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Bildung steuern Jene, die es trotz aller Widrigkeiten geschafft haben ein Studium zu absolvieren, können im Anschluss (abhängig von der Studienrichtung) mit einem guten bis ausgezeichneten Einkommen rechnen.

Bildung steuern

Schwerpunkt

"Lerne was, dann hast du was", sagt ein altes Sprichwort. Wer aufgrund seiner - öffentlich finanzierten - (Aus-)Bildung gut verdient, kann auch etwas zurückgeben.

Namhafte Expertinnen und Experten zerbrachen sich auf einer OECD-Konferenz Ende September in Paris ihre Köpfe darüber, welche Möglichkeiten und Grenzen es für den freien Hochschulzugang in Zukunft geben solle.
Erstmals kamen nicht nur die auf einer solchen Konferenz zu erwartenden WissenschafterInnen und PolitikerInnen aus dem Bildungsbereich zu Wort, sondern auch ForscherInnen aus der Abteilung für Steuerpolitik der OECD.
Diese hatten kurz davor einen Bericht mit dem Titel „Taxes and Investments in Skills“ veröffentlicht, in dem sie sich Gedanken darüber machen, wie die Höhe der Einkommenssteuern die Bereitschaft beeinflusst, in Bildung zu investieren.
Demzufolge wägen wir immerfort ab, was die höheren Renditen abwirft: Zeit investieren in ein Studium oder gleich arbeiten gehen? Geld investieren in eine Zusatzausbildung oder einen Abendkurs oder doch lieber um das Geld Gold kaufen?

Steuern steuern Bildungsteilnahme

Dabei kamen sie in aller Kürze zu folgendem Schluss: Steuern haben einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Bildungsteilnahme.
Wenn eine Gesellschaft also möchte, dass mehr Menschen studieren bzw. sich fortbilden, sei es nicht nachvollziehbar, warum diese als Lohn für ihre Bemühungen dafür höhere – progressive – Einkommenssteuern zahlen müssten.
Auf den ersten Blick ist dies durchaus nachvollziehbar. Auf den zweiten Blick jedoch versteckt sich dahinter eine Infragestellung des solidarischen, progressiven und dadurch nach unten umverteilenden Einkommenssteuerprinzips.
Würde die Bildung eines Menschen völlig unabhängig von öffentlichen Mitteln und Institutionen vonstattengehen, wäre der OECD-Position zumindest aus volkswirtschaftlicher Sicht wenig entgegenzuhalten. Nur ist dies selbst in Ländern mit einem hohen privaten Anteil an Bildungsausgaben, wie etwa den USA, nicht der Fall.
Staaten investieren …
Überall auf der Welt investieren Staaten Geld in Bildung. Manche – vor allem ärmere – Länder beschränken sich darauf, aus der öffentlichen Hand Basisbildung zu finanzieren.
In den sogenannten industrialisierten Ländern wird allerdings immer auch in weiterführende und höhere, akademische (Aus-)Bildung investiert. In der jährlich erscheinenden Publikation „Bildung auf einen Blick“, die paradoxerweise ebenfalls von der OECD, jedoch von ihrer Bildungsabteilung veröffentlicht wird, finden sich dazu viele Zahlen, auch für Österreich.
Die öffentlichen Ausgaben für Bildung beliefen sich 2009 über alle Bildungsstufen hinweg (inklusive öffentlicher Unterstützungen für Bildungsausgaben an die Privathaushalte) auf sechs Prozent des BIP. Von diesen fließen wiederum 1,3 Prozent in tertiäre Bildungseinrichtungen.
Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben liegt in Österreich bei 11,4 Prozent. Das bedeutet: Jeder neunte Euro, den die öffentliche Hand investiert, fließt in der einen oder anderen Weise ins Bildungssystem. Oder anders ausgedrückt: Von der Volksschule bis zur Hochschule (kaufkraftbereinigt) werden pro Kopf (SchülerIn oder StudentIn) durchschnittlich 12.285 US-Dollar (9.669 Euro) jährlich ausgegeben. Das liegt deutlich über dem OECD-Schnitt von 9.252 Dollar.
Der österreichische Staat investiert also in ganz erheblichem Ausmaß in die Bildung seiner EinwohnerInnen.

Was macht die Einkommensseite?

Dass die Höhe des Einkommens mit der Höhe des Bildungsstands Hand in Hand geht, dürfte mittlerweile allseits bekannt sein. Die Einkommensunterschiede sind erheblich: So sind einerseits die Einkommen von Personen ohne Berufsausbildung mehr als 30 Prozent geringer, andererseits die von Personen mit Hochschulausbildung um bis zu 75 Prozent höher als jene von ausgebildeten Fachkräften.
Damit bewegt sich Österreich über dem Durchschnitt der OECD-Länder, wenn es um Einkommensunterschiede geht. Das zeigt sich auch daran, dass HochschulabsolventInnen die attraktivsten Einkommen neben Luxemburg, Holland und den Vereinigten Staaten auch in Österreich erzielen können. In Kaufkraftparitäten gemessen sind das über 40.000 US-Dollar pro Jahr.
Am größten sind die Unterschiede in Brasilien und den USA, am geringsten in Neuseeland und den skandinavischen Ländern.

Teure Harvard Business School

Eine Untersuchung der Wirtschaftszeitschrift „The Economist“ zeigt, dass dort, wo Menschen viele private Ersparnisse in Studiengebühren investieren müssen – ein Studium an der Harvard Business School kostet beispielsweise 112.000 Dollar –, auch die individuellen Erträge, sprich das jährliche Einkommen, dementsprechend hoch sind. Als Kehrseite dessen bestehen sehr oft aber auch große Einkommensunterschiede.
In Österreich stellt sich die Situation anders und doch gleich dar: Anders ist, dass ein Hochschulstudium zurzeit noch bzw. wieder ohne Studiengebühren zu absolviert werden kann und es im Großen und Ganzen von der öffentlichen Hand und somit von uns allen finanziert wird.
Gut so, denn ein gutes Bildungsniveau der Bevölkerung ist wichtig für ein Land und im internationalen Vergleich hat Österreich nach wie vor eine sehr geringe AkademikerInnenquote.
Was noch viel erschreckender ist: Nur 26 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen erreichen in Österreich einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern. Alles, was also den Zugang zu höherer Bildung erleichtert, ist wünschenswert und wichtig. Keine Studiengebühren zählen da sicher dazu.
Gleich ist hingegen: Jene, die es trotz aller Widrigkeiten geschafft haben ein Studium zu absolvieren, können im Anschluss (abhängig von der Studienrichtung) mit einem guten bis ausgezeichneten Einkommen rechnen. Einem Einkommen, das dazu führt, dass die Einkommensunterschiede hierzulande sehr groß sind.
Höhere Steuern zu zahlen wäre eine Möglichkeit, etwas von dem, was man davor von der Allgemeinheit in Form eines öffentlich finanzierten Schulwesens bekommen hat, zurückzugeben. Und zwar nicht nur proportional, sondern progressiv: Umso mehr ich verdiene, desto größer soll der Anteil sein, den ich dafür dem Staat und somit der Gesellschaft zurückgebe. Das ist nur fair.
Schlussbemerkung
Auch AutobahngegnerInnen haben inzwischen die Bedeutung von Bildungsinvestitionen für sich entdeckt. Die NGO-Plattform „Zukunft statt Autobahn“ hat beim Institut für Höhere Studien (ihs) eine Studie in Auftrag gegeben, die die unterschiedlichen Wachstumseffekte von Investitionen in zusätzliche Autobahnen versus zusätzliche Bildung analysiert hat.
Deren Ergebnisse sprechen für sich: Mit den Ausgaben für den Bau der Lobau-Autobahn – insgesamt drei Mrd. Euro – könne das reale Bruttoinlandsprodukt langfristig nur um 0,25 Mrd. Euro gesteigert werden. Würde man hingegen gleich viel Steuergeld zusätzlich für Bildung ausgeben, hätte das einen positiven BIP-Effekt von 1,6 Mrd. Euro.
Mit einer Erhöhung der realen Bildungsausgaben je EinwohnerIn um ein Prozent könne langfristig das reale BIP um 0,54 Prozent gesteigert werden, während ein Prozent mehr Steuergeld für den Autobahnbau das BIP nur um 0,08 Prozent verbessere.
Noch Fragen?

Torres, C.: “Taxes and Investment in Skills”, OECD Taxation Working Papers, No. 13, OECD Publishing, 2012: dx.doi.org/10.1787/5k92sn0qv5mp-en

Artikel aus „der Standard“:
tinyurl.com/c9qklqr

OECD Bildungsindikatoren:
tinyurl.com/cq23h2f

Aus „Wirtschaft und Gesellschaft“:
tinyurl.com/crz6bhz

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