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Abbildung aus dem Satireblatt "Glühlichter" 1896 Das Satireblatt "Glühlichter" 1896: Den "Heimischen" den Bettelsack, Schubwagen für das "fremde" Pack. Die Armengesetze wurden oft zur Verfolgung von GewerkschafterInnen missbraucht.

Schwarze Listen

Historie

Armengesetzgebung und Arbeitgeberverbände bauten einst ein engmaschiges Terrornetzwerk zur Unterdrückung von Gewerkschaftsarbeit auf.

Beim ersten Gewerkschaftskongress in Wien zu Weihnachten 1893 berichtete Eduard Keel, der Vertreter des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, über die Schwierigkeiten, mit denen die GewerkschafterInnen auch in seinem Land zu kämpfen hatten. Es würde zwar keine staatliche Unterdrückung geben, aber auch keine gesetzlichen Schranken für das Vorgehen der ArbeitgeberInnen: Der Kapitalist ist es selbst, der die Waffen in die Hand genommen, die Arbeiter zu unterdrücken, und er glaubt dieses am besten dadurch erreichen zu können, dass er diejenigen Arbeiter, die sich politisch tätig erweisen, einfach auf die schwarze Liste setzt und sie als Wühler und Hetzer brandmarkt.

Auch in Österreich bediente sich die Arbeitgeberseite damals solcher „schwarzer Listen“. Dabei handelte es sich um Geheimcodes in den – gesetzlich vorgeschriebenen – Arbeitsbüchern. „Eingeweihte“ wussten sofort, ob Arbeit suchende „Aufwiegler“ für eine Gewerkschaft warben oder sich schon einmal an einem Streik beteiligt hatten. Und damit begann das perfekte Zusammenspiel mit einer Kombination aus Heimatzugehörigkeitsgesetzen, vor allem dem „Reichsschubgesetz“ von 1871 und dem „Vagabundengesetz“ von 1885: Arbeitslose konnten leicht als „Arbeitsscheue“ oder „Arbeitsverweigerer“ punziert und Arbeitslose, die aus einem anderen Ort stammten, dorthin abgeschoben werden. Die Unternehmen waren so die lästigen GewerkschafterInnen los, ohne formal die Entkriminalisierung von Gewerkschaftsgründung und Streiks durch das Koalitionsgesetz von 1870 zu missachten.

Später gingen die Arbeitgeberorganisationen dazu über, „schwarze Listen“ ganz offen an ihre Mitglieder zu verschicken, bis der Oberste Gerichtshof dieser Praxis 1905 ein Ende machte. Er stellte fest, dass dem gewerblichen Hilfsarbeiter die Verwertung seiner Arbeitskraft in demjenigen Fache, für das er vorgebildet ist, nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert werden darf. Allerdings bestand die Pflicht zur Führung von Arbeitsbüchern und die Möglichkeit, dort Geheimcodes einzufügen, weiter. Erst die demokratische Republik schaffte sie nach 1918 ab.

Außerdem galt für die Mitglieder der „Hauptstelle der Arbeitgeberorganisationen der österreichischen Industrie“ ab 1907 ein „Reglement“ mit geheimen Weisungen. Unter anderem hieß es darin: Übel beleumdete Arbeiter, Hetzer und Wühler sind stets in Evidenz zu halten. Besonders hart wurde gegen TeilnehmerInnen an einem Streik vorgegangen: Ist im Betriebe einer Mitgliedsfirma ein Streik ausgebrochen, so sind  … alle übrigen Mitglieder mit dem eindringlichen Bemerken zu verständigen, dass kein Arbeiter, dessen Arbeitsbuch ausweist, dass er bei dem vom Streik betroffenen Mitglied aus dem Anlasse des Streiks oder während dessen Dauer ausgetreten ist oder entlassen wurde, (…) beschäftigt werden darf.

Die Antwort der Freien Gewerkschaften war die Einrichtung eines zentralen Solidaritätsfonds.

Zusammengestellt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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