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Symbolbild zum Bericht Bei Kurbel-Taschenlampen wird durch das Drehen Strom erzeugt. Batterien erübrigen sich damit.

Auszeit für die Steckdose

Schwerpunkt

Mit Muskelkraft und Sonnenstrahlen werden Gegenstände bewegt, geladen oder zum Leuchten gebracht.

Die Energie kommt aus den Wadeln. Zwei Fahrräder lassen das „Karussell der Fundgegenstände“ kreisen, Eltern strampeln, während ihre Kinder etwa in einer zum Flugzeug umgestalteten Ölkanne und einer zum flotten Rennboot gewordenen alten Wanne sitzen, in einem riesenhaften Vogelkäfig und auf einem ausrangierten Dreirad. Sperrmüll ‒ liebevoll mit neuem Leben bedacht. Kein Stück wurde gekauft ‒ auch das ist einer der guten Gedanken hinter dem stromlosen Karussell.

Spielerische Kritik
Kommende Weihnachten wird es zum dritten Mal auf dem Karlsplatz seine Runden drehen, gemeinsam mit dem „Draisinen-Express“. Er ist ebenso stromlos und läuft auf Schienen ‒ vier Fahrrad- und zwei Pump-Draisinen werden den Kleinen zur Verfügung stehen.
Ein Signal für Nachhaltigkeit, eine „spielerische Kritik“ an der Wegwerfgesellschaft, wie der Künstler Stefan Novak vom Theaterverein Mowetz (
www.mowetz.at) sagt. Die Idee zum einzig durch Muskelkraft betriebenen Karussell stammt von ihm. Gemeinsam mit dem Messermacher (www.messerei.at) Stefan Herzina hat er ein ganzes Jahr hindurch gearbeitet. Allein die Planung und die Statik haben viel Zeit verschlungen. „Den ganzen Aufbau aus Mist zu machen und den Sperrmüll zu kombinieren war sehr aufwendig“, berichtet der gelernte Feinmechaniker Herzina. Mittlerweile gibt es bereits Nachahmer, doch ärgern kann er sich nicht so recht: „Karussells gibt es schon so lange und geistiges Gedankengut zu schützen ist schwer.“ Die ursprüngliche Idee eines zentralen Motors, der mittels Kurbel betrieben wird, wurde verworfen. „Das hätte jeden Rahmen gesprengt“, erklärt Herzina. Dass Fahrräder eine wichtige Rolle in den Konstruktionen der beiden Sperrmüllartisten spielen, liegt auch in der Vernetzung mit dem Radl-Salon (www.radl-salon.at). Stefan Herzina: „Es ist auch der Zeitgeist, etwas stromlos zu betreiben.“

Pure Handarbeit
Kurbeln für den guten Zweck: Eine Minute drehen versorgte ab 2005 den von Nicholas Negroponte erdachten Mini-Laptop XO-1 samt Handkurbel mit zehn Minuten Strom. Geschaffen für Kinder in Entwicklungsländern, setzt das „One Laptop per Child“-Projekt (one.laptop.org) mit seinem aktuellen Modell XO-4 Touch u. a. nun auch auf Solarenergie, zum Tablet XO 3.0 gibt es als Zubehör auch ein Gerät, das Strom per Kurbel erzeugt ‒ für zwei Stunden Akku-Laufzeit muss allerdings mehr als eine Stunde gedreht werden.
Helles Licht bei Dynamo-Taschenlampen erzeugen integrierte Akkus, die mit eigener Muskelkraft aufgeladen werden und LEDs speisen. Bei Kurbel-Taschenlampen wird durch das Drehen Strom erzeugt. Zum Teil sind diese Leuchten auch in andere Geräte integriert ‒ etwa kurbelbetriebene Radios oder Handyladegeräte. Kaufen kann man sie beim Diskonter, das schwedische Möbelhaus bietet sie in leuchtendem Rot knapp unter fünf Euro an, außerdem sind sie bei Campingausstattern (z. B.
www.falle.at) und im Internet zu finden. Diebisches Anschleichen ist ausgeschlossen ‒ beim Kurbeln geben die Lampen ein laut surrendes Geräusch von sich.

Strahlende Kraft
Am FH Campus 02, der Fachhochschule für Wirtschaft in Graz, hat der Obersteirer Stefan Ponsold Innovationsmanagement studiert. Dank der Problemstellung seines Lektors im Bereich Kreativitätstechniken kam der damalige Student 2008 auf eine Idee, die ihm heute international nicht bloß Anerkennung einbringt. „Es ging darum, ein typisches Alltagsproblem umweltfreundlich zu lösen“, erklärt Ponsold. Er machte die leidige Angelegenheit leerer Akkus zum Studienprojekt, tüftelte anfangs an einer iPhone-Hülle aus einer flexiblen Solarzelle, die das Mobiltelefon wieder aufladen sollte. Allein, die für eine Akku-Ladung benötigte Solarpanel-Fläche war zu klein. „Ich habe Prototypen gebaut, eine Lernkurve hingelegt, die Fläche vergrößert.“ Das war die Initialzündung für die Gründung seines Unternehmens SunnyBAG (www.sunnybag.at). Von diversen Rucksäcken über Umhängetaschen aus Leder bis hin zu Taschen aus Lkw-Planen reicht das Angebot. Alle Produkte sind mit Solarpanelen ‒ ansonsten auch auf Dachanlagen zu finden ‒ ausgestattet, die Sonnenenergie in elektrische Energie umwandeln.
Was über einen USB-Anschluss geladen werden kann ‒ etwa Handys, Tablets, Digitalkameras, GPS- und Satellitengeräte etc. ‒, wird umweltfreundlich mit Sonnenenergie betrieben. „Rückschläge gab es durchaus“, sagt der 30-Jährige, „in den letzten vier Jahren seit der Gründung betreten wir sehr viel Neuland, davor hat es so etwas nicht gegeben. Diversifikation, die Einführung eines neuen Produktes und gleichzeitig eines neuen Marktes, ist das Schwierigste. Aber solche Blue Oceans sind gleichzeitig auch das Schönste.“
Stefan Ponsold kann sich mittlerweile über mehr als 10.000 verkaufte Taschen freuen und arbeitet eng mit Hilfsorganisationen zusammen. „Wenn sich die Herstellungskosten decken, sind wir schon froh.“ Für Ärzte ohne Grenzen Österreich wurden eigene Rucksäcke und Umhängetaschen entworfen, ebenso für die UN, eine Kooperation besteht auch mit dem Projekt Lady Lomin im Südsudan (
www.ladylomin.org). „In dem Dorf gibt es keinerlei Energieversorgung. Die Frauen haben mit den Taschen die Möglichkeit, ihre Mobiltelefone und ihre Notebooks zu laden und zu arbeiten.“ Allerdings bleiben die sonnigen Taschen dem zivilen Nutzen vorbehalten: „Wir beliefern keine Militärs, weil wir mit unseren Produkten etwas Positives erreichen wollen. Und Ressourcen, die von einem anderen Stern kommen ‒ in diesem Fall von der Sonne ‒, wollen wir nicht missbrauchen, um Partei für politische Auseinandersetzungen zu ergreifen.“
Solar-Radios und Straßenlampen, die sich tagsüber aufladen und nachts leuchten, oder etwa solarbetriebene Sensoren, die Waldbrände erkennen: Sie sind in Planung. Seit Anfang 2013 leitet das Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien das von der EU geförderte Projekt „SolarDesign“ ‒ hier treffen technologische Forschung, Architektur und Design aufeinander. Geforscht wird nicht allein mit kristallinen Solarzellen auf Siliziumbasis, sondern vor allem mit Dünnschichtzellen aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen – da sie leicht und biegsam sind, können sie auch auf Textilien eingesetzt werden.

Abenteuer mit Sonne
Lucy Lynn ist Bergwanderführerin und Outdoorpädagogin (
www.lucylynn.com; www.facebook.com/abenteuer.mensch) – und sie liebt das Freie. Drei Jahre lang lebte sie in einem VW-Campingbus und reiste damit quer durch Europa. „Da wir um Campingplätze meist einen großen Bogen gemacht haben und das Übernachten abseits der Zivilisation bevorzugt haben, hatten wir oft keinen Strom“, berichtet die gebürtige Wienerin. Kocher und Heizung wurden mit Gas betrieben, der Strom kam teils aus der zweiten Autobatterie, die immer wieder einmal aufgeladen wurde. „Für das Laden unserer Mobiltelefone, die für uns ja wirklich wichtig waren – nicht nur, um wieder mal den Abschleppservice bei unserem alten Auto anzurufen –, haben wir zusätzlich auf Sonnenenergie vertraut.“ Heute verwendet die Outdoorpädagogin auf ihren Wanderungen und Trekkingtouren ein mobiles, zusammenfaltbares Solarpanel. „Es handelt sich um ein reines 12-V-System, das sich jedoch mittels Adapter zu einem 5-V-System umkonfigurieren lässt. Somit kann ich entweder 12-V-Batterien aufladen – im Winter etwa zur Ladeerhaltung – wie auch mein Smartphone, Powerbanks und das GPS-Gerät. Es verfügt über einen USB-Anschluss und mehrere Adapter.“ Lynns Gerät lässt sich gut transportieren und befestigen, ist mit diversen Karabinern und Bändern ausgestattet – ideal für Rucksack, Fahrrad oder Zeltdach. Tipp: „Wenn die Sonne nicht scheint, die Geräte also keine Sonnenstrahlen auffangen, bleibt nur mehr ein Zehntel der Maximalleistung zur Verfügung. Ein iPhone zu laden dauert rund 15 Stunden, also zwei ganze Tage. Deshalb rate ich zum Einsatz einer Powerbank – sie kann bei Sonnenschein ein Vielfaches der Kapazität eines Handy-Akkus speichern und bei Schlechtwetter an die angeschlossenen Geräte abgeben.“

Mehr Infos im Web:
Max-Planck-Filme: „Die Sonne: Der Stern, von dem wir leben“
www.mpg.de/7049356/sonne_grundlagen

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin sophia.fielhauer@chello.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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