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Hooligans und Rassismus sind längst nicht die einzigen problematischen Aspekte bei der weltweit beliebtesten Mannschaftssportart. Hooligans und Rassismus sind längst nicht die einzigen problematischen Aspekte bei der weltweit beliebtesten Mannschaftssportart.

Die dunklen Flecken des Fußballs

Schwerpunkt

Hooligans und Rassismus sind längst nicht die einzigen problematischen Aspekte der weltweit beliebtesten Mannschaftssportart.

Längst geht es nicht nur um Spaß, Sportsgeist und Emotionen, sondern auch um sehr viel Geld: Rund elf Mrd. Euro hat die Ukraine in die Vorbereitungen für die Fußball-EM 2012 investiert, Polen war das Großereignis doppelt so viel wert. Weil das meiste Geld in Infrastruktur floss, kamen 19 Mrd. Euro davon als Regionalförderung von der EU.

Tango um das runde Leder

Mit 24 Mio. Euro war Adidas der Hauptsponsor der Fußball-EM und stellte nicht nur den offiziellen Spielball „Tango“, sondern rüstete auch sechs der 16 teilnehmenden Teams aus. Für 2012 erwartet der deutsche Sportartikelhersteller mehr als 1,5 Mrd. Euro Umsatz allein mit Produkten aus dem Bereich Fußball.
Es geht um immer mehr Geld: Nach der Fußball-EM 2000, bei der Luis Figo zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, wechselte er für die damalige Rekordsumme von 60 Mio. Euro zu Real Madrid. Neun Jahre später zahlte der spanische Klub bereits 93 Mio. Euro für Cristiano Ronaldo. Aktuell soll Ronaldo laut der Sportzeitung „Corriere dello sport“ für 200 Mio. Euro zu AC Milan wechseln!
Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurden handgenähte Fußbälle vorwiegend in der Stadt Sialkot in Pakistan hergestellt. Generationen hindurch lebten ganze Familien vom Fußball, auch die Kinder arbeiteten mit. Mit dem Atlanta-Abkommen der großen Sportartikel-Hersteller Ende der 1990er-Jahre wurde Kinderarbeit in der gesamten Fußballindustrie abgeschafft. Heimarbeit wurde verboten, tausende Kinder verloren ihre Arbeit. Dieses Einkommen fehlte den Familien zum Überleben. So arbeiteten die Kinder dann in Ziegeleien und Steinbrüchen, wo die Bedingungen (und die Bezahlung) noch schlechter sind. Um Armut und fehlender Bildung als Ursachen der Kinderarmut entgegenzuwirken, gründete 1996 die gebürtige Deutsche Anita Khawaja, Witwe eines großen Fußball-Herstellers in Pakistan, das Hilfsprojekt SAHEP. Dieses ermöglicht Kindern aus NäherInnen-Familien Gratis-Schulunterricht, außerdem Weiterbildung für Jugendliche und Erwachsene sowie eine Basis-Gesundheitsversorgung.
Adidas, seit Jahrzehnten wichtiger Auftraggeber in dieser Gegend, finanziert seit 2002 in Zusammenarbeit mit der lokalen NGO Sudhaar Programme zur Verbesserung von Bildungseinrichtungen und schulischer Infrastruktur.

Die Macht der Konzerne

Doch mittlerweile sind auch die Arbeitsplätze der erwachsenen NäherInnen bedroht. Denn heute können hochwertige Fußbälle maschinell hergestellt werden und Arbeitskräfte sind in anderen Regionen billiger als in der Industriestadt Sialkot. Schon der Tango für die Fußball-WM 2006 wurde in Thailand produziert. Viele Sportartikelhersteller haben die Verträge mit den pakistanischen Zulieferern gekündigt. In kürzester Zeit verloren Tausende NäherInnen ihre Arbeit.

Rote Karte für die drei Streifen

Vor der EURO 2012 zeigte die Clean Clothes Kampagne Adidas symbolisch die rote Karte, weil das Unternehmen ArbeiterInnen eines im April 2011 geschlossenen Zulieferbetriebs in Indonesien Abfindungszahlungen verweigerte. In Zusammenhang mit Olympia 2012 kritisierte die Play Fair Kampagne die Bedingungen, unter denen die offizielle Kleidung der SportlerInnen in China, Sri Lanka und den Philippinen produziert wurde. Adidas hat den Vorwürfen in Form ausführlicher Stellungnahmen widersprochen. Auf der Website des Konzerns wird das Thema Sustainability jedenfalls eingehend behandelt und Projekte werden dokumentiert. Angesichts der nach wie vor enormen Gewinnspannen und permanenter Standortverlegungen in billigere Regionen bezeichnet der Globalisierungskritiker Jean Ziegler das Fußballgeschäft als „Inbegriff des entfesselten, wild gewordenen, globalisierten Finanzkapitalismus“ (in der TV-Doku „Der Ball ist rund“).

Profit mit Fouls

Anlass zur Kritik gibt es auch in wohlhabenden Ländern: Die Internationale Gewerkschaftskonferenz ITUC hat die Bedingungen für Gastarbeiter in Zusammenhang mit der Fußball-WM in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten 2022 als inhuman bezeichnet. Neben gefährlichen Arbeitsbedingungen wurde auch die Umgehung von Arbeitsrechten bemängelt. Die FIFA müsse diesbezüglich Druck auf die Verantwortlichen ausüben.
Weltweit fließen rund 350 Mrd. Euro jährlich in Sportwetten, viele davon illegal. „Die Presse“ meldete im April, dass international bereits 140 Mrd. Euro mit Wettbetrug umgesetzt werden. Besonders betroffen sei der Fußball mit 71 Prozent. Weltweit laufen dazu Untersuchungen in rund 50 Verbänden.
Mit anderen dubiosen Geschäften werden hohe Funktionäre der FIFA in Zusammenhang gebracht. Erst vor kurzem musste sich deren Präsident Joseph Blatter u. a. gegen den Vor-wurf verteidigen, Schmiergeldzahlungen gutgeheißen und davon profitiert zu haben. Die englische Spieler-Gewerkschaft hatte schon im Herbst 2011 den Rücktritt Blatters gefordert, da dieser wiederholt rassistische Sprüche in Stadien verharmlost hatte. Emotionen spielen beim Fußball eine besonders große Rolle, allerdings werden negative Gefühle in Stadien nicht nur in gesellschaftlich akzeptierter Form abgebaut, sondern leider zu oft aufgeschaukelt.
Das führt auch immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen: Nach dem EM-Spiel Russland-Polen kam es in der Innenstadt von Warschau zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Hooligans und Fußballfans. Aber auch in und rund um Österreichs Stadien gibt es gewaltbereite Fans und Massenschlägereien in der „dritten Halbzeit“. Dass Hooligans immer rechts orientiert sind, ist allerdings ein Vorurteil. Markus Pinter von der Initiative FairPlay: „Zahlen dazu, wie verbreitet rechtes Gedankengut unter Fußballfans ist, gibt es nicht. Und rein äußerlich unterscheiden sich Rechtsextreme nicht unbedingt von anderen Fans. Auffällig sind vor allem all jene, die betrunken sind, andere anpöbeln oder gewalttätig werden.“
Die Initiative „FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel.“ wurde 1997 im Rahmen des EU-Jahres gegen Rassismus mit Unterstützung der Europäischen Kommission gestartet. FairPlay führt seitdem mit Schulen, Vereinen, Fanclubs, MigrantInnen- und Jugendorganisationen Aktivitäten gegen Diskriminierung im österreichischen Fußball und Sport durch.
Ein besonders heikles Thema im Fußball ist Homosexualität: Otto Bari etwa wurde von der UEFA wegen Äußerungen wie „Ich erkenne einen Schwulen innerhalb von zehn Minuten, und ich möchte sie nicht in meinem Team haben“ zu einer Geldstrafe verurteilt.
2011 outete sich der schwedische Profi-Kicker Anton Hysén und dachte laut darüber nach, dass bei einem Anteil homosexueller Männer von rund zehn Prozent theoretisch in jeder Mannschaft ein Schwuler spielen müsste. Die offiziellen Reaktionen waren positiv, doch viele Fans dachten anders. Angeblich musste die Posting-Seite eines Sportportals wegen homophober Hasstiraden vorübergehend gesperrt werden.

Fußballfans gegen Homophobie

Im Rahmen der in Berlin entstandenen Aktion „Fußballfans gegen Homophobie“ kam im April das entsprechende Wandertransparent auf Initiative von Wiener Sportklub-Fans erstmals auch in Österreich zum Einsatz.

Internet:
Mehr Infos unter:
fairplay.vidc.org
„Fair Games?“ Report der Play Fair Kampagne zu den Olympischen Spielen 2012: tinyurl.com/cv5tude
FARE – Football Against Racism in Europe:
www.farenet.org
Schreiben Sie Ihre Meinungan die Autorin
afadler@aon.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Info&News
Barras Bravas – Wilde Horden
Diese radikalen lateinamerikanischen Fußballfanklubs mischen bei sämtlichen (illegalen) Geschäften in und um die Stadien mit, auch bei Spielertransfers. Ihre Anführer sind mit den Mächtigen des jeweiligen Landes auf du und du. Die brutalen Kämpfe (ca. 260 Tote bisher z. B. in Argentinien) um die Einnahmequelle Fußball finden immer öfter offen und abseits der Stadien statt.

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