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Generalstreik für Demokratie Unbeabsichtigt zeigt dieses symbolische Bild die Grenzen der Demokratie in der Monarchie: Männliche Arbeiter dürfen zwar ab 1907 wählen, aber der Kaiser steht weiter über dem Gesetz.

Generalstreik für Demokratie

Historie

Die Streikentscheidung der Wiener Freien Gewerkschaften von 1906 trug wesentlich zur Abschaffung des Besitzwahlrechts bei.

Bis 1907 durften nur Bürger, die einen Mindestsatz an Steuern zahlten, die Parlamentarier im Abgeordnetenhaus des Reichsrats wählen. Das in diesem Jahr beschlossene allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht hatte zwar noch so viele Schönheitsfehler, dass man nicht von einer echten Demokratie sprechen konnte, aber immerhin: Die überwiegende Mehrheit der männlichen Bevölkerung wurde jetzt unabhängig vom Einkommen einbezogen und erhielt auch das Recht zu kandidieren.
Dass dieses Etappenziel zur Demokratie erreicht werden konnte, war nicht zuletzt den Freien Gewerkschaften zu verdanken – sie standen in der über 14 Jahre laufenden Wahlrechtskampagne der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung ganz vorne und waren dabei manchmal für die Parteipolitiker recht unbequeme Partnerinnen. Als die Parteiführung von der „Agitation“ für einen „Massenstreik“ als Druckmittel abrückte, warnte die Gewerkschaftskommission davor, unglaubwürdig zu werden:

Die Genossen, die im Prater gesprochen und gesagt haben, man müsse die Bourgeoisie zwingen, gewisse Rechte zu geben, zeigten uns den Weg, den wir zu gehen haben. Bevor die Genossen davon gesprochen haben, war die Masse der österreichischen Arbeiter davon beseelt und wartete auf die Kampfparole. Jeder Ehrliche musste sich sagen, es muss etwas geschehen. … Nicht … einen bestimmten Zeitpunkt verlangen wir, sondern  wir wollen, dass für den Generalstreik agitiert und fest vorgearbeitet wird, um für den gegebenen Zeitpunkt gerüstet zu sein.

Der Zeitpunkt kam 1906. Nach der großen Wahlrechtsdemonstration von 1905 beschäftigte sich der Reichsrat zwar kurz mit der Wahlrechtsreform, legte das Thema aber wieder auf Eis. Da entschied die Wiener Gewerkschaftsführung – nach wie vor gegen die Bedenken der Parteispitze – den Druck durch das Ausrufen eines regionalen Generalstreiks zu verstärken. Vor dem Hintergrund des Nationalitäten-Konflikts und eines reichsweiten Eisenbahner-Streiks konnte dabei die Angst der Machthaber vor Unruhen einkalkuliert werden. Kommissionssekretär Anton Huber berichtete darüber dem Gewerkschaftskongress 1907:

Nun bin ich Ihnen noch Rechenschaft schuldig darüber, dass die Kommission – wenn auch mit Zustimmung der Vertrauensmänner Wiens – sich mit dem dreitägigen Generalstreik in Wien einverstanden erklärt hat. Mögen Sie das auch in Ihrer Begeisterung als selbstverständlich angesehen haben, so waren wir doch in einer der schwierigsten Situationen. Aber weil es ein Augenblick gewesen ist, wo man mit Recht sagen konnte: ‚Jetzt oder nie!‘, haben wir unsere Zustimmung gegeben. … Zum Glück waren uns alle Umstände so günstig, dass wir es wagen konnten. Aber wir haben ganze Nächte erwogen, ehe wir unsere Zustimmung gaben, und wir glauben, dass wir mit unserem Beschlusse gewiss nicht nur der politischen, sondern auch der gewerkschaftlichen Bewegung große Dienste geleistet haben.

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