topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Symbolfoto zum Bericht "Eiskalt erwischt" Im Gegensatz zu Neubauten ist die thermische Qualität jedoch vor allem jenes Gebäudebestandes schlecht, welcher zwischen 1950 und 1980 errichtet wurde.

Eiskalt erwischt

Schwerpunkt

Die Bundesförderung für die energetische Sanierung von Wohngebäuden wurde 2013 intensiviert. Das ist verteilungspolitisch und budgetpolitisch falsch.

Die Energienutzung für die Beheizung von Wohnräumen ist – abhängig davon, wie streng der Winter ist – für etwa 17 bis 19 Prozent des österreichischen Energieverbrauchs (Nutzenergieanalyse der Statistik Austria) und unmittelbar für etwa zehn Prozent der energiebezogenen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Daher wurden in den letzten Jahren die Anforderungen an die thermische Qualität im Neubau immer strenger. Im Gegensatz zu Neubauten ist die thermische Qualität jedoch vor allem jenes Gebäudebestandes schlecht, welcher zwischen 1950 und 1980 errichtet wurde. Die Wärme dieser Wohnungen geht durch undichte Fenster und dünne Wände rasch verloren – die Heizkosten sind entsprechend hoch.

Steigerung der Sanierungsrate

Deshalb ist die energetische Sanierung bestehender Wohngebäude wichtig, wenn der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen gesenkt werden sollen. Dabei werden Fenster erneuert, die Wände mit Dämmstoffen isoliert oder das Heizsystem generalüberholt. Als politisches Ziel findet sich die „Steigerung der Sanierungsrate“ daher seit Langem in den politischen Strategien (Klimastrategie 2002, Klimastrategie 2007), aber an der faktischen Situation hat sich nicht viel geändert – jedes Jahr werden etwa ein Prozent der Wohngebäude energetisch saniert. Das ist zu wenig, um die ambitionierten Ziele der Klima- und Energiepolitik bis zum Jahr 2020 zu erreichen.

70 Mio. Euro Förderung zusätzlich

Für die thermische Sanierung gibt es im Rahmen der Wohnbauförderung (WBF) Förderungen der Länder. Um die Sanierungsrate zu erhöhen, hat der Bund in den Jahren 2009 und dann 2011 und 2012 jeweils 70 Mio.  Euro zusätzlich an Fördermitteln zur Verfügung gestellt. In den meisten Bundesländern kann für das gleiche Sanierungsprojekt zusätzlich noch eine Förderung aus WBF-Mitteln beantragt werden. Doch es gibt keine systematische Erhebung, wie viel die Länder zu den Sanierungen dazu zahlen, die aus den Mitteln des Sanierungsschecks gefördert werden.

Die Bundesmittel fließen aufgrund der Formulierung der derzeitigen Richtlinien primär in den Ein- und Zweifamilienhaus-Bereich, nur zu einem geringen Anteil in den mehrgeschoßigen Wohnbau. Wenn sie doch für mehrgeschoßige Wohnbauten verwendet werden, gehen sie zum überwiegenden Teil in Häuser mit Wohnungseigentum. Über 40 Prozent der Wohnungen in Österreich sind aber Mietwohnungen, doch ihr Anteil an den Förderfällen aus dem Sanierungsscheck war 2012 nicht einmal vier Prozent. Aus verteilungspolitischen Gründen ist der Bereich der Mietwohnungen aber der wichtigste, da dort der höchste Anteil an einkommenschwachen Personen lebt. Würden die Förderungsmittel vermehrt diesem Bereich zufließen, wäre der Effekt für die österreichische Volkswirtschaft höher. Gleichzeitig wäre es ein Impuls für leistbares Wohnen und zur Bekämpfung der Energiearmut.

Die AK hat sich daher seit Langem für eine wirksame Förderung der thermischen Sanierung von mehrgeschoßigen Wohnbauten, vor allem von Mietshäusern, eingesetzt. Doch diese Forderung verhallt, da die beiden zuständigen Minister, der Wirtschaftsminister und der Landwirtschaftsminister (von manchen auch Umweltminister oder gar Lebensminister genannt), darauf bestehen, dass die Mieter die Fördernehmer sein müssen. Es ist nur ein scheinbares Paradoxon, dass eine Förderung der Vermieter für die Mieter der sinnvollere Weg wäre. Denn nur in letzterem Fall könnte die Bundesförderung im Rahmen eines Mietzinserhöhungsverfahrens nach § 18 Mietrechtsgesetz (MRG) oder nach § 14(2) WGG (WohnungsgemeinnützigkeitsG) berücksichtigt werden.

Transferleistung Sanierungsscheck

Von den für 2012 vorgesehenen 70 Mio. Euro an Bundesförderung für thermische Sanierungsvorhaben wurden nur 53 Mio. Euro vergeben. Ein Viertel der Gelder wurde also nicht abgerufen. Dies ist wohl unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele besonders kostengünstige Sanierungen im Ein- und Zweifamilienhaus-Bereich mittlerweile durchgeführt wurden und 2012 nicht mehr genug „billige“ Projekte übrig waren. Schon im November 2010 hat der Marktforscher Andreas Kreutzer im „Standard“ die Vermutung geäußert, dass die Mitnahmeeffekte bei dieser Förderung sehr hoch sind. Es kommt einem Selbstbetrug gleich, wenn der Fördergeber behauptet, mit dem Sanierungsscheck tatsächlich Investitionen auszulösen. Vielmehr hat der derzeitige Sanierungsscheck den Charakter einer Transferleistung zu Gunsten oberer Einkommenschichten.

Mehr Förderung für Mietwohnungen

Daher hat sich die AK aus verteilungspolitischen Überlegungen schon Ende 2011 dafür eingesetzt, dass die Förderrichtlinien geändert werden, sodass die Förderung vermehrt dem mehrgeschoßigen Wohnbau, vor allem dem Bereich der Mietwohnungen, zukommt. Dabei muss freilich berücksichtigt werden, dass die Kosteneffizienz in diesem Fall geringer sein wird als bei Förderung im Bereich von Ein- und Zweifamilienhäusern, da die thermischen Qualität der mehrgeschoßigen Gebäude wegen des geringeren Oberflächen-/Volumenverhältnisses schon von Haus aus bedeutend besser ist und weitere Verbesserungen daher kostspieliger sind als bei Ein- und Zweifamilienhäusern.

Seitens der zwei Ministerien besteht dabei jedoch die Befürchtung, dass vor allem Gemeinden als Förderungsnehmer für Gemeindebauten die vorhandenen Mittel zu schnell abrufen, sodass für Private nicht viel übrig bleibt. Dies mag zutreffen, scheint aber aus verteilungspolitischer Perspektive unproblematisch. Denn für die Mieter und Mieterinnen ist es ja belanglos, ob sie im Haus eines privaten Vermieters oder in einem Gemeindebau von einer Verringerung der Heizkosten profitieren.

Anfang des Jahres 2013 wurden die Richtlinien wieder verändert. Doch statt auf die verteilungspolitischen Argumente der AK einzugehen, wurden die Förderungen noch ineffizienter gestaltet. So wurde ein „Konjunkturbonus“ eingeführt, eine einfache Aufstockung der Förderung um weitere 2.000 Euro. Zugegeben: Die Nachfrage nach der Förderung stieg an. Bis Anfang Oktober wurden Förderungen im Umfang von 92 Mio. Euro zugesagt. Der Anteil der Sanierungen im mehrgeschoßigen Wohnbau ging jedoch zurück. Die Ministerien hatten versprochen, die Wirkung der neuen Richtlinien bis Mitte des Jahres einer Bewertung zu unterziehen, doch diese steht bislang aus. Statt dessen wurde der „Konjunkturbonus“ verlängert, der ursprünglich nur bis Juni gelten sollte. Ein Schelm, wer hier vermutet, dass es den Ministern nur um wohlwollende Berichterstattung ging …

Die AK sprach sich 2005 gegen die damals lancierte Umwidmung von Mitteln der Wohnbauförderung (WBF-Mittel) vom Neubau zur Sanierung aus, und erhob vehement die Forderung, dass neben den WBF-Mitteln der Länder der Bund zusätzliche Mittel für die thermische Sanierung zur Verfügung stellen sollte. Sie tat dies aus der Befürchtung heraus, dass sonst die Neubautätigkeit zurückgehen könnte und in der Folge die Wohnkosten ansteigen würden. Durch die Aufhebung der Zweckbindung der WBF-Mittel ist dieser Bereich jedoch sehr intransparent geworden. Es kann nicht mehr klar nachvollzogen werden, ob die Bundesmittel die Ländermittel ergänzen oder ob sie sie nicht eher ersetzen.

Zweckbindung wiedereinführen

Eine der wesentlichen Forderungen in diesem Bereich ist daher die Wiedereinführung der Zweckbindung der WBF-Mittel, damit das erfolgreiche österreichische Modell der Wohnbauförderung fortgesetzt werden kann, das die Kosten des Wohnens für alle Menschen in einem sozial verträglichen Maß hält.

Es ist zu überlegen, ob nicht die derzeit vom Bund vergebenen Mittel besser den Ländern gegeben werden, mit dem Auftrag, zusätzliche energetische Sanierungen auszulösen. Denn die Länder erzielen bei ihren Programmen bessere verteilungspolitische Effekte als der Bund mit dem Sanierungsscheck. Freilich kann diese Aufstockung der WBF-Mittel für die Länder nur erfolgen, wenn die gesamten WBF-Mittel wieder für Wohnbau zweckgewidmet werden. Anderenfalls käme es nur zu einem „Crowding-out“, einem Verdrängen der Mittel „ohne Mascherl“ durch die „mit Mascherl“.

Mehr Info unter:
tinyurl.com/lzzckwb

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor christoph.streissler@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum