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Symbolbild zum Bericht Im 17. Jahrhundert begannen englische und holländische Händler, Tabak mit Opium zu versehen, und führten damit die Droge in China ein. Diese erfreute sich bald zunehmender Beliebtheit.

Westliche Opiumkrieger und chinesische BoxerInnen

Schwerpunkt

Aus Chinas "Jahrzehnten der Schande" 1830 bis 1905.

Um die Einfuhr von Opium nach China zu erzwingen, führte England verbrecherische Kriege. Die dadurch erschütterte chinesische Herrschaft konnte sich nicht mehr stabilisieren. Innere Unruhen, ökologische Katastrophen und die alliierte Niederschlagung des „Boxeraufstandes“ führten das Land unter Kuratel des westlichen Imperialismus.

Globaler Handel im 18. Jahrhundert

China war bereits seit dem 16. Jahrhundert in den globalen Handel eingebunden. Es exportierte Seide, Tee, Keramik, Gewürze und Lacke und erhielt dafür Silberpesos, aber auch europäische Waffen und Manufakturwaren. Im 18. und 19. Jahrhundert erlebte China geradezu einen Boom: Am zentralen chinesischen Handelsplatz stieg die Tonnage ausländischer Schiffe innerhalb von 100 Jahren von rund 2.800 Tonnen im Jahr 1726 auf rund 37.000 Tonnen im Jahr 1833. Nachdem Silber für die Händler als Ware und Tauschmittel immer teurer wurde, begann man, nach Alternativen zu suchen, um die europäische Nachfrage, vor allem nach Tee, befriedigen zu können. Dabei kam man auf Opium, dessen Einfuhr nach China zwar verboten war, das jedoch leicht erzeugt werden konnte, wenig Frachtraum einnahm und Handelsdefizite ausgleichen konnte. Bereits im 17. Jahrhundert begannen englische und holländische Händler, Tabak mit Opium zu versehen, und führten damit die Droge in China ein, die sich bald zunehmender Beliebtheit erfreute. Bereits 1729 verbot der chinesische Kaiserhof den Verkauf von Opium durch ein Edikt, welches immer wieder erneuert werden sollte.

Opium statt Silber

Die „Britische Ostindien-Kompanie“ wiederum, damals die größte Handelsgesellschaft der Welt, die wie kaum eine andere den globalen Handel dominierte, sah in der illegalen Einfuhr von Opium nach China bald die Chance, die Kosten ihrer Einkäufe zu minimieren und ihre Profite zu maximieren. Die Einnahmen aus dem illegalen Opiumverkauf überstiegen bald die Ausgaben für die Einkäufe chinesischer Waren. Für China bedeutete dies ein Handelsdefizit und einen zunehmenden Abfluss seiner (Silber-)Währung. Kurz: Statt Silber bekam China für seine Waren volkswirtschaftlich wertloses, gesellschaftspolitisch schädliches Opium. Dies musste in der Folge zu einer Zerrüttung der chinesischen (Silber-)Währung führen, zumal die unter dem Einfluss der englischen und bald auch amerikanischen Händler stehenden chinesischen Distributoren die illegale Opiumeinfuhr mit Silberpesos zu begleichen hatten. Mit den von China bezahlten Silberpesos wurden nicht nur gigantische Profite erwirtschaftet, sondern auch die Anlage von Opiumlatifundien in Indien und anderen Kolonien finanziert, wodurch sich das britische Empire weitgehend durch Grundeinnahmen und auf den Opiumtransport erhaltene Steuern finanzieren konnte. In China nahm die Anzahl der Opiumsüchtigen insbesondere im Bereich des Militärs, der Beamtenschaft und auch innerhalb des Kaiserhofes rasant zu, was zu einer Destabilisierung des politischen Systems führte.

Als 1839 mit Opium handelnde Ausländer in Kanton interniert wurden und über 1.400 Tonnen nach China geschmuggeltes Opium verbrannt wurden, sandte Großbritannien Truppen, die Landstriche an der südostchinesischen Küste besetzten. Im Friedensdiktat von Nanking 1842, dem ersten der „ungleichen Verträge“, wurde China zu Reparationszahlungen, der Abtretung von Hongkong, der Öffnung von Häfen und zur Akzeptanz eines unbeschränkten Handels verpflichtet. Als China 1856 erneut dem Opiumschmuggel Einhalt zu gebieten suchte, kam es wiederum zu einer militärischen Intervention, diesmal unter der Beteiligung Frankreichs und der USA (2. und 3. Opiumkrieg von 1856 und 1860), die bis zur Einnahme und Plünderung von Peking führte. Die Westmächte erzwangen unter anderem die Legalisierung des Opiumhandels, die Öffnung weiterer Hafenstädte und die Errichtung eines exterritorialen Gesandtschaftsviertels in der bis dahin geschlossenen Stadt Peking.

Europäische Modernisierung?

Vielfach wird – völlig zu Unrecht, wie die Berliner Sinologin und Gastprofessorin an chinesischen Universitäten Mechthild Leutner treffend nachweisen kann – der Opiumkrieg abseits von verbrecherischen Kriegen als Einzug der „europäischen Moderne“ in die chinesische Gesellschaft „gefeiert“. Noch immer hält sich die Mär, dass die Chinesen durch den Konfuzianismus das Opiumrauchen besonders geschätzt hätten. Und genau das zielt auf die „Verharmlosung des Aktes der Süchtigmachung signifikanter Bevölkerungsschichten zur Erzielung großer wirtschaftlicher Profite und immenser politischer Macht, nicht durch einzelne Kriminelle, sondern durch gezieltes Agieren ganzer Staaten und Regierungen“, so Mechthild Leutner.

Die Boxerbewegung

Der Aufstand von Faustkampfgruppen („Faustkämpfer für Gerechtigkeit und Harmonie“) gegen Ende des 19. Jahrhunderts war zum einen eine Folge der christlichen Missionierung Chinas, die im Norden des Landes die Dorfgemeinschaften zunehmend spaltete. Dazu kam eine durch vorangegangene Aufstände (Taiping- und Nian-Aufstand) und die Niederlage im Chinesisch-Japanischen Krieg 1894/95 geschwächte Administration, welche sich machtlos gegen die durch Unwetter hervorgerufenen ökologischen Katastrophen zeigte. Agierten die westlichen Missionare unter dem Schutz der europäischen Mächte, die jederzeit bereit waren, mit ihren vor der Küste patrouillierenden Kanonenbooten einzugreifen, so stand die einheimische Bevölkerung den Beschlagnahmungen von Gemeindeland für Missionsstationen völlig schutzlos gegenüber. Es waren Faustkämpfervereine, unterstützt durch weibliche Kampfverbände („Leuchtende Rote Laternen“), die sich – inspiriert durch volksreligiöse Mystik – gegen diese Vereinnahmung zu wehren versuchten und in der ländlichen Bevölkerung starken Widerhall fanden: „Die Boxer verteidigen das Land, die Leuchtenden Roten Laternen schlagen die ausländischen Teufel“, heißt es in einem chinesischen Lied um 1900.

Intervention der „Weltmächte“

Übergriffe der „BoxerInnen“ auf Missionare, chinesische Christen sowie westliche Einrichtungen und Diplomaten nahmen acht Staaten (Deutsches Reich, Großbritannien, Italien, Japan, Russland, Frankreich, USA und Österreich) Mitte 1900 zum Anlass, um militärisch einzugreifen. Es war die erste gemeinsame Aktion imperialistischer Mächte zur Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Ziele. Nachdem die chinesische Regierung die alliierten Truppen ultimativ aufforderte, das Land zu verlassen, und der deutsche Gesandte in Peking ermordet wurde, hielt der deutsche Kaiser Wilhelm II. bei der Verabschiedung des deutschen Expeditionskorps seine berüchtigte „Hunnenrede“: „Kommt ihr vor den Feind, so wird er geschlagen. Pardon wird nicht gegeben. Gefangene nicht gemacht. (…) Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzl sich einen Namen gemacht, (…) so möge der Name Deutschland in China in solcher Weise bekannt werden, dass niemals wieder ein Chinese es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!“ Im deutschen Reichstag erwiderte der Sozialdemokrat August Bebel: „Nein, kein Kreuzzug ist’s, kein heiliger Krieg; es ist ein ganz gewöhnlicher Eroberungskrieg und Rachezug, und weiter nichts.“ Im August 1900 nahmen alliierte Truppen, darunter auch einige Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee, Peking ein und plünderten und raubten Kulturgüter. Gemeinsam mit der chinesischen Regierung, die sich dem Diktat der Großmächte beugen musste, wurde die „Boxerbewegung“ blutig niedergeschlagen.

Das „Boxerprotokoll“

Durch das sogenannte „Boxerprotokoll“ unterwarfen die Alliierten China einem Friedensdiktat. Mechthild Leutner resümiert: „In der Reihe der ungleichen Verträge, die China von den ausländischen Mächten nach 1840 aufgezwungen worden waren, bezeichnete es den Höhepunkt der wirtschaftlichen Ausbeutung des Landes, den Entzug weiterer politischer Hoheitsrechte und die Durchsetzung beispielloser Forderungen nach symbolischer Unterwerfung. Es läutete den letzten Akt des chinesischen Kaiserreiches ein …“. 1911 wurde das chinesische Kaiserreich gestürzt.

Web-Tipp: In der Zeitschrift Politik & Unterricht finden Sie auf Seite 26 eine detaillierte Karte zur Situation Chinas im 19. Jahrhundert. Download unter: www.politikundunterricht.de/1_08/china.htm

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor klaus.mulley@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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