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Postler und High-Tech Viele Frauen, die Telefongespräche vermitteln, und das menschenleere Vermittlungs"amt" nach 1930: Symbol für die Folgen neuer Technologien am Arbeitsmarkt ohne aktive Arbeitsmarktpolitik.

Postler und High-Tech

Historie

Der gewerkschaftlich erkämpfte Kündigungsschutz war kein Privileg, sondern Schutz vor den negativen Folgen des technologischen Wandels.

„Hautnah“ – ein besserer Ausdruck für die Direktheit, mit der die Beschäftigten im Bereich der Post von allen technologischen Revolutionen der letzten 200 Jahre betroffen waren, lässt sich kaum finden. Die ersten Postler, die die Folgen neuer Technologien negativ zu spüren bekamen, waren die Postillione: Mit dem neuen Verkehrsmittel Eisenbahn konnten ungleich schneller als mit der Postkutsche Menschen und Nachrichten transportiert werden und sehr viele Kutscher verloren ihren Job. Dann kam 100 Jahre später auch im Nahverkehr das Aus für die Kutschen und wieder standen unzählige Fahrer auf der Straße. Es fehlte ihnen die Mechaniker-Kompetenz, die von einem Postbusfahrer erwartet wurde.

Andererseits können neue Technologien auch zu neuen Jobs führen, so war es beim Auf- und Ausbau des Telegrafie-, vor allem aber des Telefonnetzes.  Das Telefonzeitalter begann in Österreich 1881 mit 154 privaten Anschlüssen in Wien, 1913 gab es im westlichen Teil der Habsburgermonarchie 158.000 Sprechstellen. Als es nur wenige Anschlüsse gab, brauchte man für die Telefonvermittlung auch nur wenige Beschäftigte, doch diese Situation änderte sich rasch. Die für Tausende Teilnehmerleitungen eingerichteten „mechanischen Telefonzentralen“ boten vielen Menschen, in erster Linie Frauen, eine „seriöse“ Arbeitsmöglichkeit – Jobs in einer Fabrik galten in „bürgerlichen Kreisen“ als anrüchig. Ein nächster Technologieschub  ermöglichte allerdings neuerlich das Einsparen von Personalkosten: In den 1930er-Jahren führte die Generaldirektion für die Post- und Telegrafenverwaltung stolz zum modernen „automatischen“ Fernsprechvermittlungsamt an:  Für derartige Vermittlungszentralen wird nur ganz weniges Personal, lediglich für die Instandhaltung der Apparate, benötigt. Ob die „Freigesetzten“ vielleicht woanders im Staatsdienst wichtige Arbeit leisten könnten, war dem austrofaschistischen Staat keine Überlegung wert. Er versuchte vielmehr, die Folgen der Weltwirtschaftskrise dieser Jahre unter anderem dadurch zu bekämpfen, dass er möglichst viele berufstätige Frauen „heim an den Herd“ schickte und im Übrigen öffentliche Leistungen einschränkte. Der von den Gewerkschaften ausgehandelte Kündigungsschutz galt nicht mehr.

In der Monarchie durften öffentlich Bedienstete keine echte Gewerkschaft gründen und nicht streiken, das erlaubte ihnen erst die demokratische Republik ab 1918. Die beiden freigewerkschaftlichen Postorganisationen (die sich dann 1933 vereinigten) entstanden aus der revolutionären Rätebewegung und erkämpften neben mehr beruflichen Chancen für die Frauen in den Telefonzentralen und die Arbeiter vor allem auch für ihren vom technologischen Wandel so massiv betroffenen Organisationsbereich Kündigungsschutz. Beim nicht zu vermeidenden Abbau des Personalstands, der 1918 noch den Bedürfnissen eines Großreichs entsprach, sorgten sie für soziale Richtlinien.

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