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Wartung für die Psyche Der Fokus liegt darauf, wie Menschen ihre Arbeitsbedingungen und Arbeitstätigkeiten organisieren und bewältigen, und wie diese auf sie rück- bzw. einwirken.

Wartung für die Psyche

Schwerpunkt

Arbeits- und Organisationspsychologie werden mit der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes immer wichtiger in der Arbeitswelt.

Mit der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), die mit Beginn 2013 in Kraft getreten ist, wird den Unternehmen eine Arbeitsplatzevaluierung (§4) verpflichtend vorgeschrieben. In Zusammenhang damit steht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gefahrenverhütung. „Darunter sind sämtliche Regelungen und Maßnahmen zu verstehen, die zur Vermeidung oder Verringerung arbeitsbedingter Gefahren vorgesehen sind. Unter Gefahren sind arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen zu verstehen, die zu Fehlbeanspruchungen führen.“ (§2 (7)).

Weitere Neuerungen im ASchG

1. Die Grundsätze der Gefahrenverhütung (§7) wurden um folgende Punkte erweitert:
„4a. Berücksichtigung der Gestaltung der Arbeitsaufgaben und Art der Tätigkeiten, der Arbeitsum-gebung, der Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation.“
„7. Planung der Gefahrenverhütung mit dem Ziel einer kohärenten Verknüpfung von Technik, Tätigkeiten und Aufgaben, Arbeitsorganisation, Arbeitsabläufen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsumgebung, sozialen Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz.“
2. Der Begriff „Sittlichkeit“ wurde durch die Begriffe „Integrität und Würde“ ersetzt.
Dazu heißt es in §3 (1): „Arbeitgeber haben die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Integrität und Würde erforderlichen Maßnahmen zu treffen, ...“
3. Einsatz von Arbeits- und Organisationspsychologinnen/-psychologen.
In §4 (6) wird der Einsatz von Arbeitspsychologinnen und -psychologen stärker betont: „Mit der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren können auch die Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner sowie sonstige geeignete Fachleute, wie Chemiker, Toxikologen, Ergonomen, insbesondere jedoch Arbeitspsychologen, beauftragt werden.“
Wer oder was sind nun Arbeits- und Organisationspsychologinnen/-psychologen und was machen sie? Arbeits- sowie Organisationspsychologie sind anwendungsorientierte Wissenschaften. Vorweg muss gesagt werden, dass die Arbeits- und Organisationspsychologie ein Teilgebiet der Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie ist und damit wiederum ein Fachgebiet der Psychologie, genauso wie z. B. die angewandten Fächer Klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie, Verkehrspsychologie, Schulpsychologie, Pädagogische Psychologie und die theoretischen Fächer. Zu diesen gehören Sozialpsychologie, Entwicklungspsychologie, Neuropsychologie, Allgemeine Psychologie, Methodenlehre sowie Testtheorie und -entwicklung.
Einfach formuliert befasst sich die Psychologie mit dem Denken, Fühlen und Handeln des Menschen in unterschiedliche Lebens- und Arbeitszusammenhängen, das gleichzeitig ihr Forschungsgegenstand und in der Praxis ihr Arbeitsgegenstand ist. Dabei steht nicht der „kranke“ Mensch im Vordergrund, sondern der „gesunde“. Mit dem „psychisch kranken Menschen“ befassen sich die Klinischen oder die Forensischen Psychologinnen und Psychologen.

Psychische Regulation der Arbeit

Die Arbeitspsychologie beschäftigt sich konkret mit dem Erleben und Verhalten von Menschen bei der Arbeit und legt den Fokus darauf, wie sie einerseits Arbeitsbedingungen und ihre Arbeitstätigkeiten organisieren und bewältigen und andererseits, wie diese auf sie rück- bzw. einwirken. Etwas spezifischer ausgedrückt, ist der Gegenstand der Arbeitspsychologie die psychische Regulation der Arbeitstätigkeiten von organisatorischen Einheiten, Gruppen und individuellen Persönlichkeiten.
Befasst sich „die Arbeitspsychologie mit Fragen aus der Perspektive des einzelnen Individuums und behandelt Themen, die sich aus der Auseinandersetzung des Einzelnen mit seinen Aufgaben ergeben, so behandelt die Organisationspsychologie Fragen aus der Perspektive der Organisation und damit Themen, die in der Auseinandersetzung des Menschen mit Organisationen begründet liegen“ (Bamberg 2012, S. 16). Vereinfacht ausgedrückt „ist die Organisationspsychologie die Wissenschaft vom Erleben, Verhalten und Handeln des Menschen in Organisationen“ (Rosenstiel 2007, S. 5). Nach Ulich sind die Hauptaufgaben arbeitspsychologischer Tätigkeiten die Analyse, die Gestaltung und die Bewertung von Arbeitstätigkeiten nach definierten Humankriterien. In der Praxis bedeutet das die Analyse von Arbeitsinhalten, von Arbeitsabläufen, kollektiver und individueller Arbeitsorganisation einschließlich Kooperation, Optimierung von Arbeitsverfahren sowie Unterstützungsmaßnahmen für komplizierte Arbeitsprozesse, Gestaltung von Arbeitsmitteln einschließlich dazugehöriger Programme, Gestaltung der Arbeitsumgebung, Psychodiagnostik bei der Berufswahl, Personalzuordnung, psychodiagnostische Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen im betrieblichen Rahmen, Arbeitszeitgestaltung und Entlohnungskonzepte, Unfallprävention und Unfallanalyse.
Wie bereits erwähnt sind diese Maßnahmen in erster Linie an definierten Humankriterien ausgerichtet und nicht an betriebswirtschaftlichen (obwohl diese in der Praxis der Arbeitspsychologinnen und -psychologen nicht gänzlich ausgeblendet werden können).

Humane Arbeitstätigkeiten

Eberhard Ulich (2005, S. 149), neben Winfried Hacker und Lutz von Rosenstiel einer der deutschsprachigen Doyens der Arbeits- und Organisationspsychologie, definiert humane Arbeitstätigkeiten folgendermaßen: „Als human werden Arbeitstätigkeiten bezeichnet, die die psychophysische Gesundheit der Arbeitstätigen nicht schädigen, ihr psychosoziales Wohlbefinden nicht – oder allenfalls vorübergehend – beeinträchtigen, ihren Bedürfnissen und Qualifikationen entsprechen, individuelle und/oder kollektive Einflussnahme auf Arbeitsbedingungen und Arbeitssysteme ermöglichen und zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit im Sinne der Entfaltung ihrer Potenziale und Förderung ihrer Kompetenzen beizutragen vermögen“ (vgl dazu: Bamberg/Mohr/Busch 2012, S. 206).

Bald Master in A&O-Psychologie

A&O-Psychologinnen und -Psychologen werden an den psychologischen Instituten der österreichischen Universitäten in Innsbruck, Salzburg, Wien, Graz, Linz und Wien im Rahmen eines Diplomstudiums (bald in einem Masterstudium) ausgebildet. Danach haben sie eine weitere postuniversitäre Zusatzausbildung zu absolvieren, welche von den beiden österreichischen Berufsverbänden, dem Berufsverband österreichischer PsychologInnen (BÖP) sowie der Gesellschaft kritischer Psychologen und Psychologinnen (GkPP), akkordiert wurde und Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der Arbeitspsychologinnen und -psychologen ist. Diese Liste liegt bei den beiden Berufsverbänden auf. Im Rahmen ihrer Zusatzausbildung lernen sie nicht nur die unterschiedlichen psychologischen Theorien und ihre Anwendung in der betrieblichen Praxis kennen, sondern auch die dazugehörigen adäquaten Interventionsmethoden und Analyseverfahren (wie Fragebögen, Interviews, Arbeitsplatzbeobachtungsverfahren, Tätigkeitsanalysen u. ä. m.) sowie deren Auswertung, Interpretation, Weiterentwicklung und Anpassung an spezifische Arbeitsplatzgegebenheiten und spezifische Tätigkeiten.
Die Psyche des Menschen ist einzigartig, wertvoll, produktiv, kreativ und nicht austauschbar, wie z. B. manche Körperteile. Sie ist Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstand und Ressource in einem. Deshalb braucht sie – genauso wie andere Arbeitsmittel auch – eine kontinuierliche „Wartung“ bzw. ein regelmäßiges „Service“, etwa durch Trainings, Coaching, Supervision, gesundheitsfördernde Maßnahmen, Weiterbildung, Ruhepausen u. ä. m. Diese Wartungen basieren auf Basis von „Manuals“, deren Inhalte von Expertinnen und Experten erstellt wurden – von Arbeits- und Organisationspsychologinnen/-psychologen. Sie sorgen mit ihrer Expertise, ihren Analysen und Interventionsmethoden dafür, dass die Psyche es den Menschen im Arbeitskontext möglich macht, ihre Würde und Integrität aufrechtzuerhalten. Ist dies der Fall, so können sie eine Arbeitsleistung erbringen, die ihre persönliche und soziale Entwicklung voranbringt und ihre Gesundheit fördert. Da
zu einen wesentlichen Beitrag zu leisten, ist die Aufgabe der Arbeits- und Organisationspsychologinnen/-psychologen.

Arbeits- und Organisationspsychologie: tinyurl.com/d65dxx2

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor peter.hoffmann@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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