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Symbolbild zum Beitrag "Faire Preise - leistbares Leben" Die Lebensmittel-Preisvergleiche der AK zeigen regelmäßig auf, dass Lebensmittel im Vergleich zu Deutschland deutlich teurer sind. An der Qualität kann es nicht liegen, sind doch idente Markenprodukte in Wien um 15 Prozent teurer als in München ...

Faire Preise - leistbares Leben

Schwerpunkt

Immer weniger ArbeitnehmerInnen kommen mit ihrem Einkommen aus. Vor allem die Fixkosten steigen stark. Wird Leben zum Luxus?

Österreich ist ein teures Pflaster und ArbeitnehmerInnen müssen einen erheblichen Teil ihres Einkommens zur Abdeckung ihrer Grundbedürfnisse ausgeben. Bei einem durchschnittlichen Haushalt mit einer statistischen Haushaltsgröße von 2,29 Personen entfallen laut der jüngsten Konsumerhebung der Statistik Austria 36 Prozent der Ausgaben auf die Bereiche Nahrungsmittel (12 Prozent), Wohnen (19 Prozent) und Energie (Elektrizität 2,2 Prozent, Wärme 2,5 Prozent). Dieser Haushalt gibt insgesamt 2.910 Euro im Monat aus – davon also über 1.000 Euro für die angesprochenen Lebensbereiche. Rechnet man noch 15 Prozent der Gesamtausgaben für den Verkehr hinzu, dann kommt man auf fast 1.500 Euro. Anders als bei Reisen, Markenkleidung oder Ähnlichem kann bei diesen Ausgaben nur sehr eingeschränkt gespart werden, denn dies würde meist unmittelbar zu einer stark verringerten Lebensqualität führen. Mit diesen Grundbedürfnissen sind aber noch lange nicht alle Ausgaben gedeckt. Will man an der Gesellschaft teilhaben, so kommen noch Telefon, Internet, Fernsehen, Versicherungen, Kultur usw. dazu.
Dennoch deckt dieses grobe Zahlengerüst nur die halbe Wahrheit auf. Denn nicht alle Haushalte gehören zu den oben genannten „durchschnittlichen Haushalten“. Die Hälfte der Haushalte gibt nämlich weniger als 2.540 Euro im Monat aus. Um bei den Daten der Statistik Austria bleiben zu können: Haushalte, die zwischen 1.455 und 1.814 Euro im Monat ausgeben (drittes Dezil) wenden bereits 48 Prozent für Nahrungsmittel, Wohnen und Energie auf – mit Verkehr dann weit über die Hälfte. Der Schluss liegt nahe: für Menschen mit geringem Einkommen stellen die Grundbedürfnisse Nahrung, Wohnung und Energie eine ungleich höhere Belastung dar als für Menschen mit hohem Einkommen. Steigen die Preise in diesen Bereichen, so sind es auch gerade die weniger gut verdienenden Gruppen, bei denen die ohnehin hohe Belastung noch zusätzlich in die Höhe geschraubt wird.

Preistreiber Wohnen

Dramatisch ist die Explosion der privaten Mieten, die weit über der Inflationsrate liegen: So sind die privaten Mieten in fünf Jahren um 28 Prozent angestiegen, während Mieten für Genossenschafts- und Gemeindewohnungen um rund 13 Prozent teurer wurden. Die privaten Mieten steigen also seit 2005 doppelt so stark wie die Einkommen und die allgemeine Teuerung. Die ursprünglich intendierte Begrenzung der Mieten durch das Richtwertsystem, das für Altbauwohnungen gilt, ist wirkungslos. Es gibt keinen Unterschied zwischen Richtwertmieten und freien Mieten. Aber auch weniger Neubauten, die nicht mehr zweckgebundene Wohnbauförderung und Bodenpreissteigerungen machen Wohnen teuer.

Preistreiber Lebensmittel

Die Lebensmittel-Preisvergleiche der AK zeigen regelmäßig auf, dass Lebensmittel im Vergleich zu Deutschland deutlich teurer sind. An der Qualität kann es nicht liegen, sind doch auch idente Markenprodukte in Wien um 15 Prozent teurer als in München, wie ein Preisvergleich der AK vom Frühjahr 2013 zeigt. Am Beispiel der Nahrungsmittelpreise lässt sich sehr gut veranschaulichen, dass die Teuerungsproblematik in den vergangenen Jahren verstärkt Relevanz bekommen hat. Ein Vergleich der Nahrungsmittelpreisniveauindizes im Euroraum (EU15 = 100) zeigt, dass das Preisniveau in Österreich mit 112,7 mittlerweile am höchsten ist, während etwa Deutschland bei 99,8 liegt. Auch die Preissteigerungen sind in Österreich besorgniserregend: Die Preise für Nahrungsmittel sind seit 2005 erheblich stärker gestiegen als die allgemeine Inflationsrate. Aber nicht nur das: Sie sind auch erheblich stärker gestiegen als die Preise für Nahrungsmittel im internationalen Vergleich. Im Euroraum und in Deutschland stiegen die Preise um rund 17,5 Prozent, in Österreich um über 22 Prozent.
Das ist eine Entwicklung, die gerade mit Blick auf die weniger begüterte Bevölkerung nicht weiter hingenommen werden darf. Seit Jahren gibt es daher bereits intensive Bemühungen vonseiten der AK, hier einerseits das Problembewusstsein der Öffentlichkeit und der Politik zu schärfen, und andererseits über verschärfte Wettbewerbspolitik zu Erfolgen zu kommen. Bei einem Marktanteil der drei größten Lebensmittelhändler von rund 80 Prozent und ähnlich hochkonzentrierten Situati-onen im Bereich verschiedener Verarbeitungsindustrien (z. B. Molkereien, Mühlen) stellt dieser Ansatz durchaus eine sinnvolle Option dar. Dies zeigen auch die ersten „Erfolge“ mit Kartellverur-teilungen etwa von REWE und Berglandmilch. Die Löhne in Österreich sind jedenfalls nicht der Grund für die Preisunterschiede: Selbst nach den Daten der WKO ist der Anteil der Arbeitskosten am Umsatz in Österreich nur um drei Prozentpunkte höher. Das kann also die viel höheren Preis-unterschiede bei Lebensmitteln nicht erklären.

Preistreiber Energie und Treibstoffe

Auch der Energiepreisindex (Elektrizität, Wärme, Treibstoffe) verzeichnete in der Vergangenheit eine steile Aufwärtsbewegung und liegt deutlich über den Steigerungen des Verbraucherpreisindexes. Zwar zeichnet sich für das Jahr 2013 ab, dass der Aufwärtstrend der Energiepreise – allen voran bei den Mineralölprodukten – vorläufig gestoppt ist, auf einen spürbaren Rückgang des hohen Energie-Preisniveaus warten die Haushalte jedoch weiterhin.
Die Preise für Mineralölprodukte orientieren sich im Wesentlichen an den stark schwankenden und seit 2009 massiv gestiegenen Rohölpreisen auf den internationalen Märkten. Wie die Bundeswettbewerbsbehörde festgestellt hat, werden von der Mineralölwirtschaft dabei steigende Rohölpreise rascher an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben als sinkende. Expertinnen und Experten sind sich einig, dass Rohöl seit Beginn der Finanzkrise verstärkt zum Objekt der Begierde internationaler Finanzinvestoren und Rohstoff-Spekulanten geworden ist. In wissenschaftlichen Beiträgen wird der sogenannte Spekulationsanteil bei Rohöl auf 20 Prozent und mehr geschätzt. Bei Strom und Gas stellt sich die Preisentwicklung anders dar: Wie die AK zuletzt feststellte, sind die Großhandelspreise für Strom seit Mitte 2008 um rund ein Drittel gesunken, jene für Gas im gleichen Zeitraum um rund zehn Prozent. Demgegenüber stehen gestiegene Haushaltspreise bei Strom und in noch deutlicherem Ausmaß bei Gas. Für die AK ist die Preispolitik der Unternehmen ein deutliches Signal, dass hier etwas schiefläuft: Großhandelspreiserhöhungen werden schnell und teilweise überschießend an die Haushalte weitergegeben, Preissenkungen aber nur zögerlich oder überhaupt nicht.

Infobox: Maßnahmen
Um die Preise in lebensnotwendigen Bereichen so niedrig wie möglich zu halten, sollten vor allem folgende Maßnahmen gesetzt werden:

  • Schärfere Regeln auf internationaler Ebene, um Spekulationen mit Lebensmitteln und Rohöl massiv zu vermindern, z. B. Hochfrequenzhandel mit Rohstoffen verbieten, Rohstoffhandel nur an der Börse erlauben, Finanztransaktionssteuer.
  • Um die österreichischen Aufschläge wegzubekommen, muss die Wettbewerbsbehörde noch effektiver Preisabsprachen verhindern bzw. aufdecken, strengere Strafen verhängen und die Vorgänge transparent der Öffentlichkeit bekanntgeben.
  • Akteneinsicht für Konsumentinnen und Konsumenten bei berechtigtem Interesse, um Schadenersatzklagen zu ermöglichen.
  • Schadenersatz für „Streuschäden“ bei Preisabsprachen, die über Jahre in Form von unzähligen kleinen Schadenssummen bei einer großen Zahl von Konsumentinnen und Konsumenten anfallen (Beispiel: vier Cent zu viel für einen Liter Milch).
  • Beweislastumkehr in hochkonzentrierten Branchen, z. B. Lebensmittelhandel, Energie: nicht KonsumentIn bzw. Behörde sollen exakt beweisen müssen, dass Preise ungerechtfertigt erhöht wurden, sondern das Unternehmen, dass die Erhöhung gerechtfertigt war.
  • Faire Mieten bei privaten Mietwohnungen: gesetzliche Festlegung der Zuschläge zum Richtwert und verpflichtende Angabe im Mietvertrag sowie eine gesetzliche Obergrenze für die Zuschläge im Ausmaß von 20 Prozent des Richtwerts.
  • Betriebskosten senken und Befristungen eindämmen.  
  • Zweckwidmung der Wohnbauförderung und der Rückflüsse aus Wohnbauförderungsdarlehen.

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