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Sonja Fercher Sonja Fercher, Chefin vom Dienst

Standpunkt | Druck raus!

Meinung

Sie ist immer da. Sie erträgt alle ihre Launen und Ängste. Dauernd macht sie sich Gedanken, wie sie ihr das Leben erleichtern könnte. Dabei ist sie keine ausgebildete Pflegerin, sondern pflegt ihre Mutter zu Hause. Es sei das Mindeste, was sie für ihre Mutter tun könne: ihr etwas zurückgeben, wo ihre Mutter doch auch so viel gegeben hat. In letzter Zeit denkt sie immer häufiger darüber nach, ob ein Pflegeheim nicht doch für alle Beteiligten eine bessere Lösung wäre. Immerhin leidet sie selbst unter chronischen Rückenschmerzen und spürt, wie ihr die Belastung über den Kopf zu wachsen droht, immerhin ist sie selbst noch berufstätig. Ich musste an Frau G. denken, als ich den Artikel „Mensch und nicht Maschine“ las, in dem zwei Pflegerinnen über die Herausforderungen ihrer Arbeit sprechen. Sie leisten Enormes und sorgen vor allem dafür, dass sich alte Menschen in ihrem letzten Zuhause wohlfühlen können – und ihre Angehörigen entlastet werden.

Bis zur Selbstaufgabe
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr fühlte ich mich an Belastungen vieler ArbeitnehmerInnen erinnert: Man soll sich mit dem Betrieb identifizieren, bisweilen sogar bis zur Selbstaufgabe, und alle Energien in die Firma investieren. Die Zeiten sind schlecht, deshalb müssen wir noch mehr geben, auf dass wir alle überleben. Immer weniger Menschen sollen immer mehr Aufgaben in immer weniger Zeit erfüllen. Immer mehr Menschen gehen auch dann in die Arbeit, wenn sie krank sind und eigentlich ins Bett gehören – die Arbeit muss schließlich getan werden und die KollegInnen sind ohnehin schon überlastet. Dass sie damit die Krankheiten in den Betrieb mitbringen und andere anstecken, wird in Kauf genommen, zu groß ist bei vielen zusätzlich die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz.

Fortschritte
Die Folgen, wenn ArbeitnehmerInnen am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten und bisweilen auch darüber hinausgehen, sind inzwischen unübersehbar. Wie so oft ist es eine ambivalente Entwicklung. Denn während auf der einen Seite der Druck enorm gestiegen ist, werden psychische Erkrankungen immer mehr als Krankheiten wie jede andere wahrgenommen. Auch das ist ein Fortschritt, ist es doch auch ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft die Auswirkungen der gestiegenen Belastungen anerkennt. Immerhin galt auch früher das Pflichtbewusstsein als Maß aller Dinge, weshalb ArbeitnehmerInnen zu wenig Rücksicht auf ihre Gesundheit nahmen. Heute wird offener darüber gesprochen, Betriebe setzen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und auch außerhalb der Betriebe gibt es Unterstützung. Zweifellos muss hier noch deutlich mehr geschehen.
Ambivalenzen, wo man hinsieht: Immer stärker wird auf die Selbstverantwortung der MitarbeiterInnen gesetzt. Neue technische Hilfsmittel machen es möglich, dass ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsalltag stärker selbst gestalten können, ja manchmal sogar entscheiden können, wo sie arbeiten möchten. Zumindest in der Theorie würde das die besten Voraussetzungen für die persönliche Entfaltung bieten. Wäre da nicht dieser Sparzwang. Und wäre da nicht die paradoxe Eigenschaft des Menschen, sich von der Technik unterwerfen statt sich von ihr entlasten zu lassen.

Anregungen
Es gibt viel zu tun, damit der Arbeitsplatz nicht zu einer großen Gesundheitsgefahr wird. Insbesondere sollten alle Beteiligten noch stärker darüber nachdenken, wo sie ansetzen können, bevor es zu spät ist. Wir haben in diesem Heft einige Bei-spiele zusammengetragen, wo dies be-reits geschieht. Außerdem finden Sie Anregungen, wie gemeinsam gesündere Arbeitsplätze erreicht werden könnten. Nicht zuletzt weisen wir auch auf Problemfelder hin.
Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre.

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