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Das Kapital schlägt zurück! Vermerkt werden muss auch das "Frank Stronach Institut", welches die Ergänzung "Für sozialökonomische Gerechtigkeit" im Untertitel trägt, jedoch eher eine Wahlplattform für den egozentrischen Milliardär darstellt.

Das Kapital schlägt zurück!

Schwerpunkt

Wie immer mehr neoliberale Thinktanks auch in Österreich die Abschaffung des Sozialen vorantreiben.

Sie nennen sich „Institute“ oder „Zentren“, heucheln Wissenschaftlichkeit vor, bezeichnen sich oft als „unabhängig“, wiewohl ihre Geldgeber im Verborgenen bleiben, und überschütten die Öffentlichkeit mit „Studien“, „Expertisen“ und „Zukunftsszenarien“, die nur einem einzigen Zweck dienen: das neoliberale Weltbild zu sichern und auszubauen. Die Rede ist von jenen zahlreichen, in den letzten Jahrzehnten gleichsam aus dem Boden schießenden neoliberalen Thinktanks, sogenannten „Denkfabriken“. Diese sehen ihre Aufgabe darin, die Akkumulation des Kapitals durch Marktfreiheit, Eigentumsgarantie und Wettbewerb zu fördern, sprich die ökonomische und ökologische Verarmung der Welt voranzutreiben.

Festigung neoliberale Hegemonie

Die intellektuelle und mithin politische Hegemonie neoliberaler Ideologie ließ in den letzten Jahrzehnten die Gründung wirtschaftsliberaler „Denkfabriken“ geradezu explodieren. Insbesondere nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems 1989 wurden mit amerikanischer Unterstützung in den Staaten Osteuropas Institutionen mit dem Ziel gegründet, die Transformation dieser Länder in einen globalen Kapitalismus voranzutreiben. Die Folge war und ist eine eklatante Zunahme der „Wohlstandsunterschiede“ (Unterschied zwischen Arm und Reich). Neoliberale „Institute“ werden nicht müde nachzuweisen, dass die Zunahme der Armut nichts mit Marktliberalismus zu tun hat. Unter der Negierung von Verteilungsfragen wird getrommelt, dass wirtschaftliche Freiheit positiv mit Wohlstand korreliert.

20 Jahre Hayek-Institut

Der Erfolg des Neoliberalismus in den letzten dreißig Jahren liegt nicht zuletzt in seiner chamäleonähnlichen ideologischen Struktur und in seiner Verbindung mit einem in der westlichen Welt positiv besetzten politischen Freiheitsbegriff. Innerhalb der Eckpunkte Marktfreiheit, Eigentumsgarantie und freier Wettbewerb sprießen häufig auch widersprüchliche Ansichten und Meinungen, die deren Repräsentanten schwer zuordenbar machen, ihnen jedoch die Möglichkeit geben, flexibel auf sich ändernde soziale, ökonomische und politische Konstellationen zu reagieren.
Wie ein Blick auf Österreich zeigt, versuchen auch hierzulande privat organisierte, von Unternehmungen gesponserte Thinktanks, die sich zum Teil als Forschungsinstitute präsentieren, das intellektuelle Meinungsspektrum, die mediale Öffentlichkeit sowie die Politik mit neoliberalen Botschaften zu beeinflussen.
Bereits 1993 wurde im Gedenken an den Nobelpreisträger Friedrich August Hayek und die liberalen Ideen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie das „Hayek-Institut“ gegründet. Die private und – nach Eigenbezeichnung – „unabhängige wissenschaftliche Forschungseinrichtung“ nimmt für sich in Anspruch, als „einzige österreichische Organisation“ unter den vierzig westeuropäischen Thinktanks gelistet zu sein. Zur Erinnerung: Friedrich August Hayek erklärte 1947 in Hinblick auf die noch vielfach von ordnungspolitischen Vorstellungen der Nachkriegszeit beherrschten Volkswirtschaften: „Wenn daher irgendeine Hoffnung auf Rückkehr zu einer freien Wirtschaft bestehen soll, muss die Frage, wie die Macht der Gewerkschaften sowohl im Gesetz als auch tatsächlich, entsprechend eingeschränkt werden kann, eine der allerwichtigsten sein, der wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden müssen.“ Der österreichische Ökonom, der sich in den 1930er-und 1940er-Jahren als wirtschaftsliberaler Gegenpart zu John Maynard Keynes positionierte, sah die Durchsetzung seiner neoliberalen Ideenwelt – wie Dieter Plehwe und Bernhard Walpen in einer beeindruckenden Analyse darlegten – als langfristiges intellektuelles Projekt. Dementsprechend wurde Hayek, für den „die Massen“ nur eine von Eliten und Intellektuellen manipulierbare Größe darstellten, Initiator, Mitbegründer und erster Präsident der „Mont Pelerin Society“, die zum Mittelpunkt des sich in folgenden Jahren und Jahrzehnten bildenden globalen neoliberalen Netzwerkes wurde.

Freiheit für die Wirtschaft!

In Personalunion verbunden mit dem Hayek-Institut, dessen Linkliste nahezu das Spektrum des neoliberalen Netzwerkes offenbart, ist das „Austrian Economics Center“. Dieses gab sich den Status einer wissenschaftlichen Organisation und veranstaltet abgesehen von diversen „Free Market“-Aktivitäten, offenbar ausgestattet mit reichlichen Spendengeldern diverser Unternehmungen, einen Kreativwettbewerb für SchülerInnen mit dem Titel „Mobility for the NeXt Generation“ unter dem Ehrenschutz von Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Die PreisträgerInnen sollen dann – wie der Homepage entnommen werden kann – mit neoliberalen Ökonomen wie Peter Boettke und Vernon Smith „aktuelle sozioökonomische Problemstellungen“ erörtern. Die intellektuelle Richtung dieser Erörterungen ist damit vorgegeben: Beispielsweise fordert Nobelpreisträger Vernon Smith „größtmögliche Freiheit für die Wirtschaft. Diese sollte – nach seiner Ansicht – auch darin zum Ausdruck kommen, weder Unternehmensgewinne noch Ersparnisse zu besteuern.“ Ob das im Sinne einer wohl von beiden Regierungsparteien favorisierten „sozialen“ Marktwirtschaft ist, bleibt dahingestellt.

„Flat Tax“ einführen!

Vermerkt werden muss auch das „Frank Stronach Institut“, welches die Ergänzung „Für sozialökonomische Gerechtigkeit“ im Untertitel trägt, jedoch eher eine Wahlplattform für den egozentrischen Milliardär darstellt. Um seine Ideen – wie jene einer „Flat Tax“ – voranzutreiben, sponsert er beispielsweise das Institut für Steuerrecht der WU. Dieses hat nun mit seiner finanziellen Unterstützung ein „WU Global Tax Policy Center“ eingerichtet.
2012 wurde das der Industriellenvereinigung nahestehende und von ihr mitfinanzierte Institut „ECO Austria“ unter der Leitung des ehemaligen IHS-Ökonomen Dr. Ulrich Schuh gegründet, welches sich selbst als „Wirtschaftsforschungsinstitut“ bezeichnet. Das Institut soll sich – wie „Die Presse“ vermeldete – als Thinktank der Entwicklung wirtschaftspolitischer Modelle widmen, um damit die Politik zu beeinflussen. Die politische Richtung der Beeinflussung wird klar, wenn etwa der letzte Kollektivvertragsabschluss im Handel von Schuh als „überraschend hoch“ bezeichnet wird. Dies sei im Vergleich zu den übrigen herbstlichen Lohnabschlüssen „noch erstaunlicher“, zumal im Handel üblicherweise nicht so hohe Produktivitätszuwächse auftreten.

Sozialpartner unerwünscht!

Doch damit nicht genug: Im Herbst vorigen Jahres wurde bekannt, dass der betont neoliberal eingestellte ehemalige stellvertretende Chefredakteur der „Presse“ Franz Schellhorn eine neue „wirtschaftsliberale Denkfabrik“ leiten wird. Leiter des Trägervereins von „Agenda Austria“ ist der frühere Chef der Kathrein Privatbank, womit wohl bereits das ideologische und politische Ziel dieser Neugründung von Kapitalseite vorgegeben ist. In einer Zeit, in der nach Jahrzehnten wieder offen über die Regulierung des die letzte Krise auslösenden Bankensektors diskutiert wird, muss auch auf intellektueller, wissenschaftlicher Ebene der Druck verstärkt werden. Dass dabei ein „Placet etwa von den Sozialpartnern“ – wie ausdrücklich vermerkt – unerwünscht ist, versteht sich anscheinend von selbst.
Geht es den Kapitalfraktionen nun darum, die in der Krise verloren geglaubte „kulturelle Hegemonie“ (Antonio Gramsci) wiederzugewinnen, so haben die ArbeitnehmerInnen-Organisationen die Aufgabe, die Öffentlichkeit auf diese „gekaufte Wissenschaft“ aufmerksam zu machen und jene seriösen und unabhängigen (Wirtschafts-)Forschungsinstitute zu fördern, welchen die „soziale Gerechtigkeit“ ein Anliegen war und ist:

Artikel zu Agenda Austria – Wiener Zeitung:
tinyurl.com/c2gj6vd

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor klaus.mulley@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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