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Managergagen erleben Hochkonjunktur Die anzugtragende Uniformität des Managements langweilt ein weiteres Jahr.

Managergagen erleben Hochkonjunktur

Schwerpunkt

Selektive Information - polarisierende Vergütung - gespaltene Gesellschaft.

Erfolg. Unsere Definition", "Es reicht uns nicht, der größte Ziegelhersteller der Welt zu sein" oder "Profitables Wachstum durch eine konzernweit gesteigerte Performance". Die Geschäftsberichte der Unternehmen an der Wiener Börse scheinen hinsichtlich der geltenden Devise "schneller, höher, weiter" normiert zu sein. Was langfristige, nachhaltige Betrachtungen betrifft, gibt man sich bedeckt. Generell fehlt es in den Strategieerläuterungen von Vorständen an konkreten Informationen. Es bleibt bei leeren Floskeln. Umso mehr Mühe wird dafür aufgewendet, die Berichte so abwechslungsreich und bunt wie möglich zu gestalten. Bei der Präsentation des Vorstands gelingt dies allerdings nicht einmal der besten Beratungsfirma. Die anzugtragende Uniformität des Managements langweilt ein weiteres Jahr, daran ändert der eine oder andere pastellfarbene Krawattentupfer auch nichts. Die anschließende Darstellung der Vorstandsvergütung besticht im Vergleich dazu mit ungewohnter Vielfalt.

48-mal so viel wie ein Arbeiter

Das Recherchieren der einzelnen Gehaltskomponenten erfordert Geduld, die Spannung steigt, das Ergebnis ist greifbar: Im Jahr 2011 erreicht die Vorstandsvergütung mit 1,3 Mio. Euro pro Kopf einen weiteren Höhepunkt und befindet sich damit auf einem neuen Rekordniveau.
Wofür andere ein Leben lang arbeiten, das erhält ein ATX-Vorstand innerhalb eines Jahres, es ist das 48-Fache von ArbeitnehmerInnen. Im Jahr 2000 hat ein Top-Manager noch rund 500.000 Euro pro Kopf verdient und damit das 20-Fache eines durchschnittlichen Beschäftigten. In die aktuelle Untersuchung der Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien konnten Mitte April bereits 16 der 20 im Top-Börsensegment ATX notierten Kapitalgesellschaften einbezogen werden. Diese Konzerne erwirtschafteten im Jahr 2011 aufgrund der guten Konjunktur einen Umsatz in der Höhe von insgesamt 89,7 Mrd. Euro, ein Plus von fast zehn Prozent. Zwei Drittel der Unternehmen erzielten zum Teil deutliche Ertragssteigerungen, der Gesamtgewinn liegt insgesamt bei 3,9 Mrd. Euro. Von den florierenden Umsätzen und guten Gewinnen profitiert ganz besonders die Konzernspitze.

Bis zu 124 Prozent mehr Gehalt

Am meisten verdienen die Vorstandsmitglieder der OMV (durchschnittlich 2,5 Mio. Euro pro Kopf), gefolgt vom Anlagenbauer Andritz (2,2 Mio.), dem Faserproduzenten Lenzing (2,2 Mio.), der Raiffeisen Bank International (1,7 Mio.) und der Österreichischen Post (1,2 Mio.). Bis auf drei Unternehmen verzeichnen die Vorstandsgehälter durchwegs Zuwächse, die Bandbreite der Steigerungsraten reicht von 13,5 Prozent bis zu 124,0 Prozent. Doppeltes Gehalt, doppelte Freude! Dank der gelungenen Kapitalerhöhung schießen in der Chefetage von Lenzing nicht nur die Sektkorken, sondern vor allem die Bonuszahlungen in die Luft. Hat die Vorstandsriege der Vienna Insurance Group und bei Wienerberger im Vorjahr noch medienwirksam auf Bonuszahlungen verzichtet, wird über die Verdoppelung des Gehalts vergleichsweise bescheiden berichtet.
Wie entscheidet sich, wer wie viel bekommt? In der Debatte, ob die Bezahlung der Vorstände angemessen und vor allem gerecht ist, geht es jenseits der Frage "Wer bekommt wie viel?" vor allem um die zugrundeliegenden Anreizstrukturen der gängigen Vergütungssysteme. Mit welchen Parametern wird der Erfolg eines Vorstands gemessen, woran sind die entsprechenden Kriterien der variablen Entgeltbestandteile geknüpft? Die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung gilt naturgemäß als zentrales, richtungsweisendes Instrument zur Steuerung von Unternehmen. Hintergrund dabei muss immer folgende gesetzliche Vorgabe sein: Der Vorstand hat die Geschäfte so zu leiten, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der AktionärInnen, der ArbeitnehmerInnen sowie der Öffentlichkeit erfordert.

Falsche Anreize, fatale Folgen

Doch strukturell falsche Anreize, die sich ausschließlich an den Interessen der AktionärInnen orientieren, haben Managergehälter in unverschämte Höhen getrieben. Wie der deutsche Ökonom Gustav Horn analysiert, haben diese Fehlentwicklung und die Ungleichheit der Einkommen maßgeblich zur Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 beigetragen, mit deren Folgen die Staaten derzeit noch immer kämpfen. Die Europäische Union hat darauf reagiert und im April 2009 eine unverbindliche Empfehlung für eine nachhaltig orientierte Managervergütung in börsennotierten Unternehmen ausgegeben. Während in Deutschland ein Gesetz für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung verabschiedet wurde, sind die Regelungen dazu in Österreich lediglich auf freiwilliger Basis geblieben. Wie die vorliegenden Geschäftsberichte zeigen, haben die weichen Empfehlungen des Corporate Governance Kodex nichts an den inhaltlichen Vergütungsmaßstäben geändert. Nach wie vor dominieren bilanzbezogene Kennzahlen wie Betriebsergebnis oder Jahresüberschuss. Misserfolge werden nur unzureichend sanktioniert. Langfristige Strategien mit beschäftigungsrelevanten Erfolgsvorgaben wie der Schaffung von Arbeitsplätzen oder Personalentwicklungsmaßnahmen werden bisher von keinem einzigen Konzern berücksichtigt.

Kobra-Effekt: Aktienkurs ist Trumpf

Ein spannendes Ergebnis der Untersuchung ist außerdem, dass Aktienoptionspläne als nicht mehr zeitgemäßes Mittel zur Incentivierung des Managements klassifiziert werden. Vielmehr ist richtig, dass schärfere bilanzielle Regelungen und volatile Finanzmärkte dafür gesorgt haben, dass Optionspläne in den letzten Jahren immer mehr an Attraktivität verloren haben. Im Gegenzug gewinnen längerfristig angelegte, aktienbasierte Vergütungsmodelle an Popularität. Damit wird die variable Vergütung aber weiterhin an die Performance und gleichzeitig an die Entwicklung des Aktienkurses geknüpft. Der häufig gewählte Indikator dafür ist die Aktienrendite (Total Shareholder Return). Diese Kennzahl misst, wie sich der Wert eines Aktienengagements über einen Zeitraum (zumeist drei Jahre) hinweg entwickelt hat und berücksichtigt sowohl die gezahlten Dividenden als auch Kurssteigerungen.
Diesem Mechanismus folgen beispielsweise die Vergütungssysteme des Managements von OMV, Post und Telekom. Die Vorstände werden demnach entsprechend lukrativer entlohnt, wenn die EigentümerInnen höhere Dividendenzahlungen erhalten und der Aktienkurs steigt. Damit hat sich das Grundprinzip der Vergütung keineswegs geändert, sondern diese ist noch stärker mit den Interessen der EigentümerInnen verwoben, die nicht selten diametral zu den Ansprüchen der Beschäftigten oder der Allgemeinheit stehen. Der Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann spricht in diesem Zusammenhang zu Recht von einer neuen ökonomischen Radikalität des Managements.

Gerechte Gehälter

Die gegenwärtige Struktur der Managemententlohnung ist aber nicht nur für die Zukunft der Unternehmen und ihrer Beschäftigten nachteilig, sondern führt zunehmend zu einer Polarisierung der Gesellschaft. Die herrschende Systemlogik, basierend auf strukturell falschen Anreizen, gefährdet eine nachhaltige Unternehmensentwicklung. Es bedarf rasch einer konzeptionellen Neuorientierung bei der Formulierung der Erfolgsparameter, die der variablen Vergütung zugrunde liegen.

Boni für Nachhaltigkeit

Bonuszahlungen sollen nicht an die Steigerung des Aktienkurses geknüpft werden, sondern sich an nachhaltigen Kriterien wie etwa der Schaffung von Arbeitsplätzen, Qualifizierungsmaßnahmen oder Förderung der Diversität orientieren. Die Höhe der variablen Vergütung muss mit 30 Prozent der Gesamtvergütung gedeckelt werden, um überzogene Prämien zu verhindern. Es scheint nur gerecht, wenn die maximale Höhe eines Managergehaltes über einen vom Aufsichtsrat festgelegten Faktor an die durchschnittlichen Einkommen der Belegschaft gekoppelt wird. Schließlich sitzen alle im selben Boot, das es zum Wohl der gesamten Besatzung, der EigentümerInnen und der Öffentlichkeit umsichtig und weitblickend zu steuern gilt.

Internet:
Das Fact-Sheet zur ATX-Vorstandsvergütung 2012 ist abrufbar unter: tinyurl.com/d2tst7q

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markus.oberrauter@akwien.at
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