die Errichtung des Europäischen Sozialfonds (ESF) fest.

Als der französische Sozialdemokrat Jacques Delors 1985 die Präsidentschaft der Europäischen Kommission mit dem Ziel antrat, den Entwicklungsprozess von den „Europäischen Gemeinschaften“ zur Europäischen Union zu beschleunigen, ging er von der Notwendigkeit eines sozialen Europas aus und prägte den Begriff der „sozialen Dimension“:
Die soziale Dimension durchdringt alle unsere Diskussionen und Aktivitäten. Denken Sie, welche Stärkung es für Demokratie und soziale Gerechtigkeit wäre, wenn wir beweisen könnten, dass wir zur Zusammenarbeit fähig sind, um eine Gesellschaft mit besserer Integration für alle zu schaffen.

Die volle rechtliche Absicherung der „sozialen Dimension“ gelang allerdings nicht. Die Mehrheit der Staaten, die am Einigungsprozess teilnahmen, hatte bereits die neoliberale Wende vollzogen und Großbritannien blockierte 1989 die Verankerung einer „Charta der sozialen Grundrechte“ im EU-Vertrag, der 1991 in Maastricht unterzeichnet wurde.
Die anderen elf EU-Staaten vereinbarten daraufhin das sogenannte „Sozialprotokoll“ und das „Maastrichter Abkommen über die Sozialpolitik“. Dass wenigstens dies erreicht wurde, war angesichts der Umstände ein großer Erfolg des EGB, der durch eine Vereinbarung mit den europäischen Arbeitgeberverbänden im Rahmen des 1987 eingeführten „sozialen Dialogs“ möglich wurde.

Delors’ Nachfolger hatten keinerlei Interesse an der Stärkung der „sozialen Dimension“. Zwar wurde das Sozialprotokoll 1998 in den neuen EU-Vertrag von Amsterdam integriert und damit die sozialpolitischen Kompetenzen der EU-Ebene ausgeweitet, aber das hatte angesichts neoliberaler Politik wenig praktische Bedeutung. Immerhin konnten die europäischen Richtlinien zur Sozialpolitik im Rahmen des sozialen Dialogs verbessert und andere – wie die Grundlage für den Europäischen Betriebsrat – neu geschaffen werden.
Durch den Vertrag von Lissabon erfolgte dann doch ab 2009 die Anerkennung der neuen „Europäischen Grundrechtecharta“ als Teil des EU-Vertrags. Damit wurden die hier verankerten Gewerkschaftsrechte und sozialen Rechte einklagbar. Viele bezweifeln aber, ob das zur Verteidigung des europäischen Sozialstaats ausreicht.

Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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